Sanktionsstreit: Iran droht mit leistungsfähigeren Uranzentrifugen

Ältere amerikanische Zentrifugen zur Anreicherung von Uran. Foto: U.S. Nuclear Regulatory Commission

Der schiitische Gottesstaat sieht sich seit gestern an keine der Einschränkungen aus dem Wiener Atomabkommen mehr gebunden

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Gestern gab Behrouz Kamalvandi, der Leiter der iranischen Atombehörde IAEO, auf einer Pressekonferenz die Inbetriebnahme von jeweils 20 Zentrifugen des Typs IR-4 und des Typs IR-6 bekannt. Seinen Angaben nach sieht sich sein Land wegen der seit dem letzten Jahr verhängten neuen amerikanischen Sanktionen inzwischen an keine der im Wiener Atomabkommen von 2015 vereinbarten Beschränkungen mehr gebunden. Diese Beschränkungen hatten dem schiitischen Gottesstaat lediglich den Einsatz von Uranzentrifugen des Typs IR-1 erlaubt.

Mit den nun eingesetzten Zentrifugen lässt sich der Anteil des Isotops U-235 im Uran auf 20 Prozent anreichern. Das Aufheben der "Beschränkungen für unsere Forschung und Entwicklung, die durch das Abkommen auferlegt wurden", bedeutet Kamalvandis Ausführungen nach aber nicht, dass es nun weniger "Transparenz" gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA gebe. Deren Inspekteuren werde wie zuvor Zugang zu den Anlagen gewährt.

Schritte "umkehrbar, wenn die andere Seite ihre Versprechen erfüllt"

Zudem seien alle wegen der Sanktionen eingeleiteten iranischen Schritte "umkehrbar, wenn die andere Seite ihre Versprechen erfüllt". Dieser Hinweis ist anscheinend vor allem an die Atomabkommens-Mitunterzeichner Deutschland und Frankreich gerichtet, deren Staatsführungen sich in der Vergangenheit gegen die neuen amerikanischen Sanktionen aussprachen und mit Vorschlägen wie der einer Tauschbörse versuchten, die wirtschaftlichen Folgen des amerikanischen Drucks auf den Iran abzumildern (vgl. "Das größte Problem ist, eine Bank zu finden, über die legale Iran-Geschäfte abgewickelt werden können").

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hatte zudem versucht, einen amerikanisch-iranischen Dialog anzustoßen, als der den iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif als Überraschungsgast auf dem G7-Gipfel im baskischen Biarritz präsentierte. Bislang kam so ein Dialog allerdings nicht in Gang. Stattdessen forderte der iranische Staatspräsident Hassan Rohani von den Europäern einen Kredit in Höhe von umgerechnet 15 Milliarden US-Dollar, um seine Verhandlungsbereitschaft aufrechtzuerhalten.

Verschwundenes Tankersignal vor der syrischen Küste

Hintergrund der neuen amerikanischen Sanktionen ist, dass US-Präsident Donald Trump das von seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Atomabkommen für unzureichend hält. Konkret stört ihn daran, dass Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) militärische und nicht als Forschungseinrichtungen deklarierte Anlagen erst dann inspizieren dürfen, wenn sie vorher einen Antrag stellen, den die iranischen Behörden zwei Wochen lang prüfen dürfen. Verweigern sie den Zugang, entscheidet eine gemeinsame Kommission innerhalb einer weiteren Woche.

Das, so Trump, gibt den Persern ausreichend Zeit, eventuelle Beweise für Vertragsverstöße ab- und danach dort oder anderswo wieder aufzubauen. Außerdem kritisiert der US-Präsident, dass der Atomwaffen-Entwicklungsstopp auf 15 Jahre begrenzt ist und dass das Abkommen dem Iran die Möglichkeit lässt, atomwaffenbestückbare Mittelstreckenraketen zu bauen (vgl. Hin und Her um ein Treffen von Trump und Rohani).

Dass Trump den Verlautbarungen der iranischen Staatsführung nur bedingten Glauben schenken will, ist nicht ganz ohne Grundlage. Dazu trägt Teheran auch immer wieder selbst bei. Zuletzt durch die Versicherung, das vom gut sechs Wochen lang in Gibraltar festgehaltenen Tanker Adrian Darja 1 geladene Öl sei nicht für Syrien bestimmt. Nachdem ein Gericht in Gibraltar angeordnet hatte, den Tanker weiterfahren zu lassen, hatte es erst geheißen, das Schiff steuere einen griechischen Hafen an. Die griechischen Behörden verlautbarten jedoch, davon nichts zu wissen. Ähnlich verhielt es sich mit dem danach angegebenen Zielort Türkei. Beiden Ländern hatte das US-Außenministerium vorher mit Strafen gedroht, falls sie das iranische Öl in Empfang nehmen sollten.

Am Abend des 2. September konnte der Tanker dann etwa 85 Kilometer vor der syrisch-libanesischen Küste nicht mehr elektronisch vom Informationsdienst Marine Traffic geortet werden. Beobachter vermuten, dass das dafür notwendige Signal auf dem Schiff abgeschaltet wurde. Dass man das Öl in Syrien abpumpte, ist nicht bewiesen, aber auch nicht ganz unwahrscheinlich. Durch die beiden nichtschiitischen Kurdenzonen im Irak und in Nordostsyrien gibt es nämlich keine direkte Landverbindung, die eine Lasttransportbelieferung des iranischen Verbündeten mit persischem Öl erlauben würde.

Das Öl, das Damaskus selbst fördert, reicht wegen der Zerstörung vieler Anlagen im Krieg und wegen der faktischen territorialen Verluste an die US-unterstützten Kurden nicht zur Selbstversorgung aus. Weil Baschar al-Assad aber relativ problemlos Treibstoff von seinem anderen Verbündeten Russland beziehen kann, wäre so eine Lieferung für Teheran interessanter als für Damaskus, auch wenn der Energieträger aus diesem Grund möglicherweise stark verbilligt abgegeben wurde.

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