"Humanere" spanische Flüchtlingspolitik immer perfider

Das Rettungsschiff Aita Mari. Bild: R. Streck

Spanien hindert das Rettungsschiff Aita Mari nun daran, Hilfsmaterial auf die griechische Insel Lesbos zu bringen, obwohl es eine portugiesische Genehmigung hat

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Die spanischen Sozialdemokraten machen ausgerechnet vor den vorgezogenen Neuwahlen am 28. April noch einmal deutlich, was von ihren einstigen Versprechen zu halten war. Der sozialdemokratische Regierungschef Pedro Sánchez hatte einen "humaneren" Umgang mit Flüchtlingen und Einwanderern versprochen. Es werde unter anderem keine "heißen Rückführungen" mehr geben und der gefährliche Klingendraht zu den Exklaven Ceuta und Melilla würde abgenommen. Unterstrichen wurde das mit der öffentlichkeitswirksamen Aufnahme der Aquarius.

Doch aus dem "Gegenpol zu Europas Hardlinern" wurde nichts, den einige in Sánchez sehen wollten. Dass es dem vor "Gestalten wie Italiens Innenminister Matteo Salvini graust", wovon in der "taz" fabuliert wurde, durfte man angesichts der Sánchez-Realpolitik bezweifeln, die zu erwarten war. Längst applaudieren Salvini oder die AfD dem Spanier. Die Ultras sprechen sogar von einer vorbildlichen Politik. Und dieser Mann, der für viele inzwischen nur noch "Spezialdemokrat" genannt wird, hat erneut einen Tabubruch versucht.

Wie Telepolis berichtete, blockiert ausgerechnet seine Regierung seit Januar Rettungsboote mit fadenscheinigsten Begründungen. Die Open Arms und die Aita Mari dürfen schon seit Januar nicht auslaufen. Wie das verhindert wird, kann hier nachgelesen werden. Die Basken hatten deshalb im Januar eine Info-Tour gestartet, um in verschiedenen Häfen die Situation anzuprangern. Zuletzt bekam sie von der portugiesischen Linksregierung (die diesen Namen auch verdient) eine Genehmigung, Hilfsmaterial auf die Mittelmeerinseln Lesbos und Chios zu befördern. Damit sollte den Menschen in den Lagern geholfen werden, die die gefährliche Überfahrt überlebt haben.

Doch bei der Durchfahrt durch die Straße von Gibraltar erklärte schließlich die zuständige spanische Schifffahrtsbehörde, dass das Schiff in einen spanischen Hafen zurückkehren müsse. Zunächst per Funk und später per Email wurde mitgeteilt, dass das Schiff angeblich "keine Erlaubnis habe, das Mittelmeer zu überqueren". Bevor spanische Hoheitsgewässer verlassen werde, müsste eine Erlaubnis eingeholt und genaue Angaben über das Einsatzgebiet und die Mission gemacht werden. Dabei hat das Schiff längst eine Erlaubnis für ihren Einsatz aus Portugal.

In den griechischen Lagern spitzt sich die humanitäre Lage zu

Offensichtlich ist aber derweil auch Spanien klargeworden, dass man sich in Madrid damit sehr weit aus dem Fenster gelehnt und sogar einen diplomatischen Konflikt mit Portugal riskiert hat. Nachdem der umgebaute Fischkutter gezwungen worden war, die Ferieninsel Mallorca anzulaufen, hat es nun am Dienstag dort doch noch eine Genehmigung für die Fahrt nach Griechenland erhalten.

Dort sollen nun Medikamente, Kleidung und andere Hilfsgüter in die Lager gebracht werden, in denen sich die humanitäre Lage gerade zuspitzt. Die Geldmittel der griechischen Regierung für die Menschen in den Lagern seien verbraucht, es werde Monate dauern, bis neue bewilligt sind. Das Personal in den Lagern erhalte zum Teil seit Monaten keinen Lohn mehr, berichten Helfer vor Ort.

Der Präsident der Nichtregierungsorganisation, die hinter dem Schiff steht, hofft, dass es nun keine weiteren spanischen "Behinderungsversuche" mehr gibt. Iñigo Mijangos kritisiert die Versuche, die Hilfe nicht nur zu verlangsamen oder zu verhindern, sondern sie werde auch "kriminalisiert". Das Schiff soll eine Zeit vor Ort bleiben, um in den Lagern zu helfen. Die Krankenstation an Bord soll bei der Notversorgung der Menschen helfen, erklärt Mijangos.

Die Open Arms fürchtet derweil um die weitere Existenz, da angesichts der monatelangen Inaktivität im Hafen von Barcelona auch die Spenden eingebrochen sind. Sie hat zu den Wahlen eine Kampagne gestartet, um von den Kandidaten eine Stellungnahme zu fordern, ob sie für "Tote oder Lebende" sind. Ist es erstaunlich, dass der spanische Regierungschef Pedro Sánchez auf die Anfrage von bisher 366 Teilnehmern nicht geantwortet hat? Er unterscheidet sich auch dabei nicht von den Kandidaten der Rechten.