China: Innen Hui, Außen Pfui

Die Bedingungen für chinesische Arbeiter in Pakistan sind hart. Foto: Gilbert Kolonko

Ein Blick in die Nachbarländer Chinas zeigt: Für die Erde ist das "System China" bisher nicht gesünder als der "freie Markt" des Westens

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Fünf erschossene Demonstranten im April 2016 in Bashkhali bei Chittagong. Ein weiterer getöteter Demonstrant im Februar 2017 an gleicher Stelle. Wieder hatte es Proteste gegeben, gegen ein von China finanziertes Kohlekraftwerk.

Warum die Polizei gegen Anwohnerproteste tatkräftig unterstützt wird, zeigt, wer da Pekings Geschäftsinteressen durchsetzt: Selbst die konservative Bertelsmann Stiftung hat das wirtschaftlich aufstrebende Bangladesch zur Autokratie erklärt. Wohl auch wegen ihres besonderen Auslesesystems bei Wahlen.

Obwohl die Opposition die Wahlen zwischen 2013 und 2017 boykottiert hat, kam es in dieser Zeit zu mehr als 1000 Toten politischer Gewalt und 53.000 Verletzten, weil sich vorwiegend Anhänger der Regierungspartei mit der Partei der Awami-Liga bekämpften. So ist garantiert, dass der Kandidat mit der besten Schlägertruppe vorort das Rennen macht.

Später können diese Schlägertrupps Anwohner-Proteste gegen "Entwicklungs-Projekte" niederknüppeln - dafür wird der gewählte lokale Kandidat der Awami Liga mit Aufträgen in Zusammenhang mit dem Projekt bedacht. Anschließend können die Schläger von der regierungstreuen Presse als Gegendemonstranten bezeichnet werden.

Kohlekraftwerke "Öko"

Ein weiteres chinesisches Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 1320 Mw wird am Andharmanik Fluß im Patuakhali Distrikt gebaut, in dem zwei der großen Laichplätze des Hilsa liegen, des geschützten Nationalfisches des Landes.

Da die Kohle für das Kraftwerk auch hier per Schiff transportiert wird, sind Verschmutzungen des Flusses vorprogrammiert, selbst ohne eines der häufigen Schiffsunglücke mit Kohlefrachtern. Ein Rundgang am Hafen in Gabtoli bei Dhaka zeigt, was Kohle schon vor der Verbrennung anrichtet: Im Umkreis von einem Quadratkilometer sind die Wege und das Ufer schwarz - der Fluss sowieso.

Dhaka: Schon jetzt ist die Luftverschmutzung in den Großstädten von Bangladesch, Indien und Pakistan lebensgefährlich. Foto: Gilbert Kolonko

Die Regierung Bangladesch hat versprochen die Energiegewinnung aus Kohle bis zum Jahr 2022 von 2 Prozent auf 50 Prozent zu steigern, dann sollen 23.000 Mw durch Kohlekraftwerke produziert werden. China plant in Bangladesch mittelfristige den Bau von Kohlekraftwerken mit einer Gesamtleistung von 17 Giga-Watt.

Eine Studie des Global Environmental Instituts fand heraus, dass China zwischen 2001 und 2016 außerhalb des Landes 240 Kohlekraftwerke gebaut hat, mit einer Gesamt-Kapazität von 251 GW. 58 Prozent dieser Kraftwerke waren mit veralteter Technologie ausgestattet.

In China sollen bis 2020 "dreckige" Kohlekraftwerke geschlossen und durch Kraftwerke mit neuster Technologie ersetzt werden. Dazu sind die Umweltstandards für Kraftwerke in China zum Teil höher als in Europa und den USA.

Auch in Sachen Sprache hat China vom Westen gelernt. So nennt es billige und dreckige Müllverbrennungsanlagen einfach "Öko" und verkauft sie dann nach Indien, das unter Narendra Modi angeblich made in India produziert.

In Bangladesch sind China und Hongkong zu den größten Einkäufern der Gerbereien Dhakas geworden, eine der schlimmsten Verschmutzungsindustrien des Landes. Nach einer Studie leiden 63 Prozent der Arbeiter des neuen Gerbereiparks in Savar-Dhaka unter Gesundheitsproblemen.

Selbst die chromverseuchten Lederreste der Gerbereien werden noch zur Steigerung des Wirtschaftswachstums benutzt, indem sie zu Tierfutter verarbeitet werden. Deutschlands Einkäufer wandern nach Indien ab, wo die Ledergerbereien eine Idee sauberer arbeiten.

Wie der Westen, muss China mittlerweile Wachstum im Ausland erwirtschaften, um die steigenden Konsum-Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen - dass Chinas Einkommensungleichheit so stark steigt, wie in keinem andern Land, gibt einen Hinweis, warum das so ist.

Peking ließ Sri Lanka mit Krediten einen Hafen bauen, den das Land nicht brauchte. Als Sri Lanka die Kredite nicht zurückzahlen konnte, riss sich China nicht nur den Hambantota Hafen für 99 Jahre unter den Nagel, sondern ließ sich als Zins auch noch ein Stück Küste überschreiben.

Auch China sorgt mit seinen Ledereinkäufen für Wachstum in Bangladesch und achtet daheim auf die Umwelt. Willkommen im Club. Foto: Gilbert Kolonko

Natürlich ist China nicht das erste Land, das Sri Lanka Kredite für fragwürdige Projekte aufschwatzt, doch Peking scheint einen Plan zu haben: Da die Regierung in Kenia chinesische Kredite nicht zurückzahlen kann, soll es den Hafen in Mombasa an China abtreten.

Wasserkraftwerke

In Nepal baut China jetzt große Wasserkraftwerke, deren Dämme die Flüsse stauen. Ein Blick nach Pakistan zeigt, was Fluss-Stauungen auf lange Sicht anrichten: In der südlichen Region Sindh ist mittlerweile das Indus Delta gefährdet, inklusive der Mangrovenwälder, mit schwerwiegenden Folgen für Natur und Mensch.

Ein Blick nach Bangladesch gibt einen Einblick, wie Nachbarländer unter Fluss-Stauungen leiden. Während der Regenzeit öffnet Indien die Schleusen seiner Staudämme, so dass noch mehr Wasser nach Bangladesch fließt und die Felder zum Teil für Monate überschwemmt. Wenn die bengalischen Bauern dann in der Trockenzeit das Wasser dringend benötigen, schließt Indien die Schleusen. Dadurch drückt Meerwasser in die Flüsse hoch und fördert die Versalzung.

Dazu war das Erdbeben 2015 in Nepal keine Fata Morgana. Ein Beben im April diesen Jahres in Katmandu, erinnerte die Nepalesen an die 9.000 Opfer von 2015. Auch Gletscherseen werden in Nepal zu einer zukünftigen Gefahr für Staudämme, dass müsste Peking eigentlich selbst wissen, gilt doch die gleiche Gefahr auch für ihr Land.

Dazu gebe es in Nepal Beispiele, wie die Wasserkraft genutzt werden kann, ohne die Flüsse zu stauen und nebenbei noch das Land nachhaltig zu entwickeln. Dass dies nicht passiert, liege jedoch nicht nur an China, wie mir Nepals Energieminister Sharma 2017 am Lehmofen sagte: "Die Weltbank will, dass wir durch ausländische Konzerne große Wasserkraftwerke bauen."