Ein Schritt weg vom Berufspolitiker

Ted Cruz vs. Mazie Hirono. Fotos: US Senate

Im US-Kongress gibt es einen Vorstoß, nicht nur die Amtszeiten von Präsidenten, sondern auch die von Senatoren und Abgeordneten zu begrenzen

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Der kubanischstämmige republikanische Senator Ted Cruz hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der vorsieht, die US-Verfassung um einen Zusatz zu ergänzen. Mit so einem Verfassungszusatz wurde 1951 die Zahl der Amtszeiten von Präsidenten auf höchstens zwei begrenzt. Cruz möchte, dass künftig nicht nur bei Präsidenten, sondern auch bei Senatoren und Repräsentantenhausabgeordneten eine Begrenzung gelten soll.

Abgeordnete sollten seiner Meinung nach höchstens zwei Mal wiedergewählt werden dürfen, Senatoren höchstens einmal. Insgesamt dürften Letztere dann höchstens zwölf und Erstere höchstens sechs Jahre in derselben Kammer sitzen. Cruz begründete diesen Vorschlag in der Debatte dazu mit seinen Erfahrungen im Senat, dem er seit 2013 angehört. Dadurch, so der Texaner, sei seine Überzeugung von der Notwendigkeit einer solchen Regelung "um das Tausendfache" gewachsen.

Problem seit Frank Capras Filmklassiker "Mr. Smith Goes to Washington" bekannt, aber nicht gelöst

Der Republikaner Jim DeMint, einer der Unterstützer des Vorschlags, ergänzte, dass eine Amtszeitbegrenzung zwar nicht alle Probleme lösen, aber zu einer Drainage für den bestehenden "Sumpf" werden könne. So ein Sumpf ist der Senat seiner Wahrnehmung nach deshalb, weil dort nicht mehr in erster Linie offen Argumente für und gegen Gesetze ausgetauscht, sondern parteipolitische Interessen verfolgt werden.

Schere ein Senator aus diesem Konsens aus, werfe man ihm vor, "kein Teamplayer" zu sein und bedrohe ihn mit dem Kappen von Finanzströmen, die für eine Wiederwahlfinanzierung wichtig sind. Alleine die Möglichkeit, sein Leben lang im Kongress versorgt zu werden, führt seiner Meinung nach dazu, dass eine Wiederwahl (auf die er selbst freiwillig verzichtet hat) im Regelfall ganz oben auf der Liste der Prioritäten von Politikern steht.

Ein weiteres durch unbegrenzte Amtszeiten entstandenes Problem ist seiner Ansicht nach das faktische Ausschließen junger und ambitionierter Volksvertreter aus den Entscheidungsprozessen, bis sie sich angepasst haben oder wieder ausgeschieden sind. Der von James Stewart gespielte junge Senator Jefferson Smith löst dieses Problem in Frank Capras Filmklassiker Mr. Smith Goes to Washington unter anderem durch eine Filibuster-Dauerrede. In der Realität funktionierte das jedoch nicht, weshalb die Simpsons die Ausgangslage 64 Jahre später praktisch unverändert übernehmen konnten.

82 Prozent der Amerikaner dafür

Für die Gegner einer Amtszeitbegrenzung sprach die in Japan geborene demokratische Senatorin Mazie Hirono aus Hawaii. Ihrer Meinung nach sollte man Amtszeitbegrenzungen "dem Wähler überlassen".

Dass Cruz' Vorstoß auf die für einen Verfassungszusatz notwendigen Mehrheiten kommt, scheint angesichts des Widerstandes von Hirono und anderen Demokraten und Republikanern eher unwahrscheinlich. Neben Zweidrittelmehrheiten in beiden Kongresskammern wäre dazu nämlich auch eine Ratifizierung durch drei Viertel der Bundessstaaten innerhalb von sieben Jahren nötig.

In einer Volksabstimmung hätte der Vorschlag bessere Chancen: Bei einer McLaughlin-Umfrage sprachen sich nämlich 82 Prozent der Amerikaner für die Begrenzung der Amtszeiten von Kongresspolitikern aus. Für 79 Prozent der Wähler ist das wichtig, für 54 Prozent sogar sehr wichtig.

Deutschland: Nicht einmal "dem Wähler überlassene" Amtszeitbegrenzungen

In Deutschland gibt es bislang nur Amtszeitbegrenzungen für berufsmäßige erste Berufsbürgermeister und Landräte. Kanzler können sich dagegen ebenso oft wiederwählen lassen wie Abgeordnete, obwohl sich auch unter den Deutschen 60 Prozent für eine Amtszeitbegrenzung ihres Regierungschefs aussprechen (vgl. Verfassungsumgehende vierte Amtszeit für Morales?).

Mazie Hironos Argument, dass man Amtszeitbegrenzungen "dem Wähler überlassen" soll, greift hier nur bedingt, weil sich deutsche Wähler mit der entscheidenden Zweitstimme nur die Wahl zwischen Listen haben, die die Parteien vorher intern aufstellten. Dort finden sich vor allem Berufspolitiker, die sich in "Ochsentouren" parteiintern hochgedient haben. Viele Bürger meiden deshalb die organisierte Politik auch dann, wenn sie sich gut als Volksvertreter eigenen würden, und warten stattdessen heute oft in Blogs und Sozialen Medien mit politischen Stellungnahmen und Vorschlägen auf (vgl. Warum keine Wahl mit freier Namenseingabe? und Warum keine Minusstimme?).

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