USA riskieren Kuba-Krise mit EU

Bild: Ministerio de Relaciones Exteriores de Cuba

Die Drohungen der USA gegen europäische Unternehmen in Kuba sind Ausdruck einer zunehmend aggressiven Geopolitik der Trump-Regierung

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Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump will den Druck auf das sozialistisch regierte Kuba weiter verstärken, indem sie es US-Bürgern erlaubt, Klagen gegen ausländische Unternehmen in Kuba anzustrengen, sofern sie von Eigentum profitieren, das nach der Revolution im Jahr 1959 verstaatlicht wurde. Die Regelung stützt sich auf das Helms-Burton-Blockadegesetz von 1996.

Zwar bedrohen und sanktionieren die USA schon jetzt weitgehend ungehindert ausländische Unternehmen, die mit Kuba Handel betreiben. Die Verschärfung dieser Politik wird von der Trump-Regierung nun jedoch erstmals offen auch mit zunehmenden wirtschafts- und handelspolitischen Differenzen zwischen den USA und der EU begründet. Zugleich setzt Washington Strafmaßnahmen gegen die Europäer verstärkt als politisches Druckmittel ein.

Das US-amerikanische Wall Street Journal zitiert einen hochrangiger US-Beamten, der die Maßnahme mit einer sich ausweitenden wirtschaftlichen Kluft zwischen den USA und Europa erklärt. Die Entscheidung der USA, ein über zwei Jahrzehnte währendes Moratorium für den dritten Teil des Helms-Burton-Gesetzes von 1996 zu beenden, sei eine Folge von Drohungen aus Brüssel, sagte der namentlich nicht genannte Funktionär. Führende EU-Vertreter hatten in der vergangenen Woche in bilateralen Gesprächen davor gewarnt, dass Brüssel die USA bei der Welthandelsorganisation verklagen könnte, sollte das Blockadegesetz in Gänze in Kraft treten. Möglich wäre auch die Verhängung von Strafen gegen US-Unternehmen durch europäische Gerichte.

Die Drohung gegen EU-Unternehmen, die in Kuba aktiv sind, hatte in den vergangenen Wochen tatsächlich für erhebliche Unruhe in Brüssel gesorgt. Präsident Trump hatte den bislang nicht wirksamen Gesetzespassus vor einigen Wochen erstmals teilweise in Kraft gesetzt und damit kubanische Unternehmen mit Sanktionen belegt. Das hatte real jedoch wenige Auswirkungen, weil zwischen beiden Ländern ohnehin kaum Beziehungen bestehen.

Nach der Entscheidung, Klagen auch gegen Unternehmen aus Drittstaaten zu ermöglichen, warnte die EU die USA nun davor, in Kuba tätige europäische Firmen ins Visier zu nehmen. In diesem Fall müsse die EU "alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen", um ihre Interessen zu wahren, schrieb die EU-Kommission an US-Außenminister Mike Pompeo.

Ende der Zurückhaltung Washingtons

Der Streit spitzt sich zu, nachdem die USA den dritten Teil des Helms-Burton-Gesetzes voll in Kraft gesetzt haben. Der sogenannte Sektion III sollte es US-Bürgern, deren Eigentum nach 1959 von der Revolutionsregierung in Kuba beschlagnahmt wurde, ermöglichen, in den USA auf Schadenersatz zu klagen. Mit der Aufhebung des Moratoriums können ausländische Unternehmen, die Geschäfte mit diesem beschlagnahmtem Eigentum tätigen, verklagt werden. Das Risiko solcher Verfahren wird von Experten zwar als gering eingeschätzt, aber die reine Drohung könnte Kuba zu einem Zeitpunkt wichtige Investitionen kosten, zu dem das Land wegen der Venezuela-Krise ohnehin in wirtschaftlich schweres Fahrwasser geraten ist.

Das Moratorium war von Ex-Präsident William Clinton (1993-2001) als Reaktion auf Gegengesetze Kanadas und der EU erlassen worden. Es wurde bislang alle sechs Monate automatisch erneuert. Am 1. Mai dieses Jahres soll das Blockadegesetz nun voll in Kraft treten. Neben der Möglichkeit von Sanktionen gegen Unternehmen aus Drittstaaten können dann nach Sektion IV des Helms-Burton-Gesetzes auch Visa für die USA entzogen werden.

Die volle Inkraftsetzung der Blockaderegeln aus dem Jahr 1996 ist zugleich ein weiterer Schritt der USA, um Druck auf Kuba, Venezuela und Nicaragua auszuüben. Diese drei Staaten wurden von führenden Vertretern der Trump-Regierung wiederholt als "Troika von Tyrannei" in Lateinamerika bezeichnet.

Washington begründet das aggressive Vorgehen gegen Kuba von je her menschenrechtspolitisch. Aber auch die Unterstützung Havannas für die Regierung von Präsident Nicolás Maduro in Venezuela spielt eine zunehmende Rolle. Der sozialistische Karibikstaat hat mehr als 22.000 Personen nach Venezuela entsandt. Zum großen Teil handelt es sich um medizinische Fachkräfte und Lehrpersonal. Im Rahmen der bilateralen Kooperation halten sich in dem südamerikanischen Land aber auch Militärs und Sicherheitsberater auf.

Das konzertierte Vorgehen der USA gegen diese Kooperation, die sich in Ansätzen auch auf Russland und China erstreckt, hat damit zum ersten Mal seit Ende des Kalten Krieges wieder einen deutlich geopolitischen Charakter.

Folgen den Worten aus Brüssel auch Taten?

Die Trump-Regierung schreckt bei diesem Kampf um Dominanz immer weniger davor zurück, auch traditionell Verbündete in Europa unter Druck zu setzen. Das Vorgehen gegen Unternehmen mit Kuba-Verbindungen kommt nur knapp ein Jahr auf den Ausstieg der USA aus dem Iran-Atomabkommen. Die folgenden Sanktionen gegen Teheran richteten sich explizit auch gegen europäische Wirtschaftsakteure. Die EU schuf damals einen Schutzschirm für Unternehmen ihrer Mitgliedsstaaten - just auf Basis der Verordnung, die 1996 gegen die Sanktionsdrohung des Helms-Burton-Gesetzes geschaffen wurde.

Angewendet worden war das juristische Instrument im Falle Kubas jedoch nie, auch wenn die USA immer gegen europäische Banken und Unternehmen mit Kuba-Kontakten vorgingen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Brüssel im Kuba-Streit nun doch auf Konfrontation mit den USA gehen wird. Einerseits ist der kubanische Markt im globalen Maßstab weitgehend unbedeutend, was die bisherige Gleichgültigkeit der EU und ihrer Mitgliedsstaaten erklärt. Andererseits ist der Frust über das aggressive Vorgehen der USA in Brüssel inzwischen so groß, dass einige Europäer auch im Falle des Helms-Burton-Gesetzes gegensteuern wollen.

Anzeichen dafür gibt es. Unlängst hat die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström gegenüber US-Außenminister Pompeo "ernsthafte Bedenken der gesamten EU" betont. Bei Strafmaßnahmen gegen europäische Unternehmen sei "die EU verpflichtet, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen". Dazu gehörten eine Klage vor der WTO und juristische Gegenmaßnahmen vor europäischen Gerichten. Die meisten der 50 größten US-amerikanischen Unternehmen, die auf Basis des Helms-Burton-Gesetzes bereits geklagt haben, verfügen über Vermögenswerte auch in der EU, so Mogherini und Malmström. Diese Unternehmen könnten gezielt angesprochen werden.

Diese außergewöhnlich deutliche Reaktion aus Brüssel ist auch damit zu erklären, dass die EU im Dezember 2016 ein Abkommen mit Kuba über den Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen geschlossen hat. Europäische Unternehmen, wie die spanische Hotelkette Meliá Hotels International SA, kündigten weitere Projekte in Kuba an, während der französische Energiekonzern Total und Siemens Interesse an Geschäften bekundeten.

US-Sanktionen als Druckmittel auch gegen die EU

Letztlich belegen der Streit um das Helms-Burton-Gesetz, Kuba und mögliche US-Sanktionen das neue und schlechte Verhältnis zwischen den USA und der EU. Die Trump-Regierung setzt wirtschaftliche Druckmechanismen immer offener ein, um geopolitische Ziele zu erreichen. So hatte Washington die Sanktionen gegen europäische Akteure in Kuba seit Zuspitzung der Krise in Venezuela mehrfach für 30 Tage ausgesetzt. Die Trump-Regierung forderte seither in internationalen Foren und in bilateralen Gesprächen immer wieder, den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó anzuerkennen und die Regierung von Staatschef Maduro zu isolieren.

Nachdem auch die EU-Staaten Guaidó anfänglich öffentlich und entschieden den Rücken stärkten, ebbte die Euphorie schnell ab. Und während die US-Regierung den Vertreter von Guaidó in Washington als Botschafter anerkannt haben, um mit ihm etwa über Migrationsregeln Verträge auszuhandeln, sind die Diplomaten des selbsternannten venezolanischen Interimspräsidenten in Europa isoliert.

Vor allem Spanien hatte in den vergangenen Wochen in Brüssel entschieden darauf gedrängt, zu einer pragmatischen Politik zurückzukehren, also mit den akkreditierten Diplomaten der Maduro-Regierung wie gehabt Kontakte zu pflegen. Das trifft auch auf die Bundesregierung zu, die Guaidós "Botschafter" Otto Gebauer zu Höflichkeitsgesprächen einlud, aber trotz vollmundiger Versprechen nicht offiziell anerkannte. Die Antwort auf die Abkehr der Europäer von der Regime-Change-Politik der USA und Venezuela folgte nun über den Umweg Kuba. Die Botschaft ist klar. Folgt ihr nicht unseren Vorgaben, werden wir euch dafür bezahlen lassen.

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