Das EU-Parlament kann die Kommission noch ablehnen

Josep Borell. Bild: Spanische Regierung

Nach Ursula von der Leyen und Christine Lagarde wurde jetzt auch der Spanier Josep Borrell als EU-Außenbeauftragter abgenickt

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Alles läuft bisher wie beim EU-Sondergipfel Anfang Juli geplant, bei dem nach einem Kuhhandel die Besetzung höchster Posten in der EU bestimmt und gegen die gegebenen Versprechungen verstoßen wurde. Nun wurde, nachdem schon die umstrittenen Personalien Ursula von der Leyen als Präsidentin der EU-Kommission und Christine Lagarde als Chefin der Europäischen Zentralbank abgenickt wurden, auch offiziell der höchst umstrittene Spanier Josep Borrell als künftiger EU-Außenbeauftragter benannt.

Der geschäftsführende spanische Außenminister soll Federica Mogherini ablösen. Nachdem von der Leyen nach ihrer Bestätigung im Europaparlament der Ernennung Borrells schon zugestimmt hatte, habe der Rat der Mitgliedstaaten den entsprechenden Beschluss gefasst, teilte ein Sprecher am Montag in Brüssel mit.

Damit wird vermutlich ausgerechnet der wohl "undiplomatischste Diplomat" zum EU-Chefdiplomat gemacht, wie es nicht nur an dieser Stelle so dargestellt wurde. So schrieb gerade auch Politico vom Europe’s undiplomatic envoy (Europas undiplomatischer außenpolitischer Vertreter). Dazu zählt der Artikel einige der Fettnäpfchen auf, in die der "Diplomat" schon getappt ist.

"The 72-year-old Spanish Socialist has ruffled feathers in Moscow, Washington, Tel Aviv and London — not to mention in Catalonia." (" Der 72-jährige spanische Sozialist hat Moskau, Washington, Tel Aviv und London verärgert, ganz zu schweigen von Katalonien"). Und Euronews titelt: "Spanish socialist Josep Borrell, undiplomatic head of European diplomacy?" ("Der spanische Sozialist Josep Borrell, der undiplomatische Chef der europäischen Diplomatie?" Euractiv schreibt zu Borrell: "Er war wahrscheinlich die überraschendste Wahl - und wohl die kontroverse - im ganzen Führungsjob-Paket der EU."

Der Mann, der Russland einen "alten Feind" nennt und als "Bedrohung" bezeichnet, der Völkermorde in Amerika verniedlicht, der bei der Bekämpfung der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung auch mit weit rechts positionierten Propagandisten in einem Boot sitzt, hat auch so seine Probleme mit dem lieben Geld.

In Spanien wurde er verurteilt, weil er Insidergeschäfte gemacht hat. Er musste als Präsident des Europäischen Hochschulinstituts 2012 zurücktreten. Er hatte "vergessen" sein 300.000-Euro-Jahreseinkommen beim spanischen Abengoa-Konzern anzugeben, mit deren Aktien er später Insiderhandel trieb. Und dieser Mann, der auch in einen Spionageskandal in halb Europa verwickelt ist, soll also nun die EU als Chefdiplomat vertreten.

Damit Borrell diesen Posten zum 1. November antreten kann, muss allerdings noch das Europaparlament die gesamte künftige Kommission absegnen. Und hier besteht noch eine Chance, sowohl Borrell als auch von der Leyen noch zu verhindern.

Mit Borrell hat man den Abgeordneten viel Material an die Hand gegeben, um gegen die Kommission zu stimmen. Die Zustimmung hängt sicher auch von der allgemeinen Zusammensetzung ab, wo es immer wieder zu Streit kommt. Die weiteren 26 Kandidaten müssen sich nun bei der Kommissionspräsidentin vorstellen. Besetzt werden soll die Kommission in den kommenden fünf Jahre paritätisch mit Frauen und Männern, was zu weiteren Problemen im schwierigen Personalkarussell führen dürfte.

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