Bald so heiß wie vor 56 Millionen Jahren?

Stratocumulus floccus. Flickr_-_Nicholas_T_-_Passing_Through.jpg:Bild: Nicholas A. Tonelli/CC BY-2.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Von uneinigen Koalitionspartnern, einem wachsenden Solarmarkt und plötzlichen globalen Temperatursprüngen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Inhalt des von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgelegten Entwurfs für ein Klimaschutzgesetz wird nun doch öffentlich und in allen Medien diskutiert. Das Portal Klimareporter hat den Entwurf im Wortlaut veröffentlicht. Darin sind die nationalen CO2-Reduktionsziele festgelegt, wie auch aus dem Klimaschutzplan 2050 bekannt. Beim Ziel für 2050 greift das Umweltministerium jedoch die Maximalforderung einer Reduktion um 95 Prozent auf, statt einer recht vagen Spanne zwischen 80 bis 95 Prozent. Auch das eigentlich nicht mehr erreichbare Reduktionsziel von 40 Prozent bis 2020 ist in dem Entwurf enthalten.

Wie bereits berichtet weist Schulze den einzelnen Sektoren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Sonstiges) feste Jahresemissionsmengen zu, die über die Jahre sinken. Die jeweils zuständigen Ministerien wären für die Einhaltung verantwortlich. Sollte der Rahmen überschritten werden und auf dem europäischen Markt Emissionsrechte gekauft werden müssen, müssten die einzelnen Ministerien dies aus ihren Budgets bestreiten.

Schulze möchte außerdem einen Sachverständigenrat für Klimafragen einrichten, der jeweils für die Dauer von fünf Jahren vom Bundestag ernannt würde. Das Gremium wäre dafür zuständig, die Jahresemissionsmengen zu überwachen, die Wirksamkeit einzelner Klimaschutzmaßnahmen zu bewerten und Empfehlungen an die Bundesregierung auszusprechen.

Kritik an Schulzes Gesetzentwurf kam prompt von Seiten des Koalitionspartners CDU. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus kritisierte das Gesetz im Interview: "Da wird auf andere Ministerien verschoben, die Ideen zu entwickeln, die wir ganz dringend brauchen." Den angedachten Sachverständigenrat für Klimafragen nannte Brinkhaus ein "Zentralkomitee für Klimaüberwachung". Man darf gespannt sein, wie sich die Debatte zwischen den Koalitionspartnern weiter entwickelt.

Wachstum auf dem Solarmarkt

Auch wenn der Klimaschutz in Deutschland stockt, die europäische Solarwirtschaft zeigt sich zufrieden mit der Entwicklung in Europa im letzten Jahr. Laut dem Branchenverband SolarPower Europe wurden in der EU Solaranlagen mit 8 Gigawatt neu installiert, das sind 36 Prozent mehr, als noch 2017 zugebaut wurden. In Gesamteuropa lag das Wachstum immer noch bei 20 Prozent.

Der größte Solarmarkt war weiterhin Deutschland, hier wurden knapp 3 GW neu installiert, gefolgt von der Türkei mit 1,6 GW. Allerdings ist der Zubau in der Türkei aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage gegenüber dem Vorjahr gesunken. Der PV-Ausbau in Europa hätte noch größer ausfallen können, jedoch gab es aufgrund plötzlich gestiegener Nachfrage in China Lieferengpässe, so dass sich Fertigstellungen bis ins Jahr 2019 verzögerten.

In Deutschland fordert der Bundesverband Solarwirtschaft weiterhin eine Beschleunigung des Ausbaus, gerade angesichts des bevorstehenden Kohleausstiegs. "Die jährlichen Ausbauziele für Solarenergie müssen in den 20er Jahren für Photovoltaik und Solarthermie nach Einschätzung des BSW mindestens verdreifacht werden. Sollten Fortschritte bei der Energieeffizienz weiter auf sich warten lassen, so seien noch deutlich höhere Solartechnik-Zuwachsraten zur klimafreundlichen und preiswerten Deckung des künftigen Energieverbrauchs notwendig", heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands.

Ein Argument gegen den weiteren Ausbau der Erneuerbaren, vor allem der Windenergie, sind ja immer wieder die fehlenden Netzkapazitäten. Besonders beim Transport von Windstrom von Nord- nach Süddeutschland. Derweil schreitet die Planung der Nord-Süd-Stromtrasse "Südlink" voran. Die Netzbetreiber TenneT und TransnetBW haben nun bekanntgegeben, dass sie ab Ende Februar die detaillierten Unterlagen zum Korridor bei der Bundesnetzagentur einreichen werden.

Die Bundesnetzagentur wird die Unterlagen in den darauffolgenden Wochen und Monaten prüfen und die formelle Beteiligungsphase bekanntgeben. "Voraussichtlich Ende des Jahres wird die Behörde dann einen verbindlichen 1000 Meter breiten Trassenkorridor für SuedLink festlegen", heißt es bei Tennet. Der Netzbetreiber selbst plant ab Ende März Infoveranstaltungen in den betroffenen Landkreisen.

Von der Notwendigkeit neuer Stromtrassen sind nicht alle überzeugt. Dagegen steht die Idee regionaler Versorgung mit regional organisierten Netzen. Der Mathematiker Martin Schmidt von der Universität Trier hat sich diese Alternative genauer angeschaut. "Der Stromhandel könne dezentralisiert werden, sprich, Strom könnte zu regional unterschiedlichen Preisen gehandelt werden, falls die Netzkapazitäten zwischen den Regionen nicht ausreichen. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass dadurch weniger neue Stromtrassen gebaut werden müssten", so die Universität Trier.

In Deutschland berge schon alleine die Teilung in eine nördliche und eine südliche Region im Stromhandel ein Einsparpotential von bis zu einer Milliarde Euro. "Bisher ist das jedoch politisch noch nicht gewollt. Die Preise für Strom in Norddeutschland würden vorerst sinken, während Kunden in Süddeutschland mehr bezahlen müssten", erklärt Martin Schmidt. Auch eine Unterteilung in drei oder noch mehr Regionen sei theoretisch vorstellbar.

Das Ende der Wolkendecken

Die Kohlendioxidkonzentration in der Erdatmosphäre steigt stetig. Derzeit liegt sie oberhalb von 410 ppm. Erdgeschichtlich herausragend ist die Geschwindigkeit, mit der die Menschheit den Treibhausgasanteil in der Atmosphäre ansteigen lässt. Und zwar steigt die Konzentration 9 bis 10mal schneller als im Paläozän/Eozän-Temperaturmaximum (PETM) - welches Normalsterblichen natürlich kein Begriff sein muss. Es handelt sich um eine Phase relativ schneller globaler Erwärmung, die vor 56 Millionen Jahren stattgefunden hat.

Interessant sind wohl eher die damaligen Bedingungen auf der Erde. Die Temperatur stieg in der Periode um 5 bis 8 Grad Celsius und die globalen Durchschnittstemperaturen hatten ihren Höhepunkt bei 23 Grad, das sind 7 Grad mehr als heutzutage. Wissenschaftler sind der Auffassung, dass die Pole während des PETM und danach eisfrei waren. Zwischen 3000 und 7126 Gigatonnen Kohlendioxid sollen sich in der Erdatmosphäre befunden haben. Nach Philip D. Gingerich von der University of Michigan könnte das untere Level dieser Schätzung schon in 140 Jahren wieder erreicht werden, also in nur etwa vier Generationen, das obere im Jahr 2278.

Eine weitere, soeben in Nature Geoscience veröffentlichte Studie könnte die Erklärung dafür liefern, warum die Temperaturen im PETM so plötzlich und so stark anstiegen. Tapio Schneider vom California Institute of Technology und sein Team beschäftigten sich mit der Frage, wie sich steigende globale Temperaturen auf die Wolkenbildung auswirken würde.

Ab einer CO2-Konzentration von 1200 ppm lösten sich Stratocumuluswolken auf. Dieser Wolkentyp sorgt heute vor allem über den subtropischen Meeren für Wolkendecken, die einen großen Teil des Sonnenlichts reflektieren und damit den Planeten kühlen. Würden die Stratocumuluswolken verschwinden, könnten die Temperaturen auf der Erde plötzlich um 8 bis 10 Grad steigen. Damit wäre ein Kipppunkt erreicht, hinter den es kein einfaches Zurück gäbe. Die Stratocumuluswolken würden sich erst wieder neu bilden, wenn die CO2-Konzentration wieder drastisch sinken würde - in der Simulation erst unter einer Konzentration von 300 ppm. Grund für den Zerfall der Stratocumuluswolken ist die Veränderung kleinräumiger Turbulenzen bei steigenden Temperaturen.

"Diese Studie deckt einen blinden Fleck in bisherigen Klimamodellen auf", sagt Schneider. "Ich denke und hoffe, dass technologische Entwicklungen die Kohlenstoffemissionen soweit verlangsamen, dass wir derart hohe CO2-Konzentrationen nicht erreichen. Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass es gefährliche Schwellen gibt, die uns bislang nicht bewusst waren."