Mysteriöse Veröffentlichung des Mueller-Berichts

Hat Mueller den Bericht nur ausgedruckt auf Papier übergeben? Warum stellt das Justizministerium nur eine zweimal gescannte Version auf seine Website?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Lange war die Veröffentlichung des Berichts von Sonderermittler Robert Mueller über die möglichen Absprachen von Donald Trump und seinem Wahlkampfteam mit Russland erwartet worden. Justizminister William Barr hatte in einer Kurzzusammenfassung Trump bereits Absolution erteilt, was dieser ausgiebig feierte, auch wenn vor allem unklar blieb, wie die Versuche zu bewerten sind, die Ermittlungen zu behindern. Zudem wurdenTrump und sein Team auf keine Weise als unschuldig erklärt, man könne nicht ausschließen, dass kriminelles Handeln geschehen sei. Barr hatte schon erklärt, dass der Bericht nicht vollständig veröffentlicht werde.

Als es dann am 18. April so weit war, gab es nicht nur die Überraschung, dass um die 10 Prozent des 448-seitigen Berichts geschwärzt waren, sondern dass dieser ein Scan war, 140 MB von Bildern, kein Text, der sich durchsuchen ließ. Offenbar lag der Mueller-Bericht auf Papier vor und wurde mit einem Ricoh MP C6502 Color Laser Multifunction Printer gescannt, weswegen, wie Quartz erwähnt, eine gelbe Linie quer durch den ganzen Bericht verläuft. Jetzt hat das Ministerium unter der Hand eine andere Version auf seine Website gestellt, was Quartz aufgefallen ist. Immerhin kann jetzt auf den Text zugegriffen werden, die geschwärzten Stellen blieben natürlich: "Harm to ongoing Matter", "Grand Jury" ... Aber die Veröffentlichung bleibt weiterhin seltsam.

Die erste Version war besonders ärgerlich. Der Text auf den gescannten Bildern der riesigen Datei war nicht durchsuchbar, der Bericht wurde nicht in einem lesbaren PDF-Format veröffentlicht. Damit war die Veröffentlichung weitgehend unbrauchbar und legte der Durcharbeitung Hindernisse in den Weg. Ob mit Absicht, muss dahingestellt bleiben. Um den Text zugänglich zu machen, musste das sowieso schon schlecht leserliche PDF ausgedruckt und mit einem Texterkennungsprogramm (OCR) noch einmal gescannt werden.

Duff Johnson von der PDF Association legte eine Analyse des PDF-Dokuments vor. Der ganze Vorgang erscheint absurd, schließlich wurde der Bericht mit einem Computer geschrieben, dann auf Papier ausgedruckt, dann wieder durch einen Scan als Bilder digitalisiert und schließlich mit einem Texterkennungsprogramm als digitaler Text reproduziert.

Wollte das Justizministerium mit dem Scan die Schwärzungen sichern?

Die Frage ist, ob Mueller ein digitales PDF zum Ministerium geschickt hat, das ausgedruckt und wieder eingescannt wurde, oder ob er den Bericht tatsächlich nur als ausgedrucktes Papierdokument eingereicht hat. In beiden Fällen wären staatliche Vorschriften zur Veröffentlichung von PDF-Dokumenten verletzt worden. Regierungsdokumente müssen allen Lesern zugänglich gemacht werden, also behindertengerecht sein, damit sie beispielsweise vorgelesen werden können, was einen digitalen Text voraussetzt. Das Ministerium hatte das gesehen, aber trotzdem den Bericht nur als Bild-Scan veröffentlicht und angeboten, diesen auf Anfrage auch in Textform zuzusenden. Mit der neuen Version wurde dieser Hinweis gelöscht.

Man könnte vermuten, das Justizministerium wollte vielleicht sichergehen, dass die geschwärzten Stellen nicht leserlich gemacht werden können, weswegen man sie nur als Bilder einscannte. Johnson versichert aber, dass das Justizministerium ein Schwärzungsprogramm benutzt, das sicher ist. Gleichwohl sei der Text zweimal gescannt worden, beim ersten Mal seien die Schwärzungen digital gemacht worden, dann wurde der Text ausgedruckt und noch einmal gescannt und komprimiert. Das sei nur verständlich, wenn Mueller nur einen ausgedruckten Text eingereicht hätte. Wollte Mueller vielleicht verhindern, dass der Bericht manipuliert wird? Das ist auch unwahrscheinlich, denn als PDF-Dokument wäre der Text fixiert und vor Manipulation gesichert.

Das Justizministerium hat für die neue PDF-Version nun den Text selbst mit einem OCR-Programm zugänglich gemacht, aber es gibt weiterhin Probleme mit einigen Textteilen, die unleserlich sind - und es bleibt eine Bilddatei: ein gescanntes Dokument, was eben erstaunlich ist bei einem so wichtigen Bericht: "Warum wurde er überhaupt gescannt?", fragt sich Johnson. Hat Mueller tatsächlich nur einen ausgedruckten Bericht eingereicht? Und warum sollte er das machen? Hat er sich geweigert, ein PDF zu überreichen? Warum wird das vom Justizministerium nicht erklärt? Hatte der Sonderermittler oder das Justizministerium mehr Sorge, dass der Text manipuliert bzw. die geschwärzten Stellen lesbar gemacht werden könnten? Die Fragen bleiben vorerst offen, die Gründe sind rätselhaft.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.