USA/Saudi-Arabien: Unterstützung eines Kriegsmonsters

US-Außenminister Michael R. Pompeo und der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, Januar 2019. Bild: US-Außenministerium/gemeinfrei

Das Votum im Senat wird aller Wahrscheinlichkeit nach daran nichts ändern. Die Lehre heißt: "Wir haben es mit der Realität zu tun und nicht mit Idealismus"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Lobby ist zurück und kein bisschen weniger selbstbewusst nach dem Blutbad, das an Kashoggi angerichtet wurde. "Schätzt, was ihr am Kronprinzen Muhammed Bin Salman habt und kommt damit zurecht. Er wird lange bleiben und ist das Beste, was der Westen bekommen kann", lautet die Botschaft von Ali Shihabi, einem früheren Investmentbanker in Saudi-Arabien, gegenwärtig Chef des Think Tanks Arabia Foundation.

Wer dessen Website besucht, bekommt groß das Gesicht des Kronprinzen zu sehen und darunter in dicken Buchstaben: "Muhammed bin Salman is here to stay" ("Er wird bleiben"). Wer neugierig weiterschaut, kommt als nächstes auf einen Artikel, der die Ölexporteure Saudi-Arabien und Venezuela miteinander vergleicht.

Dort wird festgehalten, dass der "relative" Erfolg Saudi-Arabiens damit zusammenhängt, dass die Führung dort, anders als in Venezuela, Algerien, Iran oder Irak usw,. mehr auf Stabilität achtet, auf die Lieferung von Leistungen und auch geopolitisch reifer sei. Dass der eigentlich doch glänzende Erfolg mit dem Wort "relativ" eingeschränkt wird, liegt daran, dass im Satz zuvor das Stichwort Demokratie im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung auftaucht.

Zynismus in der Offensive

Die Lobbyisten des absolutistisch-fundamentalistisch geführten Königreichs müssen sich Monate nach der weltweiten Entrüstung über die von Saudi-Arabien zu verantwortende Tötung ihres in Ungnade gefallenen Staatsbürgers (Khashoggi: Korrekturen, Lügen und eine Leiche, die verschwunden ist) nicht mehr verstecken und tun dies auch nicht. Der oben genannte Artikel über den Kronprinzen, der bleiben wird, ist im Magazin Foreign Policy. Die Publikation wird in Diskussion über internationale Politik öfter als Referenz erwähnt. Es hat Einfluss.

Die "Delle" im Image durch den Fall Khashoggi wird offensiv bearbeitet. Es gibt Diskussionspanels zum Fall, die Offenheit und Transparenz signalisieren, die aber vor allem dazu da sind, diese bösen Geschichten, wonach es sich um einen Auftragsmord mit Anweisung von höchster Stelle handelt, wo der "Here to stay"-Typ sitzt, wegzubefördern.

"Wir haben es mit der Realität zu tun und nicht mit Idealismus", sagt Ali Shihab zur investigativen Reporterin der Yahoo-News. Der Zynismus des Lobbyisten hat in der Realität in Washington viel Zugkraft, wie Jenna McLaughlin in ihrem Bericht darlegt.

Dort erfährt man, dass der oben genannten Think Tank eng mit der Regierung in Riad verbunden ist, dass die Diskussionspanels nun auch wieder von US-Politikern besucht werden, dass sich Lobbyisten auch mit Journalisten treffen, um über den Jemen-Krieg zu reden, und dass die US-Führung weiterhin "eng und unterstützend" mit dem Kronprinzen zusammenarbeitet. Dass Jared Kushner ihn erst kürzlich besuchte.

Aussichtsloser Bernie Sanders?

Gleichwohl gebe es aber noch Verstimmung im Kongress. Die zeigte sich gestern im Senat, als dort mehrheitlich gegen die US-amerikanische Unterstützung der saudi-arabischen Militäroperation im Jemen gestimmt wurde. Und dies bei einer republikanischen Mehrheit im Senat. Grundlage ist ein Gesetz aus den Zeiten des Vietnam-Kriegs (War Powers Act of 1973). Eingebracht haben die Gesetzesvorlage, die deutliche Konsequenzen auf das Waffen-Business der beiden Partner USA und KSA hätte, die Senatoren Bernie Sanders und Mike Lee.

"Die Vereinigten Staaten sollten keinen katastrophalen Krieg mittragen, der von einem despotischen Regime mit einer unverantwortlichen Außenpolitik geführt wird", so einer der Initiatoren, der demokratische Senator Bernie Sanders. Außerdem habe der Kongress dem Engagement der USA im Jemen nie zugestimmt.

Tagesschau

Als nächstes, wahrscheinlich Ende März, wird noch einmal im Repräsentantenhaus über die Vorlage abgestimmt. Es heißt, dass Trump für den solchen Fall, dass die dortige Mehrheit der Demokraten erneut für eine Zustimmung sorgt, sein Veto einlegen wird. Das müsste dann von beiden Kammern mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit überstimmt werden. Das ist aussichtslos.

Egal wie verheerend und monströs der größte Waffenimporteur der Welt im Jemen agiert, die US-Führung wird auch unter Trump nicht den Richtungswechsel machen, den auch Obama nicht gemacht hat.

Macron für mehr Geschäfte mit autoritären Stabilitätsgaranten

In Deutschland kann man gespannt sein, wie lange sich Berlin noch den Versuchen widersteht, die aus Frankreich kommen, wo man mehr Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien machen will und sich von Deutschland gebremst fühlt.

Interessant ist, dass die Führung in Paris, die in den letzten Jahren keine Gelegenheit ausließ, das Regime des autoritären Herrschers Baschar al-Assad zu verurteilen, sich in Schweigen hüllt, wenn es um die saudi-arabischen Angriffe im Jemen und die zivilen Opfer dort geht. Die Menschenrechtsverletzungen mal ausgelassen. Mit zweierlei Maß misst Macron auch in Ägypten und dass der das fleißig Waffen importierende Regime in Algerien kürzlich unterstützte, passt ebenfalls in dieses Bild.

Menschenrechtsverletzungen?

Indessen ist das Interesse an einer Berichterstattung über die Leiden der Zivilbevölkerung im Jemen nicht sonderlich ausgeprägt. Wie auch die Menschenrechtsverletzungen, die sich im Umgang Saudi-Arabiens mit Frauenrechts-Aktivistinnen zeigen, kaum den Weg in die große Öffentlichkeit finden - und wenn dann sind sie auch nicht wirklich bedeutend, wie der Todesfall Khashoggi eindrucksvoll vor Augen führt. Es zählt die Realität und nicht der Idealismus.

Waffengeschäfte sind in der Ära Trump die Realität, die zählt. Man darf gespannt sein, wie es mit Katar weitergeht. Schwiegersohn Kushner war da ganz auf Linie mit seinem vertrauten Gesprächspartner Mohammed Bin Salman. Die USA unternahmen nicht viel gegen die saudische Machtpolitik in Sachen Katar. Dort überlegt man sich nun seit einiger Zeit, ob man nicht besser russische S-400-Luftabwehrwaffen kaufen will. Bislang ist den USA dazu noch nicht viel eingefallen.