Neue Pentagonbehörde plant ein Netz aus kleinen und billigen Satelliten

Illustrierung des Blackjack-Satellitennetzes. Bild: Darpa

Hunderte oder Tausende von Satelliten, die schnell ersetzt oder upgedatet werden können, sollen auf eine erdnahe Umlaufbahn gebracht werden, um mit der Masse Gegner auszuhebeln

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

US-Präsident Donald Trump hat nicht nur beschlossen, dass die US-Streitkräfte zur weiteren militärischen Dominanz ein Weltraumkommando benötigen, sondern letztes Jahr wurde auch die Gründung der Space Development Agency (SDA) im Pentagon von Vize-Präsident Mike Pence angekündigt. Der hatte im Februar noch betont, dass sich die USA in einem neuen Weltraumwettlauf befinden, ähnlich wie in den 1960er Jahren, wobei es aber um mehr als damals ginge. Höchste Dringlichkeit sei geboten, um sicherzustellen, dass die USA in diesem wie im letzten Jahrhundert die ersten im Weltraum sind.

Dabei gehe es nicht nur um die Sicherheit und die Förderung der Wirtschaft: "Vor allem werden die Regeln und Werte des Weltraums wie in jedem großen Grenzgebiet (frontier) von denen geschrieben, die den Mut haben, dort zuerst hinzugehen, und die Motivation, dort zu bleiben". Es steht also für Washington die Eroberung und Verteidigung eines neuen "Wilden Westens" an, weswegen das Pentagon das auch in den USA umstrittene Weltraumkommando und die SDA sowie die entsprechende Finanzierung benötigt.

Die neue Pentagon-Behörde soll die Entwicklung, Beschaffung und den Einsatz von Weltraumtechnik erleichtern und beschleunigen, da die normalen Beschaffungsvorgänge im Pentagon wegen der Bürokratie zu langsam seien. Im März ernannte der amtierende Verteidigungsminister Patrick Shanahan als Direktor Fred Kennedy vom Tactical Technology Office der Darpa. Die neue Behörde untersteht dem Vizeverteidigungsminister für Forschung und Technik, Mike Griffin.

Kürzlich auf dem Space Symposium stellte Kennedy vor, was er plant und was schnell geschehen soll. Das ist noch nicht ausgereift, Kennedy will aber schnell etwas Innovatives erreichen. Er war bereits zuständig für Darpa-Programm Blackjack, mit dem Pläne verfolgt werden, in enger Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft ein ganzes Netz von kleineren und billigeren Militärsatelliten für schnelle Internetverbindungen auf eine erdnahe Umlaufbahn (LEO) zu bringen. Sie sollen kurzzeitig neu entworfen und häufig upgedatet werden können. Airbus hatte Anfang des Jahres den Zuschlag gewonnen, einen Satellitenbus zu entwickeln, der dann mit militärischen Sensoren und anderer Nutzlast ausgestattet werden kann.

Space Disruption Agency

Als Leiter der SDA will Kennedy das Projekt weiterführen, aber anders als in der Darpa geht es jetzt nicht nur darum, Prototypen zu entwickeln, sondern gleich richtig einzusteigen: "Das ist nicht die Darpa", sagte er stolz. Er würde die SDA lieber "Space Disruption Agency" nennen, sagte er. Seine Ideen stoßen denn auch auf Bedenken beim Establishment wie der Pentagon-Staatssekretärin für die Luftwaffe, Heather Wilson, die sich weiter für das Space and Missile Systems Center der Luftwaffe aussprach und auf eine Studie des Pentagon verwies, die sich gegen ein Netz aus billigen Satelliten als Ersatz für die teuren und großen Satelliten ausspricht.

Ab 2022 sollen die ersten Minisatelliten in die Umlaufbahn gebracht werden. Geplant sind erst einmal 650 - die aber nur die erste Schicht darstellen sollen. Es handelt sich um den Versuch, Russland, China und anderen Weltraummächten, die die Technik entwickelt haben, Satelliten abzuschießen, letztlich durch Masse auszuhebeln, was auch heißt, dass die Leo-Umlaufbahn mit billigen Satelliten vermüllt wird. Es gehe nicht darum, ausgezeichnete Systeme zu bauen, die ein Jahrzehnt oder länger halten. Man wolle Satelliten kaufen und bauen, die man kurzfristiger ersetzen oder upgraden kann. Sie müssen auch nicht perfekt sein, wenn 75 Prozent funktionieren, dann sei das in Ordnung.

Noch könnte es auch am Geld scheitern. Das Pentagon hat nur 150 Millionen US-Dollar für das Haushaltsjahr 2020 eingeplant. Wenn man aber die Bedrohung ausmalt und die Bedeutung des Weltraums für die militärische Überlegenheit der USA drastisch schildert, könnte der Kongress bewegt werden, mehr Geld in die SDA zu investieren. Zunächst sollen die Hunderten von Satelliten, die klimabelastend in die Umlaufbahn gebracht werden, mit ihren Sensoren die Gefährdung durch Hyperschallraketen und -drohnen Chinas und Russlands reduzieren. Dafür wären über 600 Millionen US-Dollar erforderlich.

Aber es geht wohl eher darum, eine Art Satelliteninternet aufzubauen, das resilient gegenüber dem Ausfall oder Abschuss einzelner Satelliten ist. Viele kleine und billige Satelliten machen es unökonomisch, große und teure Raketen abzufeuern, die dann möglicherweise auch noch ihr Ziel verfehlen. Die kleinen und billigen Satelliten könnten auch als Backup der großen und teuren Satelliten auf höheren Umlaufbahnen dienen, falls diese angegriffen und zerstört oder beschädigt, gehackt oder gejammt werden.

Die 650 Satelliten sollen nur die erste Schicht, die "Transportschicht", bilden, um Daten zwischen dem Weltraum und den Bodenstationen bzw. den militärischen Einsatzgebieten zu senden. Geplant ist eine weitere "Wächterschicht" aus 200 Satelliten, die mit Radar, elektrooptischen oder Infrarotkameras und Signalerkennung auf der Erde Objekte erkennen und beobachten. Und dann soll noch eine "Abschreckungsschicht" von 200 weiteren Satelliten dazukommen. Offen bleibt, ob oder wie diese bewaffnet sein werden.

Dass es um Waffen im Weltraum geht, was auch im Hintergrund des Weltraumkommandos steht (Pentagon will Raketen im Weltraum stationieren), wird deutlich, wenn Kennedy von zusätzlichen "fortgeschrittenen manövrierfähigen Fahrzeugen" spricht, die entwickelt werden sollen, möglicherweise eine Weiterentwicklung des Raumgleiters X-37, mit dem bereits unbekannte Experimente auf Weltraumflügen durchgeführt wurden. Dabei war der Raumgleiter länger als ein Jahr unterwegs. Für Kennedy geht es darum, mit diesen Raumfahrzeugen, die auch Waffen mit sich führen oder Satelliten angreifen, aus der Bahn schieben oder beschädigen können, schneller und effizienter als der Gegner zwischen Erde und Mond hin- und herzufahren.