US-Abgeordnete wollen wissen, ob Lyme-Borreliose durch Biowaffenexperimente entstanden ist

Gemeiner Holzbock. Bild: Richard Bartz/CC BY-SA-2,5

In dem vom Repräsentantenhaus beschlossenen Pentagon-Haushaltsgesetz wird eine Überprüfung gefordert, ob im Kalten Krieg an Insekten als Biowaffen gearbeitet wurde

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Das Haushaltsgesetz für das Pentagon ist noch nicht verabschiedet. Das Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten eine Mehrheit haben, und der Senat haben ihre Version verabschiedet. Es dürfte noch einiges verändert werden, um eine gemeinsame Version zu finden, die dann US-Präsient Donald Trump vorgelegt wird. In den Entwurf des Repräsentantenhauses hat der demokratische Abgeordnete Chris Smith von New Jersey mit Unterstützung des Demokraten Collin C. Peterson und des Demokraten Andy Harris einen Zusatz eingefügt, der vermutlich keine Chancen haben dürfte, auch im Senat durchzugehen, aber doch Aufsehen erregt hat.

Smith fordert in dem Zusatz, dass der Generalinspektor des Verteidigungsministeriums überprüft, ob das Pentagon in den Jahren zwischen 1950 und 1975 mit Zecken und anderen Insekten als Biowaffen experimentiert hat. Wenn dies geschehen ist, dann sollen die Ausmaße der Forschung untersucht und berichtet werden, ob Zecken versehentlich oder absichtlich aus dem Labor freigesetzt wurden.

Hintergrund ist, dass Smith vermutet, dass die von Zecken übertragene und von Borrelia burgdorferi verursachte Infektionskrankheit Lyme-Borreliose aus den militärischen Labors stammen könnten. New Jersey sei davon besonders betroffen, insbesondere Kinder. Jährlich könnte es in den USA, wie die CDC vermuten, 300.000 Erkrankungen und mehr geben, Tendenz ansteigend. Behandelt wird sie meist mit Antibiotika.

In der Nähe von Plum Island wurden erstmals die Borrelia-Bakterien nachgewiesen

In Verdacht hat Smith das Plum Island Animal Disease Center auf Plum Island, in der Nähe von Long Island, das offiziell unter dem Landwirtschaftsministerium seit den 1950er Jahren hochinfektiöse Tierkrankheiten wie die Maul- und Klauenseuche untersuchte. Versuchstiere wie Kühe oder Schweine wurden mit Krankheiten infiziert und Impfmittel getestet. Gut möglich, dass man auch erforschen wollte, wie Erreger gefährlicher gemacht werden können (Der biologische Krieg könnte zuerst in der Landwirtschaft stattfinden). So wurde 2002 bekannt, dass das Pentagon nichttödliche biologische Waffen zu entwickeln suchte. Seit 2003 gehört es zum Heimatschutzministerium, die Insel soll nun verkauft werden.

Weil der Zugang zu Plum Islands mit seinen Hochsicherheitslaboren streng überwacht wurde und man dem Pentagon und den US-Geheimdiensten in der Zeit einiges zutraute, was auch Menschenversuche etwa bei Atomwaffentests oder wie bei MK ULTRA der CIA einschließt, und auch an biologischen Waffen wie Anthrax im Fort Detrick in Maryland forschte, fiel der Verdacht auch auf die Aktivitäten, die auf der Insel stattfanden.

Smith geht überein mit Verschwörungstheorien, die seit Jahrzehnten zirkulieren und Plum Island zum Ausgangsort von Krankheiten machen wie Borreliose oder Westnilvirus. Einige Bücher scheinen zu belegen, dass auf Plum Islands auch mit Zecken und anderen Insekten gearbeitet wurde und dass der Erreger von Lyme-Borreliose hier entwickelt wurde. Der Name rührt von dem Ort Lyme, gegenüber von Plum Island, wo 1975 zuerst Zeckenstiche mit dem Auftreten von Borreliose beschrieben wurde. Der Bakteriologe Willy Burgdorfer hat 1981 erstmals die entdeckten Borrelia-Bakterien nachgewiesen, die deswegen Borrelia burgdorferi genannt wurden. Epidemisch verbreitet hatte sich die Lyme-Borreliose vor 40 Jahren und ist die häufigste Infektionskrankheit in Nordamerika.

Bestärkt wurde Smith durch das im Mai veröffentlichte Buch "Bitten: The Secret History of Lyme Disease and Biological Weapons" von Kris Newby. Sie versucht das auch anhand eines Interviews mit Willy Burgdorfer zu belegen. Der soll erzählt haben, dass er an Biowaffen forschte, die von Insekten übertragen werden, und dass Lyme-Borreliose möglicherweise durch ein militärisches Experiment freigesetzt wurde. Offenbar wurde auf Plum Island tatsächlich über die Übertragung von Pathogenen mit Insekten geforscht. Ob mit Zecken ist aber nicht bekannt.

Epidemisches Aufkommen vor 40 Jahren

Möglich wäre, dass versucht wurde, das Bakterium infektiöser zu machen. Das Bakterium ist nach einer Studie, die die evolutionäre Geschichte von B. burgdorferi in Nordamerika anhand des Genoms untersuchte, weit verbreitet und gab es bereits vor 20.000 Jahren. Die Forscher vermuten, dass das epidemische Aufkommen der Lyme-Borreliose nicht mit einer evolutionären Veränderung, sondern mit dem Klimawandel und veränderter Landnutzung zu tun hat. Eine Studie will genetisch nachgewiesen haben, dass die Bakterien vermutlich in Europa entstanden sind. So wurden auch beim Ötzi, der vor über 5000 Jahren gelebt hat, Borrelia burgdorferi gefunden.

Schon 1990 hatten Wissenschaftler Zecken in Museen nach der Präsenz von DNA von B. burgdorferi untersucht. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Bakterien schon einige Zeit vor dem Bekanntwerden der Krankheit bei Tieren in den USA vorhanden waren. Einer der Autoren erklärte zu Smith jetzt, dass dann, wenn veränderte Bakterien aus dem Labor gekommen wären, man dies auf einen einzigen Ursprung zurückführen könnte. Das sei aber nicht der Fall. Die Ausbreitung von Lyme-Borreliose führt er auf das Wachstum der Wälder zurück.

Das Heimatschutzministerium versichert, dass die im Plum Island Animal Disease Center untersuchten Krankheiten nicht auf den Menschen übertragbar seien. Zu Lyme-Borrelose forsche man nicht und habe dies auch nicht gemacht. Es finde auch keine geheime Forschung statt.

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