Atomkraft: Immer Ärger mit dem EPR

AKW Flamanville. Bild: EDF

Der neue EPR-Atomreaktor im französischen Flamanville wird nicht vor 2022 ans Netz gehen. Ob das überhaupt noch geschieht, wird immer fraglicher

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es war nicht anders zu erwarten, doch nun ist klar, dass der sogenannte "Europäischen Druckwasserreaktor" (EPR) im französischen Flamanville wegen neuer Probleme weiterhin nicht ans Netz gehen wird. Die französische Atomaufsicht (ASN) hatte zum vergangenen Wochenende mitgeteilt, dass acht längere Schweißnähte in der Stahlhülle des EPR in Flamanville (Normandie) undicht seien und neu geschweißt werden müssen.

Das hört sich simpel an, doch das ist es keinesfalls. Denn die dicke Betonummantelung um den Reaktor muss dazu mindestens teilweise abgetragen werden. Wie lange eine solche Reparatur dauert, ist völlig unklar. Vor 2022 wird jedenfalls nichts aus einer Inbetriebnahme. Doch eigentlich sollte der EPR schon seit 2012 Strom liefern. Ob er das jemals tun wird, wird immer fraglicher.

Und so erklärt sich, wie hier bereits dargelegt, warum der Kraftwerksbetreiber EDF sich weiter ziert, die beiden Uraltmeiler am Oberrhein in Fessenheim endlich abzuschalten. Immer wieder gab es dazu Versprechungen und Ankündigungen, dann kam es kürzlich zum Eklat, weil wegen der Flamanville-Probleme die Abschaltung 2020 wackelt.

Präsident Emmanuel Macron erklärte nun, die neuen Probleme in Flamanville änderten nichts an dem Beschluss, Fessenheim im kommenden Jahr definitiv abzuschalten. Damit bestätigte er die Ankündigung von Premierminister Edouard Philippe. Der hatte zuvor erklärt: "Diese Regierung wird das Kraftwerk Fessenheim bis Ende 2020 schließen."

Wie das aber geschehen soll, wenn sich die EDF weigert, bleibt fraglich. Aber vielleicht macht der Staat endlich von seinem Gewicht Gebrauch, schließlich hält er 85% der Anteile an dem Konzern und weist die hohen Forderungen nach Entschädigungen für Meiler ab, die längst über 40 Jahre laufen. Allerdings würde damit klar, wird nun gegen die Konzernspitze durchgedrückt, dass man längst die beiden Schrottmeiler hätte abschalten können, wenn es den politischen Willen dazu gegeben hätte. Das Problem ist nur, dass Frankreich, ohne den Strom aus Flamanville und Fessenheim noch näher an den Blackout rückt, vor dem das Land praktisch jeden Winter steht.

Frankreich hat die Energiewende verschlafen und setzt weiter auf Dinosaurier wie Atomkraftwerke. Doch die einst geplante Renaissance der Atomkraft (siehe auch: Frankreich: "30 bis 40 neue EPR-Reaktoren bis 2050!") will einfach nicht gelingen. Ein dringendes und schnelles Umsteuern auf erneuerbare Energiequellen wäre nötig, damit der Ausfall des Stroms aus Fessenheim im kommenden Jahr aufgefangen werden kann. Stattdessen wird im Land schon darüber debattiert, den versprochenen Ausstieg aus der Kohle zu verschieben. Eigentlich sollten bis 2022 alle Kohlekraftwerke abgeschaltet werden.

Auch in Frankreich werden angesichts des EPR-Fiaskos immer kritischere Stimmen laut. Immer mehr Menschen stellen fest, wie die renommierte Zeitung Le Monde, dass man sich im Atomstromland in eine "Sackgasse" manövriert hat. Auch die Anleger der EDF verlieren ihr Vertrauen in den hochverschuldeten Atomkonzern. Der Kurs der EDF-Aktie verlor nach Bekanntwerden der neuen Probleme erneut deutlich an Wert. Er ist innerhalb eines Jahres schon um 17% gesunken.

Eigentlich wäre nun wahrlich der Zeitpunkt gekommen, den EPR zu einer teuren Ruine zu erklären und ganz aus dem Wahnsinn auszusteigen. Ursprünglich sollte er 3,5 Milliarden Euro kosten, die Kosten sind inzwischen auf 11 Milliarden angewachsen und die neue Reparatur wird erneut dazu führen, dass die Kosten weiter explodieren. Das Geld wäre in erneuerbaren Energien, mit Backup über Gaskraftwerke, besser angelegt und damit wäre die Stromversorgung längst sichergestellt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Inhalt geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Das Festhalten an dem EPR in Flamanville bedeutet zudem, an einem hohen Risikopotential festzuhalten. Es sei daran erinnert, dass in Flamanville ein Reaktorbehälter verbaut ist, dessen Deckel nach einigen Jahren überprüft werden muss, da er Materialschwächen aufweist.

Vom Boden, bei dem ähnliche Probleme vorliegen, wird gar nicht erst gesprochen, da es illusorisch ist, erneut an ihn heranzukommen. Anstatt weitere Milliarden in eine Totgeburt zu versenken, sollte den Franzosen endlich reiner Wein eingeschenkt werden und der EPR wieder abgerissen werden, statt gutes Geld schlechtem hinterher zu werfen.