Netzpolitiker von Union und SPD wollen Uploadfilter im EU-Parlament stoppen

Thomas Jarzombek. Foto: Hagen Colberg. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Internet-Rechtsexperte Thomas Stadler sieht Lizenzpflicht als Verschlimmbesserung

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In etwa einem Monat soll das EU-Parlament einen Trilog-Kompromiss zum Urheberrecht genehmigen, dessen Artikel 11 und 13 weitreichende Auswirkungen auf das Internet haben könnten - nicht nur für Anbieter, sondern auch für Nutzer (vgl. Weniger Spaß und weniger Opposition). Vertreter der deutschen Regierung haben diesem Kompromiss in den Trilog-Verhandlungen zugestimmt. Nun appellieren Netzexperten aus den drei an der Bundesregierung beteiligten Parteien an ihre Parteifreunde in Straßburg, die Änderungen zu stoppen.

Die CSU-Digitalstaatssekretärin Dorothee Bär wies auf Twitter darauf hin, dass mit der Einführung von Upload-Filtern gegen den Koalitionsvertrag verstoßen wird, und der CDU-Politiker Thomas Jarzombek bezeichnete die vom Trilog gefundene Regelung gegenüber dem Handelsblatt als "falsch".

Zimmermann (SPD): "Mehrheit für den jetzigen Vorschlag alles andere als sicher"

Der Vorsitzende des Vereins cnetz meinte, er würde es "sehr begrüßen, wenn das Europäische Parlament hier zu einer Entscheidung käme, die neue Medien und Technologien nicht überreguliert und stattdessen Innovationen fördert". Sein Kollege Jens Zimmermann von der SPD sagte der Zeitung, "angesichts der sich zuspitzenden Diskussion" sei "eine Mehrheit für den jetzigen Vorschlag alles andere als sicher".

Dass Zimmermann das so sieht, dürfte auch damit zu tun haben, dass keine zwei Monate nach dem voraussichtlichen Abstimmungstermin Europawahlen anstehen und mehrere Oppositionsparteien die "Urheberrechtsreform" als Wahlkampfthema entdeckt haben. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner wies in diesem Zusammenhang auf die "Doppelmoral" der SPD-Europawahlspitzenkandidatin und Bundesjustizministerin Katharina Barley hin, die "erst die Hand für einen Beschluss h[ob], von dem sie sich später wieder distanziert[e]. Darauf spielte anscheinend auch Jarzombek an, als er zum Handelsblatt meinte, "einige" hätten "eine Scharade aufgeführt, bis an den Rand der Unanständigkeit" (vgl. FDP-Chef Lindner: Upload-Filter und "automatisierte Zensur" stoppen).

Grünen-Chef für "verpflichtende Lizenzvereinbarungen"

Neben Lindner sprechen sich auch der AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen, die stellvertretende Linken-Bundestagsfraktionsvorsitzende Petra Sitte, der PARTEI-Europaabgeordnete Martin Sonneborn und die Piratenpartei (die mit ihrem neuen Spitzenkandidaten Patrick Breyer wieder Chancen auf einen Einzug ins Europaparlament hat) gegen den besonders umstrittenen Artikel 13 aus.

Während Sonneborn schon im Herbst gegen diesen Artikel 13 stimmte, votierte die Freie-Wähler-Abgeordnete Ulrike Müller ebenso wie viele Grünen-Mandatsträger dafür (vgl. Graue Grüne stimmen für Springerpresse-Uploadfilter). Nun fordert ihr Bundesvorsitzender Robert Habeck "verpflichtende Lizenzvereinbarungen" anstatt von Uploadfiltern. Eine Lizenzpflicht ist im aktuellen Trilog-Kompromiss nach Meinung des auf Internetrecht spezialisierten Fachanwalts und Bloggers Thomas Stadler allerdings ohnehin schon enthalten, aber eine Verschlimmbesserung:

Wer dachte, die faktische Verpflichtung zu Uploadfiltern sei schon der Supergau, hat sich wohl getäuscht. Denn im Streit um den geplanten Art. 13 der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt hat sich die Situation nochmals verschärft. Der zwischen Parlament und Rat abgestimmte endgültige Text trägt keineswegs den vielfach geäußerten Bedenken Rechnung, sondern geht vielmehr noch einen Schritt weiter. […] Die Anbieter sollen also jetzt nicht mehr nur eine Veröffentlichung ohne Zustimmung des Rechteinhabers verhindern. Das hätte es erforderlich gemacht, die vieldiskutierten Uploadfilter einzuführen. Nach dem aktuellen Konzept sollen die Plattformbetreiber vielmehr gleich direkt beim Rechteinhaber eine Lizenz erwerben. Selbst Uploadfilter wären dann kein zwingend geeignetes Instrument mehr, um eine eigene Haftung zu vermeiden. […] Obwohl ich nicht zu Alarmismus neige, ist die Befürchtung, dass eine solche Regelung Plattformen wie YouTube, Facebook oder Instagram in Europa generell in Frage stellt, keinesfalls mehr abwegig oder übertrieben. Die Anbieter werden sich jedenfalls sehr genau überlegen, ob sie die erhöhten wirtschaftlichen Risiken in Kauf nehmen wollen. (Thomas Stadler)

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