Taz-Redakteur: Sprachrohr von EZB und Bundesbank?

Der Monsanto-Artikel sorgte für Aufregung, dabei ging es vor allem darum, was es bedeutet, wenn Zentralbanken neues Geld "drucken" oder "schaffen"

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Der am Montag bei Telepolis veröffentlichte Artikel, wie die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesbank die Übernahme des Pestizidkonzerns Monsanto mit öffentlichen Geldern subventioniert haben (Kauf von Monsanto mit Steuergeldern finanziert), schlug hohe Wellen - in Form von parlamentarischen Anfragen, bei Twitter und in Blogs. Auch in der Frankfurter Bankenwelt kursierte er, schließlich will sich am 30. Juni Bundesbankchef Jens Weidmann zum Nachfolger Mario Draghis küren lassen.

Zunächst meldete sich bei mir, der Autorin, EZB-Sprecher William Lelieveldt und stellte mir seine Sicht des CSPP-Programms vor, mit dem die Anleihen der Bayer AG gekauft worden sind. Mit ihm hatte ich in Verbindung gestanden, da ich eine Woche vorher bei der EZB Informationen über den mit "Steuergeldern" getätigten Aufkauf von Bonds der Bayer AG beantragt hatte. Er hatte sich an dieser Formulierung nicht gestört, jetzt aber protestierte er heftig dagegen - dass "Steuergelder" die Übernahme Monsantos mitfinanziert hätten. Weder die EZB noch andere Zentralbanken finanzieren sich mit Steuergeldern, sondern erfinden ("create") Geld, das sie verleihen.

Es folgte eine Email von Peter Trautmann, stellvertretender Zentralbereichsleiter Kommunikation der Bundesbank mit "einigen Anmerkungen". Auch er wies darauf hin, keine "Steuergelder", sondern "frisches Notenbankgeld" verwendet zu haben. Und er bot mir an, mir "in Zukunft bereits vor dem Verfassen von Artikeln Informationen zukommen" zu lassen. Ich nahm dankend an und erinnerte ihn daran, dass ich immer noch auf meinen Antrag auf Information und auf ihre Risikoanalyse des Bayer-Deals warten würde.

Schließlich meldete sich Peter Ehrlich, Communications Adviser der EZB, bei der Telepolis-Redaktion und brachte mögliche "juristische Auseinandersetzungen" ins Spiel. Diese sah für einen Widerruf keinen Anlass, bot aber an, eine Stellungnahme der Bank abzudrucken und eine öffentliche Auseinandersetzung anzustoßen. Die Bank hat bis heute nichts geschickt. Und auch meine Anträge auf detaillierte Information und die Überlassung ihrer Risikoanalyse warten, wie gesagt, auf Beantwortung.

Gelderschaffung aus dem Nichts

Stattdessen erschien in der Taz ein Artikel, der meine Recherche als "falschen Bericht" bezeichnete (Falscher Bericht über Monsanto-Kauf): "Den Monsanto-Deal haben weder Bund, Länder noch Kommunen mit auch nur einem Cent finanziert." Wie kommt die taz zu einer Aussage, die sie dann später selbst widerruft? Der Anleihekauf der Bayer-Anleihen im Zusammenhang mit der Übernahme von Monsanto mit Billiggeld von EZB und Bundesbank (dort liegen die Anleihen) wird von allen Seiten bestätigt. Es folgen lobende Worte für das CSPP-Programm, wie sie auch die EZB nicht besser hätte finden können, sowie wieder die Ansicht der EZB, dass es nicht um "Steuergelder" gehe. taz: "Wenn die Bundesbank die Anleihen kauft, erschafft sie Geld aus dem Nichts. Klick. Was Zentralbanken halt so machen. Die Steuerzahlenden investieren dabei keinen müden Cent in Bayer."

Das ist Unsinn, höflich ausgedrückt. Das von Zentralbanken sowie der EZB ausgegebene Geld ist öffentliches Geld; sie müssen über die Vergabe der Öffentlichkeit gegenüber Rechenschaft ablegen. Warum werden mit diesen öffentlichen Finanzmitteln nicht der Mittelstand gefördert, die Respektrente finanziert, das europäische Bildungssystem reformiert? Warum erhalten die Großkonzerne - und an fast allen ist BlackRock beteiligt - dieses Billiggeld? Bedingung ist, dass sie eine gewisse Bonität aufweisen, also ein Gütesiegel der US-Rating-Agenturen wie Standard&Poors oder Moodys. Wo bleiben europäische Interessen, wenn man Investitionen von der Meinung von privaten US-Firmen abhängig macht? Ersetzt sie eine eigene Risikoanalyse und eine Interessenabwägung? Es scheint so zu sein, und das ist der Skandal.

Jedes Schulkind weiß - folglich sollte es auch der taz bekannt sein -, dass durch die Ausgabe neuer Zahlungsmittel die Geldmenge erhöht wird, und dies betrifft jeden Steuerzahler, er merkt es an den Preisen. Zahlt Bayer die Anleihen nicht zurück - und im Moment spricht vieles dafür -, dann haftet nicht Jens Weidmann, sondern der Steuerzahler. Um es noch klarer zu sagen: Die beim Kauf der Bayer-Anleihen verwendeten Gelder sind öffentliche Finanzmittel, für die der Steuerzahler haftet.

Die taz hat das Narrativ der Finanzjongleure übernommen, wenn sie eine Win-Win-Situation konstruiert, unter dem Motto: Die schöpfen aus dem Nichts, nehmen also niemandem etwas weg - und wenn sie gewinnen und die Zinsen zurückgezahlt werden, dann leiten sie das an den Finanzminister weiter. Verlieren sie, so ihre Logik, habe niemand einen Schaden.

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Auch das ist Unsinn. Seit fast 30 Jahren warnen die Finanzexperten davor, dass über die Börsen und ihre exotischen und nicht zu kontrollierenden Finanzinstrumente eine globale Geldmenge - Buchgeld, also auch fast aus dem "Nichts" geschöpft - entstanden ist, die in keinerlei Relation zur realen Wirtschaft steht und ihre produktiven Teile sogar behindert. Zu diesen privaten Geldschöpfern hat sich nun auch die EZB gesellt, die offensichtlich nichts mehr kontrollieren will und selbst mit Geld, öffentlichem Geld, um sich wirft - Hauptsache BlackRock und die US-Ratingagenturen geben grünes Licht.

In einem Punkt allerdings, muss ich gestehen, haben mich EZB und taz überzeugt. Angesichts der behaupteten risikolosen Win-Win-Situation habe ich heute beschlossen, mir einen Farbkopierer zu leasen und Geldscheine zu drucken. Ich werde niemandem etwas stehlen, klaue keiner Oma die Tasche, sondern erschaffe "aus dem Nichts Geld". Das leihe ich Attac, der Umwelthilfe und alternativen Medien oder wem immer auch. Zahlen sie nicht zurück, hat niemand etwas verloren, das Geld kam ja aus dem Nichts, nicht von einer beklauten Oma. Und wenn sie die Anleihe zurückzahlen, dann führe ich diesen Gewinn natürlich an das Finanzamt ab. Win Win.

Die Autorin hat gerade ihren Dokumentarfilm über "Geld oder Money - der Tyrannosaurus Rex in der Pampa" ins Netz gestellt.

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