Vom Kalten Krieg zur entfesselten Rüstungsspirale

Telepolis-Salon am 25. Juni auf der Alten Utting mit unserem Gast Horst Teltschik

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Vor 70 Jahren, am 4. April 1949, wurde die Nato als Verteidigungsbündnis gegründet, der Gegner hieß damals Sowjetunion. Im selben Jahr, am 29. August, wurde die erste sowjetische Atombombe erfolgreich gezündet. Stalin hatte das sowjetische Atomwaffenprogramm nach dem Abwurf amerikanischer Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki beschleunigt.

Mit der Nato und dem Marshallplan wollten die USA sicherstellen, dass Europa nicht zum Einflussgebiet der Sowjetunion wird. Mit der Währungsreform, die die drei westlichen Siegermächte 1948 in Deutschland einführten, war bereits der Bruch mit der Sowjetunion, das Ende des Alliierten Kontrollrats und letztlich die Teilung Deutschlands vorangetrieben worden. Die Sowjetunion reagierte mit der Berlinblockade. Mit der Gründung der Bundeswehr und dem Nato-Beitritt Deutschlands im Jahr 1955 schritt die Eskalation des Ost-West-Konflikts voran, der Kalte Krieg wurde heiß, nachdem mit dem Mauerbau in Berlin begonnen wurde, die USA in der Türkei Mittelstreckenraketen stationierten und die Sowjetunion Raketenbasen in Kuba bauten. Die USA und die Sowjetunion standen kurz vor einem Krieg, der in einen Atomkrieg münden hätte können, wenn sich nicht Chruschtschow und Kennedy auf Deeskalation durch den Abbau der Raketenbasen und den Abzug der Mittelstreckenraketen verständigt hätten.

Wir befinden uns wieder in einer ähnlichen Eskalationsspirale zwischen der von den USA dominierten Nato und Russland wie im Kalten Krieg vor 60 Jahren. Nach einer kurzen Phase der Wiederannäherung und der Möglichkeit einer neuen Friedensordnung nach der Auflösung der Sowjetunion begann mit der fortschreitenden Osterweiterung der Nato und den Plänen zur Stationierung des US-Raketenabwehrsystem in osteuropäischen Ländern nach der Aufkündigung des ABM-Vertrags erneut eine Phase der Eskalation, die schon längst wieder zu einem nuklearen Wettrüsten geführt hat, das mit Cyberwar-Szenarien, Hyperschallraketen oder -drohnen und autonomen (Waffen)Systemen noch gefährlich ist als im "alten" Kalten Krieg, zumal neben der Nato und Russland auch China und weitere Staaten mitspielen und die Lage explosiver machen.

Horst Teltschick hat gerade ein Buch mit dem Titel "Russisches Roulette" veröffentlicht, in dem er erörtert, warum die Chance nach dem Ende des Kalten Krieges nicht ergriffen wurde oder werden sollte, eine Annäherung zwischen Nato und Russland als Partner zu erwirken. Eine politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland in einem Gemeinsamen Wirtschaftsraum und damit auch eine neue Friedensordnung wäre in Aussicht gestanden, da mit der KSZE und später der OSZE schon etwas in Gang gebracht wurde. Nach einigen Schritten in diese Richtung wurden aber nach und nach die Verbindungen durchschnitten und Verträge gekündigt. Teltschik beschreibt, wie die Chancen verspielt wurden und die Konfrontationspolitik vor allem der Nato zu der gefährlichen militärischen Eskalationsspirale geführt haben, in wir uns befinden.

Teltschik hat wie kaum ein anderer die Zeit vom Ende des Kalten Kriegs über die Friedensbemühungen und bis zur neuen Eskalation politisch als Akteur und in Kenntnis von vielen der beteiligten Politiker mitverfolgt. Der Politikwissenschaftler war ab 1970 für die CDU tätig und wurde 1972 vom damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl in die Staatskanzlei geholt.

1982 wurde er unter Kohl Leiter der Abteilung "Auswärtige und innerdeutsche Beziehungen, Entwicklungspolitik, Äußere Sicherheit" und stellvertretender Leiter im Bundeskanzleramt in Bonn, er war als außenpolitischer Berater von Kohl und 1989/1990 an den Verhandlungen zur deutschen Einheit beteiligt. Danach ging er in die Wirtschaft und war u.a. für Bertelsmann, BMW und Boeing tätig. Von 1999 bis 2008 leitete er die Münchner Sicherheitskonferenz, wo sich jährlich internationale Spitzen- und Sicherheitspolitiker, hohe Militärs, Vertreter der Rüstungsindustrie und internationalen Organisationen treffen. Teltschik spricht von einem "Kalten Frieden" und wirbt für eine neue Entspannungspolitik.

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Telepolis-Salon im "Hecksalon" am 25. Juni um 20 Uhr
Alte Utting
Lagerhausstraße 15
81371 München

Eintritt: 5 Euro

Anfahrt: U-Bahn: U3/U6 Poccistraße oder Implerstraße
Bus: 132 / 62 Lagerhausstraße

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