Nach F-35-Lieferstopp-Strafe: Russen bieten Türkei Kampfflugzeuge an

Die Suchoi Su-57. Foto: Maxim Maksimov. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Ankara hat angeblich bereits Interesse an den Su-57-Tarnkappenjets von Suchoi signalisiert

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Letzte Woche begann die Lieferung des russischen Luftabwehrsystems S-400 an das NATO-Land Türkei (vgl. S-400: Erdogan trotzt den USA und der Nato). Der designierte amerikanische Verteidigungsminister Mark Esper bezeichnete das Beharren Ankaras auf dieser Lieferung als "falsch und enttäuschend".

US-Präsident Donald Trump gab sich verständnisvoller und meinte, frühere Administrationen hätten der Türkei zu lange das amerikanische Konkurrenzsystem Patriot faktisch verweigert, aber nun könne man dem Land halt nicht die F-35-Kampfflugzeuge liefern, an deren Bau es eigentlich beteiligt werden sollte (vgl. F-35 oder S-400: Ein amerikanisch-türkisch-russisches Rüstungsgerangel).

Als Grund dafür gibt die US-Administration an, dass ein mit viel IT ausgestattetes System wie S-400 Informationen über Kampfflugzeuge sammelt, von denen man nicht möchte, dass sie in die Hände des S-400-Herstellers gelangen. Um Washington zu beruhigen, hatte Ankara angeboten, S-400 nur dort einzusetzen, wo keine F-35 fliegen. Den Amerikanern reichte das jedoch nicht.

Sie argumentierten, das russische Raketenabwehrsystem mit dem NATO-Codenamen "SA-21 Growler" könne die Verteidigungsfähigkeit des Militärbündnisses aus dem Kalten Krieg schon alleine dadurch beeinträchtigen, dass es mit der IT eines NATO-Landes verbunden wird. Das US-Kompromissangebot, von Sanktionen abzusehen, wenn sich die Türkei verpflichtet, S-400 nach der Lieferung gar nicht zu verwenden, war wiederum dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu schlecht.

Überlegen oder "weit entfernt von einer Kampfbereitschaft"?

Für den Fall, dass die US-Administration Ende Juli auch formell beschließt, der Türkei die F-35-Kampfflugzeuge zu verweigern, hat der stellvertretende russische Ministerpräsident Juri Borissow Ankara gestern öffentlich den Kauf russischer Kampfflugzeuge angeboten. Wenn es sich dabei um Ersatz für die F-35 handeln soll, kämen dafür wohl weniger die von Algerien gekauften Suchoi Su-34 oder die von China und Indonesien bestellten Suchoi Su-35 infrage, sondern die neuen Tarnkappenjets Su-57, die erstmals im Syrienkrieg eingesetzt wurden.

Dem russischen Industrie- und Handelsminister Denis Manturow zufolge hat die Türkei bereits Interesse daran signalisiert - ebenso wie Indien und der Iran. Medienberichten nach soll ihr Stückpreis beim Verkauf an das russische Militär unter 30 Millionen Euro liegen. Im Export wird sie wahrscheinlich teurer werden. Eine F-35 kostet aber etwa drei Mal so viel.

In einem Quartettspiel, in dem nur angegebene Leistungsdaten zählen, könnte eine Su-57 gegen eine F-35 gewinnen. Ob sie in der Realität überlegen oder unterlegen ist, ist offen. NATO-nahe Medien berichten von Problemen mit den Triebwerken, dem Bombenabwurf bei Überschallgeschwindigkeit und der Integration von Radardaten. Beim Business Insider heißt es sogar, das Flugzeug sei deshalb noch "weit entfernt von einer Kampfbereitschaft".

Türkische TF-X soll 2028 fertig und "das beste Jagdflugzeug in Europa" werden

Langfristig möchte die Türkei aber ohnehin einen eigenen Kampfjet einsetzen: Turkish Aerospace stellte im Juni auf der internationalen Luftfahrtschau in Le Bourget ein Kunststoffmodell eines neuen Kampfflugzeuges vor, das TF-X heißen, 2028 serienreif sein und dem CEO des Staatsunternehmens nach "das beste Jagdflugzeug in Europa" werden soll (vgl. Deutsch-französisch-spanisches "Luftkampfsystem der Zukunft"). Bei einem so ambitionierten Projekt käme etwas Technologietransfer wahrscheinlich nicht ungelegen - egal, ob es sich dabei um Entwicklungen von Suchoi oder von Lockheed Martin handelt.

Das gilt auch für Luftabwehrsysteme. Inzwischen gibt es Berichte, dass die militärisch ambitionierte Staatsführung in Ankara erwägt, das amerikanische Patriot-Luftabwehrsystem zusätzlich zum russischen S-400 zu kaufen. Esper hat das zwar ausgeschlossen - aber der designierte Verteidigungsminister ist nicht der Präsident. Und sowohl der Patriot-Hersteller Raytheon als auch der F-35-Hersteller Lockheed Martin (der den Angaben von Donald Trump nach "nicht gerade glücklich" mit dem angedrohten Lieferstopp an die Türkei ist) haben ein Interesse daran, möglichst viele ihrer Rüstungsgüter zu exportieren.

Deshalb könnte es sein, dass sich im Falle eines ergänzenden Kaufs des Patriot-Systems durch Ankara die amerikanischen Bedenken eines Betriebs von F-35 in einem Land mit S-400 verringern. Vielleicht sogar so sehr, dass die Türkei die F-35 doch noch geliefert bekommt.

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