USA und Iran: Immer dieselbe Strategie von Trump?

Am Donnerstag ist der Flugzeugträger Abraham Lincoln durch den Suez-Kanal in den Persischen Golf gefahren. Bild: US Navy

Trump baut Drohkulisse auf und legt den wirtschaftlichen Knebel an, um dann zu einem Deal in Verhandlungen zu kommen - oder gibt es zwei Lager im Weißen Haus?

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US-Präsident Donald Trump ist so unberechenbar nicht, wie es anfangs schien. Sein Vorgehen ist, wie gerade im Fall von Iran, stets davon getrieben, maximalen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Druck auszuüben, um Verhandlungen zu erzwingen, von denen er Vorteile für die USA erhofft. Dahinter steckt der Antrieb, aus internationalen und multilateralen Abkommen wie dem Iran-Abkommen JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action) auszusteigen oder solche zu verhindern, um unilateral - und auch gegen die Interessen von Verbündeten - neue Vereinbarungen zu schließen bzw. zu diktieren, denen sich dann andere Staaten unter der Führung der USA anschließen können. Ähnlich läuft dies gerade im Handelskrieg gegen China und im Versuch, in Venezuela einen Regierungswechsel durchzusetzen.

Der frühere französische Botschafter in Washington hat die Strategie Trumps nach Ende seiner Dienstzeit als "schrittweise wirtschaftliche Strangulation" beschrieben. Sie richtet sich keineswegs nur gegen die herrschende Elite eines Landes, sondern trifft auch die Bevölkerung. Dann wird mitunter gesagt, dass die Regierung alleine für die wirtschaftliche Misere verantwortlich sei, um sich als Retter und wirtschaftliches Vorbild zu inszenieren.

Man könnte auch vermuten, dass Donald Trump nicht in der Lage oder willens ist, gemeinschaftlich politische Prozesse abzustimmen. Das scheint er intern im Weißen Haus nicht zu können, wo er keine Partner, sondern nur Untergebene kennt, die seinen Willen exekutieren sollen, wobei er sie oft nicht einmal über seine Entscheidungen in Kenntnis zu setzen scheint. Und außenpolitisch drängt sich der Verdacht auf, dass der Immobilienunternehmer schlicht kein Politiker ist, sondern dass er seine gelernten Geschäftspraktiken, die oft auch nicht erfolgreich waren, weiterführt, um mit allen möglichen Tricks einen Deal abzuschließen.

Was bei Unternehmensbossen, die diktatorisch ihren Betrieb führen, funktionieren kann, ist auf der politischen Ebene, wo sehr viele Interessen und nicht zuletzt die Wirkung auf Medien und die Wahlbevölkerung hereinspielen, deutlich schwieriger. Frühes Beispiel war das Dampfhammer-Vorgehen gegen Nordkorea, wo Trump wie jetzt gegen den Iran verbal mit Krieg drohte und dies mit großem militärischen Aufgebot durch Flugzeugträger und Nuklearbomber unterstrich.

"100.000 Tonnen internationaler Diplomatie"

Kürzlich verriet der US-Botschafter in Moskau, Jon Huntsman, die Idee hinter der Inszenierung überwältigender Macht. Ein Flugzeugträger stelle "100.000 Tonnen internationaler Diplomatie" dar (US-Botschafter Huntsman: Entlarvende Charakterisierung der US-Diplomatie). Das kann man wörtlich nehmen, wahrscheinlich auch die Vermutung, dass Trump aber damit keinen militärischen Konflikt auslösen, sondern nur die Situation schaffen will, den Gegner an den Tisch zu bringen, um ihn dann über den Tisch zu ziehen. Mit Kim Jong-un hat das erstmal geklappt und eine große Show ermöglicht, führte aber dann nicht weiter, weil die USA bzw. Trump keine Angebote machten, die für das nordkoreanische Regime überzeugend genug waren, seine Atomwaffen, also seine Überlebensgarantie, abzubauen.

Ähnlich scheint dies Trump auch jetzt wieder anzustreben, nachdem er aus dem Atomabkommen ausgestiegen ist und die ökonomischen Folterwerkzeuge ausgepackt hat, um die iranische Führung auch gegen die Interessen seiner europäischen Verbündeten an den Verhandlungstisch zu bringen. Schnell zog er wieder Angriffsdrohungen wie im Juli 2018 heraus und twitterte ausschließlich in Großbuchstaben: "To Iranian President Rouhani: NEVER, EVER THREATEN THE UNITED STATES AGAIN OR YOU WILL SUFFER CONSEQUENCES THE LIKES OF WHICH FEW THROUGHOUT HISTORY HAVE EVER SUFFERED BEFORE. WE ARE NO LONGER A COUNTRY THAT WILL STAND FOR YOUR DEMENTED WORDS OF VIOLENCE & DEATH. BE CAUTIOUS!

Ein Fehler war sicher bereits, die mächtigen Revolutionsgarden als terroristische Organisation einzustufen. Das sollte wahrscheinlich provozieren, dürfte aber die Handlungsmöglichkeiten der Rohani-Regierung deutlich herabgesetzt und die Macht der Hardliner verstärkt haben. Für Rohani dürfte es ein letzter Versuch sein, am Abkommen festzuhalten, wenn er nun ein Ultimatum an China, Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien stellt, dass in 60 Tagen für den Iran die Verpflichtung beendet sei, Uran nicht höher anzureichern und nicht mehr als 300 kg angereichertes Uran und 300 Tonnen schweres Wasser zu lagern, wenn die wirtschaftlichen Verlust durch die Sanktionen der USA nicht kompensiert werden. Unter den Sanktionen kann der Iran nicht wie bisher angereichertes Uran an Russland und schweres Wasser an Katar liefern, so dass die Bestände sich erhöhen. Gewarnt wird auch, dass der Iran maximal 4 Monate brauche, um sein Atomprogramm wieder auf den Stand vor dem Abkommen zu bringen.

Uneinigkeit im Weißen Haus oder abgekartetes Spiel?

Inzwischen haben sich die iranischen Hardliner und die Falken im Weißen Haus erst einmal gefunden. Die Revolutionsgarden drohen, die Straße von Hormus zu schließen und die amerikanischen Kriegsschiffe anzugreifen, sie haben die amerikanischen Soldaten des CentCom zudem als Reaktion auch als Terroristen eingestuft. Das Pentagon hatte zunächst das Geschwader des Flugzeugträgers USS Abraham Lincoln und mehrere B-52-Langstreckenbomber in die Region verlegt. Nach den Drohungen der Revolutionsgarden und entsprechenden von US-Vizepräsident Pence sowie Sicherheitsberater Bolton, bei jeder Provokation militärisch zurückzuschlagen, wurden zudem das Amphibien-Kriegsschiff USS Arlington und das Patriot-Raketenabwehrsystem in die Region verlegt. Es ist noch nicht lange her, dass vier Patriot-Systeme aus der Region abgezogen worden waren. Angeblich würde der Iran Proxy-Gruppen im Irak und Syrien, also schiitische Milizen, mobilisieren, um US-Streitkräfte anzugreifen.

Donald Trump spielt, ob abgemacht oder nicht, dabei den "good cop" und erklärte am Donnerstag, er warte auf einen Anruf aus Teheran, um über einen fairen Deal zu verhandeln. An die schweizerische Botschaft in Teheran, die die USA im Iran vertritt, soll eine Telefonnummer übermittelt worden sein, um sie an die iranische Regierung weiterzugeben. Von Seiten der Revolutionsgarden kam allerdings gleich Ablehnung, man werde mit den Amerikanern nicht verhandeln.

Amerikanische Journalisten vermuten, dass es im Weißen Haus Uneinigkeit über das Vorgehen gibt, wie das schon im Fall von Venezuela so gewesen sein könnte. Man schätzt Trump so ein, dass er zwar droht, aber kein Interesse an einer militärischen Konfrontation oder sogar Intervention hat, während Bolton und vielleicht Pence mitsamt Saudi-Arabien und Israel die militärische Karte ausspielen und einen Konflikt riskieren würden. Bolton hatte sich auch früher für einen Regimesturz und eine militärische Intervention stark gemacht.

Die New York Times berichtet von neuen Erkenntnissen der amerikanischen Geheimdienste und solchen von Alliierten, nach denen die iranische Führung wegen der wirtschaftlichen Misere bereits schwach und unpopulär geworden sei. Die Hardliner würden darauf setzen, die Amerikaner zu einer Überreaktion zu provozieren, um ihre Macht durch die davon ausgelösten nationalistischen Gefühle wieder zu festigen. Aber auch die NYT spricht von zwei Lagern im Weißen Haus und berichtet, dass nach Pentagon-Quellen die Verlegung einer größeren Streitkraft für einen längeren Konflikt vorbereitet werde, was allerdings auch wieder in das Drohungsspiel gehören kann. Angeblich war der Flugzeugträger sowieso gerade auf dem Weg in die Region, während die Arlington ein anderes Kriegsschiff ersetzt. Auch die Verlegung der vier Bomber ist mehr eine Geste als eine wirkliche Drohung.

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