Freiheit für Gefangene des Macron-Ausnahmezustands beim G7

Demonstration in Nürnberg. Bild: Mit freundlicher Genehmigung von Red Side

In Nürnberg und im Baskenland haben zahlreiche Menschen für die sofortige Freilassung der Gipfel-Gefangenen und für zivile und politische Rechte demonstriert

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Gegen den nicht erklärten, aber faktischen Ausnahmezustand im französischen Baskenland während des G7-Gipfels und für die Freilassung der Gefangenen wurde in verschiedenen Städten im Baskenland und in Deutschland demonstriert. Ein Schwerpunkt war Nürnberg, wo 150 Menschen für die Freiheit der drei jungen Leute demonstriert haben.

Telepolis hatte berichtet, dass drei junge Leute zwischen 18 und 22 Jahren aus der Stadt schon vor dem Gipfel präventiv in einer Kontrolle verhaftet wurden. Auch sie finden sich auf einer der schwarzen Listen, die vom BKA und dem Verfassungsschutz geliefert wurden ("BKA und Verfassungsschutz agieren als Gesinnungspolizei"). Sie führten auch zur zweimaligen illegalen Abschiebung des freien Mitarbeiters von Radio Dreyeckland (RDL). Das wird ein juristisches Nachspiel haben, hat Luc gegenüber Telepolis angekündigt.

"Eine Gruppe, die möglicherweise gewalttätig wird"

Eine Solidaritätsgruppe hat sich derweil in Nürnberg gegründet, um gegen die Willkür in Frankreich vorzugehen. Die Vorwürfe, mit denen eine Person zu 2 Monaten und zwei zu 3 Monaten Haft verurteilt wurden, sind hanebüchen. Sie sollen "eine Gruppe spontan gebildet haben, die möglicherweise gewalttätig wird". Bekannt ist ohnehin, dass praktisch keine Gewalt von den Demonstranten gegen den Gipfel ausging. In einem Fall wurde ein "Scharmützel" mit viel Tränengas von der Polizei in Bayonne provoziert.

Das bestätigten deutsche Fotoreporter gegenüber Telepolis und das ist auch in ihren Twitter-Accounts nachzulesen. Er wurden "drei Leuchtkugeln seitens der Polizei in den Himmel (vergleichbar mit drei Durchsagen vor WaWe-Einsatz in Deutschland)" gefeuert und dann "folgten Tränengas und Wasser". Erst danach gab es als Reaktion "Stein- und Flaschenwürfe der Gegenseite". Zuvor waren die Menschen friedlich "einmal im Kreis" durch Baiona Ttipia (Klein Bayonne) gezogen und alles "blieb entspannt und ruhig".

An dieser Stelle wurde auch berichtet, dass fünf Franzosen (angeblich "Linksextreme") unter ähnlichen Vorwürfen wie die Nürnberger festgenommen worden waren. Sie sollen sogar angeblich vorgehabt haben, ein für die Polizei requiriertes Hotel abzubrennen.

Diesen Fake nimmt den Behörden, die für den nicht erklärten "Ausnahmezustand" verantwortlich waren, offenbar auch die französische Justiz nicht ab. Vier der fünf wurden schon vor dem G7 wieder freigelassen. Die fünfte Person ist noch in Untersuchungshaft, aber wegen eines angeblichen "Internet-Delikts". Auch hier stellt sich heraus, dass mit Fake-News und willkürlichen Festnahmen gezielt an der Panikmache gearbeitet wurde. Die beiden übrigen Gefangenen sind Franzosen, doch genauere Angaben darf das Legal Team nicht über sie machen.

Verweigerung einer angemessenen Verteidigung

Wie die Soligruppe aus Nürnberg informiert, wurde den drei jungen Leuten aus ihrer Stadt verweigert, sich von den Verteidigern verteidigen zu lassen, die sie gewählt haben. Somit wurden nicht nur über ein Schnellverfahren die Rechte einer angemessen Verteidigung ausgehebelt. Die Anwälte des Gegengipfels haben in ihrem Resümee deutlich gemacht, dass es keine Räumlichkeiten für Anwaltsgespräche gab.

Das hatte schon der zuvor in Hendaye kurzzeitig inhaftierte freie Radiojournalist Luc unterstrichen. Das Legal Team klagt auch an, dass zum Teil "Polizisten als Übersetzer" für Gespräche mit Verteidigern dienten, womit jedes rechtsstaatliche Verfahren unterlaufen wurde.

Hätten Gefangene nach Vertretung des Legal Teams verlangt, habe die Polizei behauptet, es gäbe keine Antworten auf telefonische Anfragen. So wurden den Gefangenen Pflichtverteidiger aufgedrängt. Im Fall der Nürnberger ließ der dann sogar die Wahlverteidiger aus dem Prozesssaal werfen. Der vom Staat gestellte Verteidiger vertrat ganz offensichtlich nicht die Rechte und Interessen seiner Mandanten, sondern stand offenbar auf Seiten der Ankläger.

Das dürfte sich schädlich ausgewirkt haben. An den Nürnbergern sollte offenbar vor dem Gipfelbeginn zur Abschreckung ein Exempel statuiert werden. Dafür spricht auch, dass sie sofort über drei verschiedene Gefängnisse verteilt wurden: Bordeaux, Mont de Marsan und Agen.

Demonstration in Donostia/San Sebastian. Bild: Mit freundlicher Genehmigung von Komite Internazionalistak

Wie in Nürnberg haben gleichzeitig am Mittwochabend auch im baskischen Donostia (San Sebastian), Iruña (Pamplona) und Bilbo (Bilbao) viele Menschen demonstriert, wobei die größte Versammlung in Donostia stattfand. Überall wurde die Freiheit der Gefangenen gefordert und die Einstellung aller Verfahren. 23 Personen, darunter auch Basken und Katalanen werden angeklagt. Die Verfahren sind zwischen dem 9. September und dem 3. Dezember angesetzt. Anders als im Fall der Nürnberger sind das keine Schnellverfahren.

Insgesamt wurden 164 Personen während des nicht erklärten Ausnahmezustands festgenommen. Darunter befand sich auch der frühere baskische Parlamentarier Joseba Alvarez, der wie Luc ebenfalls abgeschoben wurde und Frankreich bis heute nicht wieder betreten darf. Der Verantwortliche des friedlichen Gegengipfels wird ebenfalls auf einer Schwarzen Liste geführt, auf der 500 Basken stehen.

Präemptives Vorgehen

Die Zeitung Gara hat Zugang zu dem Dokument erhalten, mit dem seine Inhaftierung und Abschiebung begründet wurde. Auch hier finden sich vor allem Gewaltphantasien der französischen Sicherheitskräfte, die vom "Risiko" von "Gewaltausbrüchen" sprechen und in dem Fall nicht auf den Schwarzen Block oder Anarchisten abstellen, sondern "Autonomie- oder Unabhängigkeitsbewegungen", die den "guten Verlauf" des G7 angeblich stören wollten. Nichts davon ist passiert.

Es ist offensichtlich, dass nun in Frankreich die Gewaltmärchen übernommen werden, die Spanien längst gegen Katalanen benutzt, um eine ebenso friedliche Bewegung mit einer angeblichen Rebellion und Aufruhr zu kriminalisieren, wozu es massive Gewalt wie den Einsatz von Explosivstoffen und Kriegswaffen braucht. So werden politische Gefangene produziert. Es zeigt sich, wie sich derlei Zustände aus Spanien nun schnell ins Nachbarland ausgebreitet haben.

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