Arbeiten auf dem Parkplatz

Erster WePark-Event in San Francisco. Bild: Joe Girton

In der Bay Area ist Wohnen extrem teuer geworden, nach Co-Living und PodSharing kommt nun WePark, eine Co-Working-Initiative, die Parkplätze nutzt

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Wir hatten vor wenigen Tagen über einen neuen Trend berichtet, der vom Co-Living in einer kommerziell betriebenen Wohngemeinschaft übergeht zu einem "PodSharing" in "minimalistischen Räumen". PodSharing ist einfach für die Nutzer noch billiger, die Anbieter können gleichwohl mehr Menschen in denselben Zimmern unterbringen und damit die Profite erhöhen, wenn sie in Räumen mehrere Schlafkabinen oder Schlafkojen (mit Bildschirmen) anbieten und zusätzlich Gemeinschaftsräume mit Co-Working-Plätzen. Verkauft wird die Geschäftsidee als innovativer Lebensstil im Rahmen der Sharing-Ideologie (Neuer Wohntrend? "Die Zukunft ist Zugang, nicht Besitz").

Kalifornien, vor allem die Bay Area, ist im Trend zum minimalen Wohnen Pionier, weil hier die Miet- und Immobilienpreise wegen der vielen IT-Konzerne und Start-ups selbst für Gutverdiener zu teuer werden. Wenn die Kosten für den Raum explodieren, müssen die Menschen - und gerade die vielen schlecht bezahlten Dienstleister - weit ins Umland ziehen und entsprechende Pendlerstrecken auf sich nehmen. Die andere Variante eben ist, den Wohnraum durch weitere Verdichtung und Belegung billiger zu machen. Statt 3.600 US-Dollar für ein Zimmer monatlich in San Francisco zahlt man bei Co-Living 2.100 US-Dollar Miete und in Los Angeles für ein Bett bei PodSharing im Monat je nach Wohnung und Lage 1000 oder 1400 US-Dollar.

In der Bay Area sind fast 29.000 Menschen, darunter auch viele Kinder, obdachlos, nur für ein Drittel werden Unterkünfte angeboten, in San Francisco gelten 7500 als obdachlos. Die sich auf den öffentlichen Gehwegen und Plätzen aufhaltenden und campierenden Obdachlosen erregen zunehmend den Ärger von reicheren Bewohnern und Touristen, die sich gestört fühlen. Die Obdachlosigkeit dürfte in Wirklichkeit aber höher liegen, weil diejenigen nicht mitgerechnet werden, die beispielsweise bei Freunden unterkommen oder sich eine Unterkunft in einer billigen SRO (Single room occupancy) mieten. Die bieten kleine, spartanische Zimmer, normalerweise 2,5 x 3 Meter groß, mit Bett, einem Stuhl und einem kleinen Tisch, Toiletten und Duschen sind gemeinsam auf dem Gang. Ansonsten muss man in San Francisco auch schon für windige und winzige Unterkünfte 1000 US-Dollar zahlen.

Das Problem gibt es aber nicht nur bei Wohnungen oder Zimmern zum Leben, sondern auch für Büros. Wer sich nicht die besseren Co-Working-Angebote in San Francisco leisten kann, wo ein privater Tisch pro Monat auch 1000 US-Dollar kostet, kann sich nun bei WePark eine Anregung holen, zumindest so lange es nicht regnet.

Die erstmal aus Spaß geborene Idee des Webprogrammierers Victor Pontis ist, nicht nur Co-Working-Plätze anzubieten, sondern vor allem verkehrspolitisch zu agieren. Pontis ist Gründer von ScooterMap und glaubt, dass billiges Parken nicht nur für Fahhräder oder Scooter, sondern auch für Co-Working-Arbeitsplätze interessant sein könnte. Die "Büros" werden nämlich auf Parkplätzen eingerichtet, damit sollen Städte wieder mehr den Menschen als den Autos gewidmet sein. Die Parkgebühren - im Fall von San Francisco 2,75 US-Dollar pro Stunde - werden entrichtet, aber eben nicht für ein Auto, sondern für einen Tisch und Stühle. Neben San Francisco gibt es auch Initiativen in Tolouse, Bristol, Portland und Santa Monica. Pontis hofft, dass daraus eine Bewegung wird. Ende Mai soll ein International WePark-Tag stattfinden, in der nördlichen Halbkugel könnte Outdoor-Arbeit da auch möglich sein.

Die erste WePark-Sessions gab es am 29. April in der Nähe der City Hall. Vier Stunden okkupierte Pontis einen Parkplatz mit zwei Tisch und Stühlen. Ein paar Menschen gesellten sich dazu. Arbeiten kann man, weil es in San Francisco überall einen kostenlosen Internetzugang gibt. Und zum Preis einer Parkgebühr lässt sich auf einem Parkplatz ein Co-Working-Raum einrichten, unschlagbar billig.

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