Der Verrat

Trump und Erdogan 2017. Bild: Weißes Haus

USA unterstützen Erdogans "Sicherheitszone" in Syrien - Ein Kommentar

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Lange hatten sich die USA unter Präsident Donald Trump geziert. Jetzt aber scheint man sich mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan handelseinig geworden zu sein und dessen Vorstoß für die Einrichtung einer von der Türkei mit kontrollierten "Sicherheitszone" im Norden Syriens zu unterstützen.

Das islamistisch-nationalistische AKP/MHP-Regime in Ankara droht seit Monaten damit, dem Einmarsch in den syrischen Regionen Al-Bab und Afrin eine massive Offensive zur Errichtung einer 30 bis 40 Kilometer tiefen türkischen Kontrollzone in Syrien jenseits der Grenze folgen zu lassen. Nach Informationen des türkischen Verteidigungsministeriums sind mittlerweile sechs US-Verbindungsoffiziere in der südosttürkischen Provinz Sanliurfa eingetroffen, um, wie es heißt, bei der Errichtung der sogenannten türkisch-US-amerikanisch kontrollierten Sicherheitszone zu helfen.

In Sanliurfa befindet sich auch das türkische Kommandozentrum, das die türkischen Streitkräfte im März 2019 für eine Offensive gegen die kurdischen Selbstverteidigungskräfte der YPG im Norden Syriens eröffnet hatten. Sanliurfa war in der Vergangenheit der Dreh- und Angelpunkt und das Durchlaufzentrum für die von der Türkei unterstützten islamistischen Terrormilizen in Syrien.

Die Entscheidung Trumps zur US-Unterstützung einer türkischen Sicherheitszone auf syrischem Hoheitsgebiet ist nicht nur eine gravierende Verletzung des Völkerrechts, sondern auch ein eklatanter Verrat an den kurdischen Verbündeten im Norden Syriens. Alle, die einst der Illusion verfangen waren, die USA handelten nicht nach eigenen geopolitischen Interessen in der Region, sondern seien eine Schutzmacht der Kurden im Nahen Osten, müssen sich bitter getäuscht sehen.

Eine Umsetzung der Kontrollzone der beiden NATO-Partner im Norden Syriens würde auch das Ende der kurdischen Selbstverwaltung bedeuten. In dem von der Türkei beanspruchten Gebiet liegen nicht nur wichtige Städte, sondern auch ein Gutteil der wirtschaftlichen Ressourcen des Nordens Syriens.

Zudem haben die USA dem türkischen Konzept des Bevölkerungsaustausches in der Sicherheitszone zugestimmt. Hier sollen nun Millionen arabisch-syrischer Flüchtlinge aus der Türkei angesiedelt werden, um die Kurden in diesen Gebieten zu marginalisieren oder zu vertreiben. Wie in Afrin und Al-Bab ist zudem der Terminus Sicherheitszone nur eine vornehme Umschreibung für die türkische Okkupation. In den Schulen der bereits jetzt besetzten Gebiete Syriens wird türkisch und arabisch gelehrt. Hier verwirklicht Erdogan den blutigen Traum seiner neoosmanischen Außenpolitik, kombiniert mit einer völkischen Annexionspolitik an den Grenzen der Türkei.

Über die Motivlage Trumps, die kurdischen Verbündeten zugunsten Erdogans regelrecht zu verkaufen, muss man nicht lange spekulieren. Gerade nach der Lieferung des Raketenabwehrsystems S-400 durch Russland an die Türkei ist den USA jedes Mittel recht, um Erdogan in der NATO zu halten. Zudem braucht die Trump-Administration Erdogans Türkei weiter, um durch Waffenlieferungen an islamistische Terrormilizen wie Al-Kaida in der syrischen Provinz Idlib den Krieg gegen Präsident Baschar al Assad und Russland in Syrien weiterführen zu können.

Die deutsche Außenpolitik spiegelt wie so oft nur den US-Vorstoß. Die Bundesregierung setzt auf eine enge Partnerschaft mit Erdogan. Sowohl Finanz- und Kredithilfen fließen weiter und auch bei deutschen Rüstungsexporten ist die Türkei spitze. Die Türkei soll in der NATO gehalten werden und weiter der Profitplatz für deutsche Konzerne sein, auch wenn die Kurden dabei zugrunde gehen.

Sevim Dagdelen ist stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

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