Der US-Putschversuch in Venezuala ist vorerst gescheitert

Der Kalte Krieger Elliott Abrams, von Trump und Bolton für Venezuela zum Sonderbeauftragten installiert, lebt noch in der alten Welt. Hier gestern vor dem UN-Sicherheitsrat.

Die Lima-Gruppe widersetzt sich einer militärischen Intervention, jetzt versucht Washington verzweifelt, über den UN-Sicherheitsrat die moralische Karte auszuspielen

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US-Außenminister Mike Pompeo war extra zum Treffen der Lima-Gruppe nach dem Scheitern des Putschplans in Venezuela am Wochenende gereist, um die Stimmung wieder scharf zu machen. Der von der US-Regierung - ähnlich wie Jazenjuk in der Ukraine - instrumentalisierte Guaidó als Nachfolger von Maduro konnte die Massen nicht mobilisieren, die sogenannte humanitäre Hilfe für die angeblich verhungernde Bevölkerung gegen die Sicherheitskräfte ins Land zu bringen. Unklar bleibt, von wem die Gewalt ausging.

Die 2017 von 12 lateinamerikanischen Regierungen gegründete Lima-Gruppe, die Druck auf Venezuela zur Lösung der Krise machen will, stellte sich allerdings am Montag den von der US-Regierung mit John Bolton und Elliott Abrams, den alten Haudegen aus dem Kalten Krieg (Sicherheitsberater Bolton verkündet indirekt: "5,000 troops to Colombia"), geplanten Putschbemühungen in ihrer Erklärung entgegen. Gut möglich, dass sich auch einige der rechtskonservativen Regierungen daran erinnerten, wie die USA früher in ihrem lateinamerikanischen Hinterhof Putsche und brutal agierende Militärregierungen unterstützt hat, die großes Leid über die Länder brachten, aber nichts für die Armen brachten, sondern nur dafür sorgte, dass die Mächtigen und Reichen sowie die US-Konzerne ihren Reibach machten.

Nicht einmal auf Brasilien unter Bolsonaro konnte sich die US-Regierung verlassen. Bolsonaro mit seiner militärlastigen Regierung setzt nicht nur auf Ordnung, weniger auf Recht, und träumt nostalgisch von den guten Tagen der vergangenen Militärdiktatur, aber die an Venezuela grenzende Provinz ist abhängig von der Stromversorgung aus Venezuela. Dass hier die Lichter ausgehen, will er auch nicht riskieren.

Jedenfalls wiesen die Länder der Lima-Gruppe die Drohung von Guaidó und den USA zurück, dass alle Optionen auf dem Tisch seien. Sie bestätigten, dass sie sich für die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela und die Überwindung der politischen, wirtschaftlichen und humanitären Krise einsetzen, aber nur mit friedlichen Mitteln und durch Verhandlungen. Natürlich werden Forderungen an die Maduro-Regierung gerichtet, etwa die politischen Gefangenen freizulassen oder Menschenrechtsverletzungen zu beenden, aber ganz klar wurde schon die Androhung einer militärischen Intervention zurückgewiesen.

Die Lima-Gruppe ließ Guaidó und US-Außenminister Pompeo überraschend abblitzen. Bild: Gruop de Lima

Guaidó wird nicht erwähnt. Das könnte bedeuten, dass der Stern des selbsternannten Präsidenten Venezuelas nach einem kurzen Auflodern und der Anerkennung durch die USA und die Koalition der Willigen, der sich mal wieder Deutschland angeschlossen hat, schon wieder am Sinken ist. Unklar ist auch schon, wie weit er von der Opposition wirklich gestützt wird und welche Anerkennung er in der Bevölkerung hat.

Es ist schon eher ein verzweifelter Versuch, wenn sich die US-Regierung nun bemüht, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution durchzudrücken, wo Russland und China mit ihren Verbindungen zu Venezuela, alle Entscheidungen mit ihrem Veto blockieren können. Donald Trump ist sowieso abgelenkt, weil er mit Nordkorea einen Deal abschließen will und sich mit Kim Jong-un trifft, auch wenn erwartbar trotz großer Medienaufmerksamkeit daraus wenig Konkretes herauskommen wird.

Das Weiße Haus setzt weiter auf das einmal aufgebaute Narrativ, die Maduro-Regierung durch eine Aktion des Gutmenschentums zu entmachten, also mit scheinbar humanitären Hilfen - die "gute" und selbstlose USA - dem Volk Venezuelas helfen zu wollen und zu zeigen, dass der böse Maduro die Grenzen des Landes vor diesem Trojanischen Pferd verschließt und aus Machterhalt lieber sein Volk verhungern lässt. Dabei werden von der Regierung ebenfalls Lebensmittel und Medikamente verteilt, die allerdings nicht aus den USA kommen, sondern von Russland, China oder der Türkei.

Zynisches Machtspiel mit humanitärer Hilfe

Es ist ein leicht durchschaubares zynisches Spiel, bei dem aber viele westliche Regierungen und Medien unter dem alten Slogan "Freiheit oder Sozialismus" mitspielen, obwohl die Vereinten Nationen und das Rote Kreuz die perfide politische Instrumentalisierung angeblich humanitärer Hilfe kritisiert haben und daher sich daran nicht beteiligen. Jetzt will Washington den UN-Sicherheitsrat dazu bringen, eine Resolution zu verabschieden, nach der Venezuela aufgefordert wird, die humanitäre Hilfe ins Land zu lassen und freie Präsidentschaftswahlen durchzuführen.

Abrams kündigte auch weitere Sanktionen an. Er wies Vermutungen aus Moskau zurück, dass die USA eine militärische Intervention planen, besteht aber darauf, dass weiterhin alle Optionen auf dem Tisch liegen, also auch eine Intervention. Das ist das übliche Verhalten der USA, das aber hier nichts bewirken könnte, da Russland und China mit Venezuela nicht nur wirtschaftliche, sondern auch geopolitische Interessen verbinden.

Da die amerikanische Resolution nicht durchkommen wird, ebenso wenig wie die russische, wird das Spiel wieder zum wiederholten Ausspielen der antirussischen Karte führen. Würden die USA wirklich den Menschen helfen wollen, wären solche strategische Spielereien, die Dialog und friedliche Veränderungen systematisch untergraben wollen, ebenso kontraproduktiv wie neue Sanktionen, die nur das Elend in Venezuela verstärken. Traurig nur, dass auch die deutsche Regierung mit dem sozialdemokratischen Außenminister Maas hinter dem zynischen Machtspiel der USA steht.

In seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat bestätigte Abrams, dass die USA ihr Narrativ durchziehen werden. Gangs und Kriminelle habe die Maduro-Regierung an die Grenze geschickt, Menschen, die Lebensmittel ins Land bringen wollten, seien erschossen worden. Nach ihm seien 40 Menschen getötet worden, friedliche Protestierer und Journalisten seien mit Tränengas und Gummigeschossen traktiert worden. Nur das "Maduro-Regime" setze Gewalt ein und habe die Souveränität aufgegeben, weil es kubanische Sicherheitskräfte einsetze. Schon allein die Verschwörungstheorie über die Macht des kleinen Kuba ist entlarvend, aber auch die mühsam abgelesene Schwarz-Weiß-Malerei des greisen Mannes aus dem Kalten Krieg.