Spieglein Spieglein am Security-Check-Stand

Face Recognition ist 2019 an Flughäfen der neue heiße Scheiß. Aber das heißt nicht, dass damit nicht auch ein paar Dinge so richtig Scheiße laufen können

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Ja, Amazon möchte seine Face-Recognition-Technik an die Exekutive verkaufen. Gut, man könnte jetzt erst einmal fragen, warum zur Hölle ein Online-Kaufhaus Gesichtserkennung entwickelt. Und ob das nicht ein wenig schnell nach hinten losgehen könnte.

Das Letzte, das man als gesichtserkannter Bürger ja erleben will, sind Sätze wie "Guten Morgen, drei Liebesromane und vier CDs mit 80er Hits". Und ein absolutes No,No wären sowieso Feedbacks wie "Menschen, die so aussehen wie Du, haben auch Haargel gekauft und lassen sich lieber einen ziemlich langen Pony stehen."

Nein, Amazon wäre jetzt nicht meine erste Wahl bei der Wahl einer Face-Recognition-Technik gewesen. Aber da ist man vielleicht ein wenig zu biased. Ehrlich gesagt: Von Google will man sie aber auch nicht kaufen. Es würde doch sonst niemanden wundern, wenn er oder sie nach dem nächsten Check zum Beispiel an einem Flughafen nur noch Flugreisenangebote beim nächsten Gmail-Aufruf in der Inbox finden würde.

Apropos Flughafen: Das ist nämlich der Grund, warum ich auf diese ganze Sache mit der Gesichtserkennung komme. In den USA beginnt der Rollout von solchen Systemen, um das Einchecken und den Zutritt zu den Gates zu technisieren. Was man an europäischen Flughafen schon kennt, wenn man zum Beispiel in London Heathrow oder Zürich Kloten einreist, und was die Passkontrolle angeblich viel schneller macht, soll eben dann auch dazu dienen, den Zutritt zu erleichtern.

Oder eben auch nicht.

Die Betreiber geben zu, dass die Software natürlich noch ein wenig unsicher ist, wenn es zu bestimmten Menschen kommt, die eben anders aussehen als die Menschen, die gut und sehr gut erkannt werden. Man ist sich dann auch nicht sicher, was diese geschwurbelte Aussage genau bedeuten könnte, aber sehr viel weist darauf hin, dass damit wohl eher eine Unerkennungsrate von Menschen mit dunkler Hautfarbe bemeint sein könnte. Also beängstigend im Hauruck formuliert: Wer schwarz ist, fliegt leichter raus.

Das ist mehr als ärgerlich, sollte das stimmen, denn dann wäre einem rassistischen Profiling sozusagen technisch die Türe geöffnet. Vor allem, wenn es dann um angebllich erkannte Personen geht, die zum wiederholten Mal aus der Erkennungskabine direkt in den Befragungsraum geführt werden, nur weil sie schon wieder nicht oder falsch erkannt wurden. Da freue ich mich jetzt schon auf Szenen, in denen Sätze vorkommen werden wie "Nein, ich bin nicht Muhammed Ali Ben Ali und ich habe auch nicht drei Kinderbücher über den Propheten bei Amazon bestellt, ich habe nur einen Sonnenbrand von meinem Tunesienurlaub."

Und wer glaubt, das kommt nur an Flughäfen auf uns zu, der kennt noch nicht dieses Szenario, wo nichtsahnenden Menschen der Zutritt zu einem Laden oder einem Restaurant verwehrt wird, weil sie angeblich in einem anderen oder im gleichen zu den Ladendieben gehören ... gehören Die nicht? Oh, dann muss die Gesichtserkennungssoftware sich wohl geirrt haben, das böse Ding.

Man kann nur hoffen, dass die Evolution künftige Menschengenerationen mit einem Hauttyp ausstattet, der sie leichter und sicherer maschinell erkennbar macht. Oder wir einigen uns doch auf einen Barcode, der gut erkennbar über die Stirn läuft.

Oder dieser Technokram kommt einfach nicht zum Einsatz. Wäre auch mal eine Alternative.