US-Sicherheitsberater Bolton droht mit Cyberangriffen

Die USA seien zu passiv gewesen, jetzt wird zurückgeschlagen, was einen Cyberwar riskiert, der schneller ausbrechen könnte als ein traditioneller militärischer Konflikt

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US-Sicherheitsberater John Bolton erklärte auf der CFO Network-Konferenz des Wall Street Journal, dass es zwischen ihm und Donald Trump keinen Konflikt gebe. Zuletzt waren Vermutungen laut geworden, dass Bolton für Donald Trump zu sehr mit Angriffsdrohungen vor allem gegenüber dem Iran, aber auch gegen Venezuela aufgetreten sei. Trump macht dies zwar auch gerne, sagt aber immer gleich, dass er keinen Krieg wolle, sondern nur mit maximalem Druck zu einem Deal kommen will. Das gilt für den Iran und Russland möglicherweise, in Venezuela setzt die US-Regierung hingegen weiter auf Regime Change und hält nichts von Verhandlungen zwischen Maduro-Regierung und Opposition.

Gerade erst kam wieder ein Dissens zur Geltung. Bolton hatte erklärt, dass Nordkorea seine Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung nicht nachgekommen sei. Er verwies auf Atomtests und Tests von Interkontinentalraketen. Man werde den maximalen Druck aufrechterhalten. Kurz darauf sagte Trump, Kim Jong-un habe sein Wort gehalten.

Aber Bolton, der Falke aus der Welt des Kalten Kriegs, ist nicht verlegen, gleich die nächste Drohkulisse aufzubauen. Das Spiel ist durchsichtig. Es werden neue Gefahren für die USA verstärkt oder auch erfunden, um dann einen Konflikt zu eskalieren, mit dem sich amerikanische Interessen durchsetzen lassen, darauf vertrauend, dass kein Land einen militärischen Konflikt mit den USA riskieren möchte.

Das könnte aber mit den neuen Drohungen anders werden. Bolton erklärte, dass das US-Cyberkommando, das noch immer unter dem Kommando des NSA-Chefs steht, nach der von Trump im letzten Jahr erlassenen Lockerung des Handlungsspielraums nicht nur mehr offensiv gegen mögliche Beeinflussungen der US-Wahlen vorgehen werde (US-Cyberstrategie: Drohung mit Vorwärtsverteidigung und Präventivschlägen). Darauf hatte man sich mit den erweiterten Angriffsmöglichkeiten zunächst angeblich weitgehend beschränkt (Hat das US-Cyberkommando mit einem Cyberangriff erfolgreich die russische "Trollfabrik" lahmgelegt?). Allerdings gab es schon andere Gerüchte: Angeblich bereitet das Pentagon einen Cyberangriff auf Russland vor.

Jetzt würden die Cyberangriffe jedoch zu "Strukturen der Abschreckung" ausgeweitet. WSJ spricht paradox davon, dass die US-Regierung nach Bolton die "Verteidigung der Cybersicherheit" vor den Präsidentschaftswahlen hochfahren werde, aber eigentlich scheint es um offensive Aktionen zu gehen.

Schluss mit der passiven Position

Im Visier stehen wie üblich die erwartbaren Verdächtigen Russland, Iran, China und Nordkorea. Von diesen Ländern seien nicht nur Regierungsaktivitäten angegriffen worden, sondern auch die Privatwirtschaft. Man habe bislang von einer "sehr, sehr passiven Position" aus gehandelt. Das habe aber nur die "offensiven Operationen unserer Gegner" verstärkt. Man könnte zwar auch auf Gespräche und Abkommen setzen, aber das ist nicht das Spiel von Bolton, der, so auch die Maxime der amerikanischen Politik, keine multilateralen Verpflichtungen eingehen, sondern die wirtschaftliche und militärische Macht der USA ausspielen will.

Man habe, so Bolton, jetzt die Möglichkeiten offensiver Cyberaktivitäten erleichtert. Angreifer wie Russland oder andere würden einen "Preis zahlen" müssen, wenn sie "Cyberoperationen" gegen die USA ausführen sollten. Die Logik ist ähnlich wie bei den Sanktionen. Man schnürt ein Land so weit ab, bis es klein beigibt. So zumindest die Erwartung des Bullen mit den größten Muskeln. Das kann aber auch dazu führen, dass der Bedrohte sich auflehnt, wenn eine Grenze überschritten wird. Manchmal reicht schon ein kleines militärisches Gockelspiel, um einen Konflikt auszulösen.

Das dürfte bei Cyberangriffen noch schneller funktionieren als bei traditionellen militärischen Konfrontationen, zumal oft nicht klar ist, wer der Angreifer ist oder in welchem Auftrag er handelt. "Schießt" man zurück und erwischt einen Unschuldigen, kann dies schnell zu einem Cyberwar führen, dessen Folgen bislang völlig unabsehbar sind, aber möglicherweise große Teile eines Landes lahmlegen könnte. Deswegen wurde ein Cyberwar bislang vermieden. Bolton und die US-Regierung scheinen aber auch hier die Schleusen zu öffnen, die Barack Obama wegen der Risiken noch stark unter Kontrolle zu halten suchte.

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