Guaidó soll für Stromausfall in Venezuela verantwortlich sein

Simón-Bolivar-Wasserkraftwerk. Bild: VTV Canal8

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen selbsternannten Gegenpräsidenten. Ebenfalls beschuldigter Journalist unter Auflagen wieder frei

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Venezuelas Generalstaatsanwalt Tarek William Saab hat am Dienstag Ermittlungen gegen den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó wegen dessen angeblichen Verantwortung für einen landesweiten Stromausfall (Maduro informiert über die Angriffe auf das Stromsystem) bekanntgegeben.

"Die Staatsanwaltschaft hat eine neue Untersuchung (....) gegen Juán Gerardo Guaidó Márquez wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an der Sabotage des nationalen Stromnetzes eingeleitet", sagte Saab. Diese Ermittlungen sollen nun im Zuge eines Verfahrens weitergeführt werden, das bereits seit Januar gegen Guaidó wegen seiner Selbstausrufung als Interimspräsident läuft.

Nach dem fast totalen Blackout am Donnerstag vergangener Woche versuchen die Behörden, die verschiedenen Landesteile nach und nach wieder ans Netz zu bringen. Betroffen von der Havarie war das Simón-Bolivar-Wasserkraftwerk im Teilstaat Bolívar am Guri-Staudamm. Auf 70 Prozent des Staatsgebietes fiel nach 17 Uhr der Strom aus, nur einige Staaten im Osten des Landes waren nicht betroffen.

Bis Samstagmorgen war die Stromversorgung im Großteil von Caracas und in den Zentralstaaten Miranda, Aragua und Carabobo wieder hergestellt. Nach Angaben der venezolanischen Behörden fand zu diesem Zeitpunkt ein zweiter großer Ausfall infolge eines Brands in einem Umspannwerk statt.

Seit Sonntagabend ist die elektrische Versorgung in den meisten Hauptstädten und in Teilen der westlichen Staaten Táchira und Barinas wiederhergestellt. Nach Berichten in sozialen Medien haben verschiedene andere Staaten, darunter Mérida und Zulia seit Donnerstag jedoch keinen Strom mehr.

Saab präsentierte am Dienstag zunächst keine Belege für eine angebliche Mitschuld Guaidós. Motivation für die neuen Ermittlungen sei ein Tweet, in dem Guaidó rund eineinhalb Stunden nach dem Stromausfall schrieb: "Venezuela ist klar, dass das Licht mit der Einstellung der Usurpation wiederkommt."* Der Stromausfall, so Saab, sei Teil einer immer heftigeren Eskalationsstrategie, um die Regierung zu stürzen. "In diesem Moment erscheint (Guaidó) als einer der Hintermänner dieser Sabotage gegen die Stromversorgung", sagte er.

Guaidó selbst hatte am Sonntag bei einer Pressekonferenz das Vorgehen der Regierung bei der Bewältigung der Stromkrise kritisiert. Er forderte die Streitkräfte erneut auf, seine Bemühungen um einen Sturz der Regierung Maduro zu unterstützen.

Die oppositionell dominierte Nationalversammlung folgte am Montag dem Antrag Guaidós und erklärte den "nationalen Alarmzustand", eine Vorstufe zum nationalen Notstand. Die Erklärung der Nationalversammlung hat jedoch keine Konsequenzen, da Regierung, Justiz, Armee und Behörden der Regierung Maduros folgen. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch", sagte Guaido erneut.

Auch Vertreter der US-Regierung gaben der Regierung Maduro Schuld an dem Blackout. Außenminister Mike Pompeo twitterte: "Kein Essen. Keine Medikamente. Jetzt, keine Energie. Als nächstes: Kein Maduro."

Indes wurde der Aktivist und Journalist Luis Carlos Díaz unter Auflagen wieder freigelassen. Díaz war am Montag von Beamten des Bolivarischen Nationalen Nachrichtendienstes (Sebin) verhaftet worden. Diosdado Cabello, Vizepräsident der regierungstreuen Verfassungsgebenden Versammlung, hatte Díaz als Vertreter der "lokalen Rechten und der verrotteten Gringo-Rechten" bezeichnet, die für den eine vermeintliche "Operation Blackout" verantwortlich sei.

Der Kulturminister und Journalist Ernesto Villegas bedauerte die Festnahme Díaz’ indes. "Es ist immer eine schlechte Nachricht, wenn ein Journalist in einen Strafprozess verwickelt ist", sagte Villegas im Interview mit dem Nationalradio von Venezuela. Die Festnahme hinge aber auch mit einem Video zusammen, in dem Díaz bereits am 27. Februar über einen möglichen Blackout gesprochen hatte. Dieser könnte von der Regierung herbeigeführt werden, um die Kommunikationsmedien zu behindern. Diaz bat die Bevölkerung für einen solchen Fall, "auf die Straße zu gehen, um zu fotografieren, Videos aufzunehmen und Leute zu interviewen". Dies habe den Eindruck erweckt, er habe von dem kommenden großflächigen Stromausfall gewusst, so Villegas.

* In einer früheren Version des Textes hieß es, Guaidó habe vor dem Stromausfall darüber getwittert. Richtig ist: Sein Tweet erfolge nach dem Blackout. Der Autor bittet den Fehler zu entschuldigen.