OLG Düsseldorf kippt Mischpreissystem bei der Regelenergie

Symbolbild: TP

Die Übertragungsnetzbetreiber dürfen Mischpreisverfahren im Regelenergiemarkt nicht mehr anwenden und müssen zum Leistungspreisverfahren zurückkehren. Drohende Blackouts wie im Juni könnten damit der Vergangenheit angehören

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Das im Oktober 2018 eingeführte Mischpreisverfahren, das einerseits für die Preissteigerungen im Regelenergiemarkt und andererseits auch für die drei Beinahe-Black-Outs im Juni 2019 verantwortlich gemacht wurde, ist inzwischen schon wieder Geschichte. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat der Klage der Next Kraftwerke entsprochen und das Mischpreisverfahren am Regelenergiemarkt aufgehoben. Das OLG Düsseldorf hat am 22. Juli 2019 die Beschlüsse der Bundesnetzagentur zur Änderung der Ausschreibungsbedingungen für Sekundärregelleistung (Az. BK6-18-019) und Minutenreserve (Az. BK6-18-020) aufgehoben.

Next Kraftwerke hatte schon direkt nach der Einführung im Juli 2018 begleitet von der Kanzlei Osborne Clarke gegen das Mischpreisverfahren geklagt und damit zunächst auch einen Aufschub der Einführung erzielt. Im Oktober 2018 lief dann diese aufschiebende Wirkung jedoch aus.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) nahm zu dieser Entwicklung wie folgt Stellung: ″Wir haben die Übertragungsnetzbetreiber aufgefordert, schnell zum Leistungspreisverfahren zurückzukehren.″ Damit lebt das bis September 2018 gültige Ausschreibungsverfahren auf Basis von Leistungspreisen wieder auf. Damit scheint klar, dass die BNetzA die Entscheidung des OLG akzeptieren und nicht in Berufung gehen wird.

Einführung des Mischpreisverfahrens sorgte für erhöhtes Black-Out-Risiko

Wenige Wochen nach Änderung des Marktdesigns führten niedrige Regelenergiepreise und Prognosefehler am 14. Dezember 2018 zu einem Ungleichgewicht von 5 GW in der Mittagsspitze. Diese konnte nur durch Abschaltung industrieller Großverbraucher ausgeglichen werden. Einen knappen Monat später kam es am 10. Januar 2019 gegen 21 Uhr europaweit zu einem Einbruch der Netzfrequenz auf 49,8 Hertz. Hier konnte letztlich nur die Abschaltung von 1,5 GW bei 22 französischen industriellen Großverbrauchern Schlimmeres verhindern.

Das Mischpreisverfahren, das neben dem Leistungspreis auch einen Arbeitspreis bei den Zuschlägen für Regelenergie beinhaltete, bevorzugte grundsätzlich konventionelle Anlagen, sorgte für steigende Preise im Regelenergiemarkt und drängte die Erneuerbaren aus diesem Markt. Die Erneuerbaren hatten in den vergangenen Jahren massiv dazu beigetragen, dass die Stromerzeugungskosten fielen.

Neben dem Kläger Next Kraftwerke begrüßte auch der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) die Entscheidung des OLG, das Mischpreisverfahren am Regelenergiemarkt mit sofortiger Wirkung wieder aufzuheben. ″Erneuerbare Energien werden auch in der Regelenergie konventionelle Kraftwerke zunehmend ersetzen. Deshalb ist es wichtig, dass die wettbewerblichen Rahmenbedingungen so ausgestaltet sind, dass die Erneuerbaren diese Aufgaben besonders mit Blick auf die steigende Flexibilisierung, etwa über Biogasanlagen, erfüllen können.

Das Mischpreisverfahren hingegen bevorzugt systematisch konventionelle Anlagen und ist teurer als das Vorgängermodell. Erneuerbare-Energien-Anlagen, die wesentlich zur Kostensenkung in den vergangenen Jahren beigetragen haben, werden aus dem Markt gedrängt. Besonders für Biogasanlagen bedeutet das Mischpreisverfahren eine erhebliche Verschlechterung der Marktbedingungen und führte deshalb bereits zu Marktaustritten. Zudem verursacht es erhebliche Mehrkosten für die Verbraucher. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist daher folgerichtig″, so die BEE-Präsidentin, Dr. Simone Peter".

Da das Mischpreisverfahren gegen die einschlägigen EU-Vorschriften verstieß, war seine Anwendung klar zeitlich limitiert. Es sollte im kommenden Jahr im Zuge der Einführung der Regelarbeitsmärkte wieder abgeschafft werden. Aufgrund des aktuellen Urteils gelten bis zur Einführung der Regelarbeitsmärkte entsprechend der einschlägigen europäischen Richtlinie jetzt wieder die im vergangene Jahr ausgehebelten Marktbedingungen.

War das Mischpreisverfahren für die Marktstörungen im Juni verantwortlich?

Da die Abrechnung der Stromlieferungen nicht unmittelbar nach der jeweiligen Lieferung erfolgt, benötigt die Suche nach den Verantwortlichen etwa zwei Monate nach den Vorfällen, was nun auf ein Ergebnis der Untersuchungen für Ende August hoffen lässt. Wie die BNetzA schon im Juli diesen Jahres erklärt hatte, sieht man die Verantwortung für die Marktturbulenzen nicht bei den Erneuerbaren. Die Tatsache, dass die BNetzA das Urteil des OLG akzeptiert, spricht dafür, dass man in Bonn mit dem Mischpreisverfahren auch nicht wirklich glücklich war.

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