Saudi-Kronprinz: "Wir werden nicht zögern zurückzuschlagen"

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman. Foto: Glenn Fawcett für das US-Verteidigungsministerium.

Iranischer Parlamentspräsident wirft USA False-Flag-Anschlag vor, nennt jedoch als historischen Präzedenzfall indirekt Pearl Harbor

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Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat dem Iran in einem Interview mit der Zeitung Asharq al-Awsat verlautbart, er wolle zwar keinen Krieg, aber angekündigt, sein Königreich werde "nicht zögern zurückzuschlagen", wenn "unser Volk, unsere Souveränität, unsere territoriale Integrität und unsere lebenswichtigen Interessen bedroht sind".

Damit bezog er sich auf die Beschädigung von zwei Tankern am Donnerstag, für die er, der amerikanische Präsident und der britische Außenminister die iranische Staatsführung verantwortlich machen (vgl. Trump zu Tankern im Golf von Oman: "Der Iran hat es getan"). Kurz darauf forderte der saudische Energieminister eine "schnelle und entschiedene" Antwort auf die "terroristischen Handlungen".

Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani bezeichnete die Beschädigungen der beiden Tanker dagegen als "verdächtige Handlungen", die ihm "die Wirtschaftssanktionen der USA zu ergänzen scheinen", mit denen die Amerikaner seinen Worten nach "bislang noch keine Ergebnisse erzielten". Als Präzedenzfall für den False-Flag-Vorwurf, den er damit indirekt erhob, nannte er ein "historisches Ereignis während des Zweiten Weltkriegs, als die Amerikaner in der Nähe Japans auf ihre eigenen Schiffe zielten, um eine Entschuldigung für Feindseligkeiten zu schaffen".

Quellenferne Sicht

Sollte er damit Pearl Harbor gemeint haben, findet er dafür unter internationalen Historikern ähnlich begrenzte Unterstützung wie mit einer vor allem im Iran und unter Islamisten verbreiteten, eher quellenfernen Sicht der Massenvernichtung von Juden während des Zweiten Weltkrieges. Alle Dokumente deuten darauf hin, dass die Amerikaner vom japanischen Luftangriff auf ihre in Hawaii stationierte Flotte tatsächlich überrascht wurden - auch wenn Franklin Delano Roosevelt die darauf folgende patriotische Empörung nicht ganz ungelegen gekommen sein könnte.

Allerdings finden sich in der Geschichte auch deutlich bessere Beispiele für False-Flag-Operationen - und für Kriegerklärungsanlässe, die sich nachher als Unfall herausstellten, wie die Explosion des US-Kriegsschiffs Maine im Hafen von Havanna, die 1898 zum Spanisch-Amerikanischen Krieg führte (vgl. Hacking of the Maine?).

Von Gleiwitz bis Gladio

Ein (inzwischen offiziell eingeräumtes) Beispiel für eine absichtliche Manipulation ist dagegen der Tonkin-Zwischenfall, der 1964 zu einer massiven Verstärkung des amerikanischen Militärengagements in Vietnam führte. Hier hatte man in der Öffentlichkeit den falschen Eindruck erweckt, dass nordvietnamesische Schnellboote ein amerikanisches Kriegsschiffe attackiert hätten (vgl. Noble Lügen).

Die USA haben allerdings durchaus kein Monopol auf solche Manipulationen: Ihr späterer Kriegsgegner Japan provozierte 1931 mit einen vermeintlich chinesischen (aber tatsächlich japanischen) Eisenbahnanschlag eine Rechtfertigung für die Errichtung des Marionettenstaates Mandschukuo. Bei den Tokioter Kriegsverbrecherprozessen (zu denen es eine nicht uninteressante Serie bei Netflix gibt) kam heraus, dass einige der Beteiligten sogar mit der False-Flag-Operation protzten.

Andere Staaten, die in der Vergangenheit nachweislich False-Flag-Operationen verübten sind beispielsweise Deutschland (mit der fingierten Polenattacke auf den Sender Gleiwitz), die Sowjetunion (mit dem 1939 Finnland in die Schuhe geschobenen Kriegsvorwandbeschuss von Mainila), die Türkei (die 1955 und in den 1970er Jahren False-Flag-Anschläge nutzte, um Griechen aus Istanbul und Nordzypern zu vertreiben) oder Italien (das im Zentrum der enthüllten Gladio-Aktivitäten stand - vgl. Von heimlichen und unheimlichen Kooperationen). Häufig hängen solche Operationen auch mit der Erzeugung von Empörung zusammen (vgl. Humanitäre Intervention als propagandistischer Normalfall).