Österreich: Tägliche Diskriminierung gegenüber Muslimen nimmt zu

Islamisches Zentrum Wien. Foto: © Bwag/CC-BY-SA-4.0

"Antimuslimischer Rassismus Report 2018": Mehr Hassvorfälle und Anfeindungen gegenüber Muslimen. Die Regierung schafft sehr bewusst ein bestimmtes Klima

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Der Antimuslimische Rassismus Report 2018 zeigt, dass Anfeindungen gegenüber Muslimen in Österreich drastisch zugenommen haben. Während im Jahr 2017 insgesamt 309 Hassattacken gemeldet wurden, kam es im Jahr 2018 zu insgesamt 540 gemeldeten Vorfällen, was eine Zunahme von über 74 Prozent ist.

Wien: eine alte Frau beschimpft und bespuckt eine junge Muslimin

In der österreichischen Hauptstadt Wien gab es vor Kurzem eine Hassattacke, bei der eine alte Frau eine 25-jährige Muslimin beschimpft und bespuckt hat. Die junge Frau, die das Geschehen per Smartphone aufgenommen hat, wurde hierbei unter anderem als "Hure", "Tier" und "Schwein" bezeichnet. Daraufhin erwiderte die 25-jährige, dass sie in Österreich geboren sei und ihr Heimatland nicht verlassen werde. Hierauf entgegnete die alte Frau wiederum mit: "Wir schmeißen euch raus! Die FPÖ schmeißt euch alle raus!" Das Video ging viral durch die sozialen Medien.

Spekulationen zufolge ist die alte Frau psychisch krank, da es schon des Öfteren vorkam, dass sie Passanten grundlos anpöbelte. Ein junger Mann, der sich bei dem Vorfall einmischte und wohl versuchte den Konflikt zu schlichten, wurde ebenfalls von ihr als "Sandler" bezeichnet.

Auch wenn dieser Vorfall nicht in dem Antimuslimischen Rassismus Report 2018 aufgenommen wurde, geht aus dem Report hervor, dass Frauen besonders stark von islamfeindlichen Angriffen und antimuslimischen Rassismus betroffen sind.

Die Mitschuld der österreichischen Regierung

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat den Vorfall stark verurteilt und die Tat als "widerliche Attacke" betitelt. In Österreich stehe man laut Kurz für ein "respektvolles und friedliches Miteinander aller Religionen".

Auf den ersten Blick mag dies nach einem löblichen staatsmännischen Verhalten aussehen, doch Kanzler Kurz sowie Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sind selbst maßgeblich für das zunehmende islamfeindliche Klima im Land mitverantwortlich. Es ist kein Zufall, dass die alte Dame in Wien die FPÖ bei ihren Hasstiraden erwähnte. Immerhin bauten Strache und Kurz im Laufe ihrer gesamten Wahlkampagne im Jahr 2017 auf die Bekämpfung des sogenannten "politischen Islams" auf, ein Begriff, welcher von keinem der beiden auch nur ein einziges Mal näher erläutert wurde.

Allgemein fällt auf, dass in der öffentlichen Debatte wenig auf die Klärung von Begrifflichkeiten eingegangen wird, insbesondere, wenn es um Termini geht, die aus einem islamischen Kontext entspringen (wie beispielsweise "Scharia", oder "Dschihad"). Dies spielt der Koalitionsregierung selbstverständlich in die Arme, da sie darauf abzielen Angst und Verwirrung zu erzeugen.

Es ist einfacher einen Sündenbock festzumachen, wenn das Problem wage und abstrakt bleibt. Hieraus resultiert zwangsläufig, dass der Keil in der Gesellschaft zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen immer tiefer treibt.

Die Spuren des Attentäters von Christchurch in Österreich

Momentan versucht die FPÖ verzweifelt, sich von der rechtsextremistischen Identitären Bewegung (IBÖ) zu distanzieren. Vor kurzem stellte sich heraus, dass die Identitären eine Spende (1.500 Euro) vom Attentäter von Christchurch erhielten. Der Attentäter war international mit mehreren rechtsextremen Gruppen vernetzt, doch die deutlichste Spur führt bislang nach Wien. Der Terrorist schrieb in seinem Manifest (welches er ins Internet gestellt hat, bevor er zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch angriff und dabei 50 Muslime kaltblütig tötete), dass er bereits für viele nationalistische Gruppen spendete und mit noch mehr solcher Gruppen Kontakt aufnahm.

Der Kopf der Identitären, Martin Sellner, behauptet, dass er nicht wusste, dass die Spende vom Christchurch-Terroristen stammte. Die Behörden eröffneten ein vorläufiges Ermittlungsverfahren gegen Sellner wegen des "Verdachts der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung".

Obwohl Heinz-Christian Strache selbst betont, dass seine Partei nichts mit der Identitären Bewegung zu tun habe, scheint dies unglaubwürdig, da Strache wiederholt auf seiner offiziellen Facebook-Seite Beiträge der Bewegung veröffentlicht hat. Weiters gibt es Fotos aus dem Jahr 2015, die Strache und Mitglieder der Identitären Bewegung an einem Stammtisch zeigen.

Sowohl Kanzler als auch Vizekanzler teilten über Twitter ihr Mitgefühl für die Angehörigen der Opfer des Terroranschlags in Christchurch mit. Auf deren Facebook-Seiten ist jedoch kein solches Posting zu finden. Wahrscheinlich, weil die beiden genau wissen, dass ein solcher Beitrag bei vielen ihrer Facebook-Fans nicht gut ankommen würde. Der "Antimuslimische Rassismus Report 2018" zeigt auch, dass mehr als 50 Prozent der berichteten Vorfälle im Internet stattfinden.

Es ist kein Geheimnis, dass die Freiheitliche Partei Österreichs in der Vergangenheit mehrere antimuslimische-Kampagnen durchgeführt hat. Der derzeitige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ist für die Verwendung von Nazi-Terminologie und seine Agitation gegen Migranten und Flüchtlinge bekannt. Er ist auch der Kopf hinter antimuslimischen Parolen wie "Daham statt Islam". Anlässlich der gegenwärtigen Vorwürfe gegen Kickl (bezüglich seiner Nähe zur Identitären Bewegung) forderte die Opposition (SPÖ und JETZT) den Rücktritt von Kickl.

Die Regierung schafft sehr bewusst ein bestimmtes Klima, um gegen Muslime und Migranten vorzugehen. Bundeskanzler Kurz sorgte auch für die Schließung islamischer Kindergärten und behauptete hierbei, dass islamische Kindergärten an sich gefährlich seien, was die Ungleichbehandlung von Menschen islamischen Glaubens zeigt.

Anhänger anderer Religionen haben nicht mit solch einem Generalverdacht von Seiten der Regierung zu kämpfen. Das große Thema der Regierung ist stets der Islam und die Art und Weise, wie sie mit den Anhängern dieser Religion umgeht, wird leider weiterhin dazu beitragen, dass die tägliche Diskriminierung gegenüber Muslimen zunimmt.