Bundespolizei goes Amazon

Eine neue Form von Public-Private-Partnership: Die Bundespolizei speichert Bodycam-Aufnahmen auf Servern von Amazon

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Eine ganz neue Form von Public-Private-Partnership ist offensichtlich die deutsche Bundespolizei eingegangen. Kürzlich wurde bekannt, dass die Strafverfolgungsbehörde die Aufnahmen ihrer mit Bodycams ausgestatteten Einsatzkräfte nun auf den Servern von Amazon speichert.

Diese Körperkameras, die bereits seit 2014 verstärkt zum Einsatz kommen, sollen Polizisten im Einsatz vor aggressiven Angriffen schützen und darüber hinaus dabei helfen, Straftäter zu identifizieren. Es handelt sich also um sensibles Datenmaterial, das da auf den Servern eines amerikanischen Privatunternehmens gespeichert wird. Das zuständige Ministerium begründete diesen Schritt damit, dass der amerikanische Internetgigant in Deutschland derzeit der einzige Anbieter sei, der eine vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifizierte Cloudlösung anbieten kann. Die Daten seien selbstverständlich verschlüsselt und ausschließlich auf Servern gespeichert, die in Deutschland stehen.

Deutsche Behörden wie die Bundespolizei verfügen also offensichtlich nicht über die nötigen Rechenzentren und Speicherkapazitäten, um das Datenmaterial, das ihre eigenen Mitarbeiter im Einsatz sammeln, unter eigener Regie und Kontrolle zu speichern. Denn wer weiß schon, ob nicht auch amerikanische Sicherheitsbehörden Zugriff auf die hier abgelegten Daten haben. Immerhin ist auch die CIA mit einer "Secret Cloud" auf den Servern der Amazon Web Services (AWS) Zuhause, was bei Bedarf doch kurze Wege für NSA & Co. garantiert.

Die Frage sei erlaubt, was Dorothee Bär, die für Digitalisierung zuständige Staatssekretärin im Kanzleramt, eigentlich den lieben langen Tag so macht? Von Flugtaxis träumen, aber die Basics nicht auf die Reihe kriegen, wie zum Beispiel den Aufbau einer gut funktionierenden IT-Infrastruktur für die bundeseigenen Behörden.

Johannes Bröckers ist Autor des Buches "Schnauze, Alexa! Ich kaufe nicht bei Amazon": Darin rechnet er mit dem Allesverkäufer ab, der auf dem besten Weg ist, der Allesbeherrscher zu werden. Amazons Alexa hört weltweit in den Wohnstuben alles mit, auch die intimsten Informationen über uns kennt der weltweit größte Händler - vielleicht aber auch die CIA, die ebenfalls auf den Amazon-Servern zu Hause ist? Da hilft nur zu sagen: "Schnauze, Alexa!"

Aber vielleicht träumt ja die Bundespolizei bei dieser strategischen Partnerschaft insgeheim auch schon von "Amazon Rekognition". Dieses KI-gestützte Gesichtserkennungsprogramm verkauft Amazon seit gut zwei Jahren an die US-Polizei. Rekognition ist bei der Überwachung im öffentlichen Raum in der Lage, bis zu hundert Gesichter in Echtzeit abzugleichen und an den Gesichtern der ins Visier genommenen Personen auch deren Gemütsverfassung abzulesen.

Außerdem hat Rekognition Zugriff auf die Datenbanken, die die US-Polizisten dafür zur Verfügung stellen. Laut einer Schätzung des Zentrums für Privatsphäre und Technologie der Universität Georgetown hatte Gesichtserkennungs-Software schon 2016 Zugang zu 117 Millionen Bilddaten, also in etwa Daten von jedem zweiten amerikanischen Erwachsenen. Auch das amerikanische Heimatschutzministerium nutzt solche Programme, um Menschen aufzuspüren, die nach Ablauf ihrer Visa das Land nicht verlassen haben. Ganz problemlos könnte Rekognition außerdem auch direkt mit den Body-Kameras an den Uniformen der Polizisten vernetzt werden oder Zugang zu Drohnenbildern bekommen.

Amazon Rekognition ist also ein universell seinsetzbares, totalitäres Überwachungswerkzeug, das leicht und bequem über die Amazon Web Services zur Verfügung gestellt werden kann. Natürlich auch auf Servern, die in Deutschland stehen.

Mal ganz abgesehen von solch demokratiegefährdenden Horrorvisionen zählt der neue Geschäftspartner der Bundespolizei bekanntlich weltweit zu den ganz großen Steuervermeidern. Auch in Deutschland. Was vor allem daran liegt, dass Sozialdemokrat und Finanzminister Olaf Scholz bisher alle Bemühungen zur Einführung einer EU-weiten Digitalsteuer konsequent verhindert. Während Frankreich nun gerade notgedrungen im Alleingang eine IT-Steuer einführt, schaut Möchtegern-Kanzler Scholz weiter tatenlos zu, wie den deutschen Finanzämtern viele hundert Millionen Euro Einnahmen flöten gehen.

Deutschland zählt zu den größten Verlierern, wenn multinationale Konzerne ihre Gewinne in Steueroasen verschieben. Ökonomen der US-Universität Berkeley haben berechnet, dass vornehmlich US-Konzerne Gewinne von rund 55 Milliarden Dollar ins Ausland verschieben und der deutsche Fiskus dabei 28 Prozent seiner potenziellen Einnahmen aus Unternehmenssteuern verliert. "Danke, Olaf", wird da sicher auch Amazon-Gründer Jeff Bezos sagen und sich darüber freuen, dass ihn auch deutsche Behörden beim Ausbau seiner marktbeherrschende Monopolstellung im Onlinehandel und im Bereich der digitalen Infrastruktur weiter fleißig unterstützen.