Post aus Japan: Die G20 und Nippons Anspruch des Umweltpioniers

Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe hat der Welt einen Gefallen getan und Umweltfragen auf die Tagesordnung des G20-Gipfels gesetzt. Nur sollte er besser seine Hausaufgaben daheim erledigen.

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Straßenverkehr in Japan

Verkehr in Japan.

(Bild: dpa, Kimimasa Mayama)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Propaganda und Realität stehen in der Regel auf Kriegsfuß. In Sachen Umwelt- und Klimaschutz trifft dies auch auf Japan zu. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe beispielsweise nutzt seine Gastgeberrolle für den G20-Gipfel, um sein Land als Pionier der Nachhaltigkeit zu präsentieren.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Wenn die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer sich am Freitag und Sonnabend in Osaka treffen, sind Umwelt- und Klimafragen eines ihrer vier Hauptgesprächsthemen. Zusätzlich wirbt Abe dafür, eine Wasserstoffwirtschaft aufzubauen. Dafür hat er bei der Internationalen Energieagentur einen Bericht in Auftrag gegeben, der Wasserstoff dieses Mal vor dem Durchbruch sieht.

Außerdem präsentiert er Japans Plan zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen, ein Meilenstein beim Klimaschutz..., oh nein, ein Meilenstein ist der Plan nicht, sondern eher ein klimapolitischer Offenbarungseid. Es beginnt schon damit, dass Japan seinen Plan erst jetzt vorlegt.

Schlimmer ist allerdings noch, dass die Regierung den Zeitgewinn nicht dazu genutzt hat, besonders ambitionierte Ziele auszuarbeiten. Das Gegenteil ist der Fall: Japans Plan ist "höchst unzureichend", wenn die Erderwärmung auf zwei, geschweige denn 1,5 Grad beschränkt werden soll, urteilen die drei Institute, die den "Climate Action Tracker" betreiben.

Es beginnt beim Energiemix. Japan beschreibt dabei einfach seine Energiestrategie, die massiv auf Atom- und Kohlekraftwerke für eine hohe Grundlast setzt. Für 2030 peilt die Regierung 20 bis 22 Prozent Atom- und 26 Prozent Kohlestrom an. Der Rest verteilt sich auf Gas (27 Prozent), Öl (3 Prozent) und erneuerbare Energien (22 bis 24 Prozent).

Japans Klimaplan sieht nun nicht etwa vor, die Kohleverstromung rasch zu beenden. Stattdessen hat die Regierung lediglich beschlossen, den Nettoausstoß von Treibhausgasen "so früh wie möglich in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts" zu erreichen.

Doch nicht einmal die mittelfristigen Ziele sind sonderlich ehrgeizig. Bis 2030 will Japan seine Kohlendioxidemissionen um 26 Prozent senken. Allerdings wählte die Regierung 2013 als Bezugsjahr, als die Emissionen nach der Abschaltung aller Atomkraftwerke den traurigen Höhepunkt erreichten.

Das zögerliche Verhalten überrascht mich immer wieder. Schließlich befinden sich die meisten industriellen Zentren des Landes an der Küste. Aber die Regierung ist offenbar nicht willens, der Gesellschaft harte Emissionsziele zu verordnen, sondern will es allen Lobbys recht machen. Dabei wäre Japan mit seiner hohen Innovationskraft und der breiten Basis an Technikkonzernen wahrscheinlich besser in der Lage, der Welt bei einer Energiewende zu helfen als die meisten anderen Länder der Welt.

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