Iran: Die USA stoßen an Grenzen der bulligen Nahost-Politik

Die Politik der Härte gegenüber Iran als letzte Weisheit? John R. Bolton, Mike Pompeo, Donald Trump und Mike Pence. Foto: US-Außenministerium /gemeinfrei

Außenminister Pompeo sendet neue Gesprächssignale und äußert Zweifel am Nahost-Friedensplan des Trump-Schwiegersohns Kushner

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Man sei zu Gesprächen mit Iran "ohne Vorbedingungen" bereit, sagte US-Außenminister Pompeo am Sonntag. Die Nachricht, ausgegeben in der Schweiz, war schnell in der internationalen Öffentlichkeit, wo man auf "Entspannungssignale" hofft. Gespräche mit Iran unter der Vorgabe "no preconditions" kommen dieser Hoffnung nahe.

An einer weiteren Eskalation im Nahen Osten dürfte niemand ernsthaft gelegen sein. Verschaffte sich Trump nicht vor allem mit Rückzugsplänen aus US-Kriegen Popularität? Andrerseits kann auch keiner von außen genau einschätzen, wie weit die USA, deren Führung in Sachen Nahost nicht auf einer Linie ist, gehen wollen, um den Druck auf Iran weiter zu erhöhen. An Pulverfässern in der Region fehlt es nicht.

Der engste Nahost-Verbündete der USA, Israel, demonstrierte am Wochenende mit Angriffen auf Ziele in Syrien, erst bei den Golanhöhen, dann bei Damaskus und schließlich auf die große Militärbasis "T-4-Base" im Gouvernement Homs, erneut, dass auch militärische Aktionen, die gegen Vertreter der iranischen Politik gerichtet sind, weiter zum festen Repertoire gehören.

Die israelische Regierung bekannte sich in diesem Fall zu den Angriffen. Bei der Begründung spielte Irans Militärpräsenz und mutmaßliche Aktionen der iranischen Revolutionsgarden in Syrien die ausschlaggebende Rolle.

Forderung nach Verhaltensänderung bleibt

Die USA wollen aus einer Position der Stärke heraus verhandeln. Das ist Prinzip bei Trump. Dazu gehört viel Rhetorik. Zwar überraschte Pompeo mit seiner Ankündigung, weil damit die vor einem Jahr aufgestellten kompromisslosen Bedingungen für Gespräche mit Iran kurz zur Tischkante geschoben wurden. Aber Pompeo schränkte auch gleich ein. Er blieb bei seiner Forderung nach einer Verhaltensänderung Irans.

Man wolle erst sehen, dass sich Iran wie ein "normales Land" verhalte, fügte Pompeo hinzu. Man sei bereit, sich mit iranischen Vertretern zusammenzusetzen, aber die Bemühungen der USA, die "bösartigen Aktivitäten der Islamischen Republik" grundsätzlich anders zu drehen, würden fortgesetzt. Eine Aufhebung der Sanktionen komme nur über Verhandlungen infrage.

Die Antwort aus Iran spielte zunächst ebenfalls auf der rhetorischen Ebene. Das sei nur ein "Spiel mit Worten", wird der Sprecher des iranischen Außenministeriums zitiert. Im al-Jazeera-Artikel wird aber auch eine abgestufte Antwort des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani übermittelt. Er erkennt eine Art Einlenken, das er auf die Stärke Irans münzt:

"Die Feinde(!) sagen manchmal, dass sie Bedingungen an Verhandlungen mit Iran stellen … aber in den letzten Wochen sagten sie, dass sie keine Bedingungen stellen. Sie bedrohten uns, als wären wir eine militärische Supermacht, aber jetzt sagen sie, dass sie keinen Krieg suchen."

Kritik an der Iran-Politik auf dem Gipfel in Mekka

Der Sender aus Katar hat sich in den letzten Jahren, auffällig seit den Aufständen in Ägypten und Syrien, zu einem Medium entwickelt, dass die Interessen der katarischen Herrschaft sehr deutlich widergibt. Das zeigt sich auch beim Bericht zum arabischen Doppel-Gipfeltreffen in Mekka, der als "Emergency summit" tituliert wurde. Dort wird klar herausgestrichen, dass die al-Thani-Herrscher in Katar sich gegen einen Konfrontationskurs mit Iran stellen.

Der katarische Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani kritisierte vernehmlich, dass bei arabischen Gipfeltreffen Washingtons Politik gegen Iran übernommen werde und "keiner die Nachbarschaft berücksichtige". Tatsächlich ist die Haltung des saudischen Königs Salman gegen den "kriminellen Iran" so formuliert, dass man wahrscheinlich die Redemanuskripte zwischen Pompeo, Netanjahu, Trump und Salman verwechseln könnte, ohne dass dies zunächst auffallen würde.

Auch Mohammed bin Zayed von den Vereinigten Arabischen Emiraten gehört in diese Reihe. Von ihm stammen, wie die New York Times am Wochenende in einem Porträt aufzeigte, wichtige Impulse zur Konfrontation gegen Iran, die auch Trump bereitwillig aufgenommen habe.

Dass die VAE, von der Öffentlichkeit weitgehend nur im Schatten Saudi-Arabiens wahrgenommen, große politische Ambitionen bei der "Neuordnung" der Mena-Region hegt, ist Libyen-Jemen-Beobachtern längst aufgefallen. Der Bericht der New York Times dürfte bei der bestens organisierten VAE-Lobby in Washington für Ärger sorgen. Er ist nicht unbedingt schmeichelhaft und beschreibt den Freund des saudi-arabischen Kronprinzen ungeschminkt als "Kriegstreiber".

Doch ist Katar, das Saudi-Arabien und die VAE versucht hatten, ins politische Abseits zu drängen, längst nicht das einzige arabische Land, das sich gegen eine harte Anti-Iran-Front wehrt, sondern auch und besonders die Regierung in Bagdad.

Irak: Friedenstour der Führung

Der irakische Ministerpräsident Adil Abd al-Mahdi wie auch Präsident Barham Salih machten vor dem Gipfel in Mekka ein paar Besuche, der Ministerpräsident war in Kuweit und Katar, der Präsident in der Türkei. Der irakische Parlamentssprecher traf sich in Jordanien mit König Abdullah. Die Besuche standen, wie al-Monitor berichtet, unter dem Zeichen "Deeskalation".

Man wollte verhindern, dass der Gipfel mit einem Appell endet, der zu einer strong action gegen Iran aufruft. Der irakische Barham Salih opponierte auch gegen das Schlussdokument des Gipfels in Mekka, das das Verhalten Irans in der Region unter Anklage stellt.

"Die regionale und internationale Krise mit Iran ist bedrohlich, sie könnte in einen umfassenden Krieg umschlagen", warnte Barham Salih. Auf dem Gipfel verwies Salih "auf die 1.400 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit dem Iran und den Wunsch, dass es nicht zu einer 'feindseligen Aktion' komme".

Auch die USA dürften aus mehreren Gründen kein Interesse daran haben, dass sich die Verhältnisse im ohnehin nicht gerade spannungsarmen Irak weiter aufheizen. Iran leistet dort Nachbarschaftshilfe, welche die USA zum Beispiel im Fall der notwendigen Arbeiten am Schatt al-Arab - wichtig u.a. für die Trinkwasserversorgung - nicht vermocht haben.

Für den Business-Mann Trump dürften die Interessen des US-Ölkonzern Exxon im Irak mit dem geschätzten Volumen von 52 Milliarden US-Dollar nicht unwichtig sein. Dass eine offene kriegerische Auseinandersetzung mit Iran keine gute, sondern eine Aussicht mit hohen Kosten ist, daran kommt auch die jetzige Administration nicht vorbei. Da hat der iranische Präsident Rouhani schon einen Punkt markiert: Die Kräfteverhältnisse und die Risiken sprechen nicht dafür, Iran mit bloßer bulliger Politik einzuschüchtern.

Bruchlinien durch den Nahost-Plan

Das Bekanntwerden der Kritik Pompeos am "großen Nahostfriedensplan" des Trump-Schwiegersohns Kushner führt neu vor Augen, dass die arabische Einheitsfront gegen Iran auch von diesem Konflikt her ein gewisses Zerfallspotential hat, wenn Ansprüche überreizt werden.

Auch die absolute Herrschaft in Saudi-Arabien, die etwas gemäßigtere autoritäre Herrschaft in den Emiraten und der König in Jordanien sowieso haben sehr wohl auch eine Bevölkerung im Blick, die auf Israel/Palästina doch etwas anders schaut als Netanjahu und die Trumps. Zu diesem Thema gibt es sehr unterschiedliche Redemanuskripte, die man nicht vertauschen kann.