Unions-Minderheitsregierung ab Jahresende?

Grafik: TP

CDU und CSU könnten auch bei einem Ausstieg der SPD bis zur nächsten regulären Bundestagswahl 2021 an der Macht bleiben

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Am 1. September wird in Sachsen und in Brandenburg gewählt, in Thüringen am 27. Oktober. Den Bundeskoalitionsparteien CDU und SPD drohen in allen drei Landtagswahlen massive Verluste. Sie könnten Einfluss darauf haben, wen die Sozialdemokraten zu ihrem Vorgesetzten wählen. Die Wahl dazu finden nämlich wahrscheinlich erst auf dem regulären SPD-Bundesparteitag im Dezember statt, weil Generalsekretär Lars Klingbeil den Vorschlag, sie vorzuziehen, nicht mit der Forderung einer Urwahl für vereinbar hält.

Dazu, so der Mann aus der Lüneburger Heide, bräuchten die Kandidaten nämlich ausreichend Zeit, um sich der SPD-Parteibasis vorzustellen. Die kann noch bis morgen Vorschläge abgeben. Angeblich sind bereits über 20.000 eingegangen. Sie reichen vom umstrittenen Jungsozialistenchef Kevin Kühnert bis hin zum anders umstrittenen ehemaligen Berliner Finanzsenator Thilo Sarazzin.

Koalitionsende muss nicht mit Neuwahlen verbunden sein

Auch dann, wenn sich die SPD-Basis für einen Kandidaten aus dem Koalitionsestablishment entscheidet (wie zum Beispiel für die kommissarische Mitvorsitzende Manuela Schwesig oder für den Schon-einmal-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, der sich mit einem dänischen Kurs selbst ins Spiel brachte), könnte dieser zum Ergebnis kommen, dass es für seine Partei besser ist, aus der Bundeskoalition auszusteigen, als diese weiter fortzuführen.

So ein Ausstieg muss nicht mit Neuwahlen verbunden sein. Stattdessen könnte Angela Merkel einfach ohne SPD-Minister im Kabinett weiter regieren, da sich SPD, Grüne und Linke mit der FDP auf einen gemeinsamen Kanzlernachfolger einigen müssten, um Merkel durch ein konstruktives Misstrauensvotum zu stürzen.

Vertrauensfrage?

Allerdings könne Merkel selbst (anders als im Herbst 2017, als ihre Regierung nur geschäftsführend im Amt war) die Vertrauensfrage stellen, um Neuwahlen herbeizuführen. Ob die CDU-Politikerin solche Neuwahlen will, ist eine andere Frage: Für sie würde das den vorzeitigen Verlust des Kanzlerpostens bedeuten, für ihre Partei wahrscheinlich den Verlust zahlreicher Mandate (vgl. Kramp-Karrenbauer, die Klarnamenpflicht und die Kanzlerfrage). Und selbst dann, wenn sie das will, liegt die Entscheidung, ob sie nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung auch tatsächlich stattfinden, dem Grundgesetz nach beim Bundespräsidenten, dessen SPD bei baldigen Neuwahlen noch schlimmere Verluste fürchten muss.

Insofern wundert es wenig, dass der Berliner Spiegel-Redaktionsvertreter Florian Gathmann sowohl bei den Sozial- als auch bei den Christdemokraten Sympathien für eine Minderheitsregierung ausmacht. Die einzige explizite Gegenposition, die er dazu aufführt, ist Ralph Brinkhaus' "momentan ein bisschen" fehlende "Fantasie, dass das stabil möglich ist".

FDP würde "sehr konstruktiv diejenigen gesetzgeberischen Projekte unterstützen, die für Deutschland sinnvoll und notwendig sind"

Andere CDU-Politiker - darunter Wolfgang Schäuble - hatten sich schon nach dem Scheitern der Jamaika-Koalitionsverhandlungen im Herbst 2017 für ein Minderheitskabinett ausgesprochen. Dass sich Merkel damals anderer Meinung gab, muss angesichts ihrer zahlreichen anderen Positionswechsel durchaus nicht heißen, dass das auch im Herbst 2019 noch so sein wird.

Ein mit sechs neuen Ministern aus CDU und CSU aufgestocktes Kabinett Merkel müsste ohne stabile Mehrheit im Parlament nicht Däumchen drehen, sondern könnte mit Verordnungen regieren, wie das aktuell das Übergangskabinett in Österreich macht (vgl. Österreich: Eher Proporz- als Expertenkabinett). Darüber hinaus könnte Merkel versuchen, für Gesetzesvorhaben wechselnde Mehrheiten zu schmieden.

FDP-Chef Christian Lindner soll diese Möglichkeit der Wochenzeitung Die Zeit zufolge kürzlich vor Unionsabgeordneten "diskutiert" haben, was der Parlamentarische FDP-Bundestagsfraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann mit der Formulierung, es gebe "keine offiziellen Unterredungen dazu" eher "offiziell" als inoffiziell dementiert. Man werde in so einem Fall aber "sehr konstruktiv diejenigen gesetzgeberischen Projekte unterstützen, die für Deutschland sinnvoll und notwendig sind".

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