"Grober Eingriff in Chinas innere Angelegenheiten"

Der Abrams-M1A2T-Kampfpanzer ist eine Exportversion des M1A2C. Bild: United States Army.

Nachdem Mike Pompeo die Lieferung von Panzern an Taiwan genehmigte, hat das chinesische Außenministerium die Amerikaner aufgefordert, das Geschäft "sofort rückgängig zu machen"

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Das vom ehemaligen CIA-Direktor Mike Pompeo geleitete amerikanische Außenministerium hat die Lieferung von 108 Abrams-M1A2T-Kampfpanzern und einer Reihe weiterer Rüstungsgüter an Taiwan genehmigt. Zur Begründung führte das Ministerium an, Taiwan befördere die "politische Stabilität", das "militärische Gleichgewicht" sowie den "wirtschaftlichen Fortschritt in der Region", mit dieser Lieferung könne sich die Insel besser vor "gegenwärtigen und künftigen regionalen Risiken" schützen. Das diene dann auch den Sicherheitsinteressen der USA.

Dass der US-Kongress gegen das 2,2-Milliarden-Dollar schwere Rüstungsgeschäft (das auch die Wartung und Reparatur der Fahrzeuge umfasst) bis zum Fristablauf am 7. August Bedenken erhebt, gilt als unwahrscheinlich, weil sich dafür weder im Senat noch im Repräsentantenhaus Mehrheiten abzeichnen. Wer dagegen Bedenken äußerte, war der chinesische Außenministeriumssprecher Geng Shuang.

"Schwerer Verstoß gegen das Ein-China-Prinzip"

Er forderte die Amerikaner gestern auf, das Geschäft "sofort rückgängig zu machen", weil es "internationales Recht" und die "grundlegenden Normen internationaler Beziehungen" verletze und ein "schwerer Verstoß gegen das Ein-China-Prinzip" und die drei USA-China-Kommuniques sowie ein "grober Eingriff in Chinas innere Angelegenheiten" sei. Außerdem untergrabe es "Chinas Souveränität und Sicherheitsinteressen". Ihre "große Unzufriedenheit" mit dem Deal habe die Volksrepublik auch über die offiziellen diplomatischen Kanäle "energisch" übermittelt.

Hintergrund der chinesischen Sicht ist ein territorialer Anspruch auf die Insel, die bis ins 17. Jahrhundert ausschließlich von austronesischen Ureinwohnern besiedelt war, welche teilweise Kopfjäger waren. 1624 gründeten die Niederländer dort eine Kolonie, die nach der Eroberung durch einen chinesischen Piraten 1683 vom chinesischen Kaiserreich übernommen und von Han-Chinesen besiedelt wurde. 1895 besetzte Japan die Insel und behielt sie bis zu seiner Niederlage im Zweiten Weltkrieg.

"Republik China"

1949 zog sich die gegen Mao unterlegene nationalchinesische Kuomintang-Partei mit eineinhalb Millionen Flüchtlingen auf die Insel zurück und errichtete dort in Konkurrenz zum kommunistischen Festlandchina eine "Republik China", die bis in die 1970er Jahre von den meisten westlichen Ländern als offizielle politische Vertretung Chinas anerkannt wurde.

Die KMT beherrschte Taiwan bis zum Jahr 2000, als die DPP, die mit einer stärker auf eine Eigenständigkeit ausgerichtete Politik für sich warb, erstmals eine Präsidentschaftswahl gewann. China reagierte auf die Wahlsiege der DPP mit einem Gesetz gegen Sezession, das für den Fall einer Unabhängigkeitserklärung Taiwans mit militärischen Mitteln droht.

Der damals von der DPP gestellte Präsident Chen Shui Bian beruhigte China und die USA mit einer "Politik der fünf Nein". Sie verspricht, dass Taiwan auf eine Unabhängigkeitserklärung verzichtet, kein Referendum darüber abhält, die offizielle Bezeichnung "Republik China" beibehält, an einer Wiedervereinigung als Ziel formal festhält und die Beziehungen mit der Volksrepublik offiziell nicht als Außenpolitik laufen lässt. An dieser Politik hielten auch seine Nachfolger Ma Ying Jeou und Tsai Ing Wen fest.

Taiwan Relations Act von 1979 garantiert der Insel Versorgung "mit Waffen defensiven Charakters"

Als Jimmy Carter vor 40 Jahren offiziell die Volksrepublik (und nicht mehr die "Republik China") als Rechtsnachfolger des Chinesischen Kaiserreiches anerkannte, verabschiedete der US-Kongress den Taiwan Relations Act, der sicherstellen soll, dass die Insel "mit Waffen defensiven Charakters" beliefert wird. Diese Selbstverpflichtung sieht Washington (anders als Peking) nicht im Widerspruch zur Ein-China-Position.

Aktuell verfügen die Streitkräfte Taiwans über 376 amerikanische M60-Kampfpanzer, 550 M48-Kampfpanzer, 230 M24-Aufklärungspanzer und 675 leichte M41-Panzer. Alle diese Modelle sind mehr oder weniger stark veraltet. Letzteres könnte man allerdings auch von den M1A2-Panzern behaupten, von denen Generalleutnant John M. Murray bei einer Senatsanhörung 2017 meinte, er "glaube nicht, dass wir noch ein Übergewicht haben". Konkurrenzangeboten wie dem israelische Merkava und dem russischen T-90 komme der M1A2 nämlich lediglich "nahe". Der inzwischen in Dienst gestellte neue russische T-14 Armata dürfte ihm sogar überlegen sein.

Auf der Suche nach Ersatz für die M60 und die M48 holte Taiwan neben einem Angebot für die M1A2-Panzer auch solche für israelische Merkava, britische Challenger, deutsche Leopard 2A6 und französische AMX-56 Leclerc ein. Dass man sich schließlich für die Amerikaner entschied, könnte auch damit zu tun haben, dass diese am überzeugendsten geltend machen konnten, diplomatischem Druck aus der Volksrepublik standzuhalten und wirklich zu liefern.

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