Abwarten nach dem Angriff auf saudische Ölanlagen

Von der US-Regierung freigegebene Aufnahmen, die die Präzision der Angriffe zeigen.

Der Drohnenangriff hat die Verwundbarkeit Saudi-Arabiens gezeigt, die Huthis drohen mit weiteren Vergeltungsangriffen, in Washington scheint es Uneinigkeit zu geben, ob Iran verantwortlich gemacht werden soll

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In den USA sind Kreise gewillt, Strafaktionen gegen den Iran zu fordern, indem dieser direkt für die offenbar präzisen Angriffe auf die saudische Ölanlagen von Saudi Aramco in Abqaiq und Khurais verantwortlich gemacht wird. Abqaig ist 1300 km von der jemenitischen Grenze entfernt. Betroffen ist vor allem die weltweit größte Raffinerie. Vorübergehend ausgefallen ist damit die Hälfte der saudischen Ölproduktion oder 5,7 Millionen Barrel täglich. Saudi-Arabien produziert 10 Prozent des globalen Ölangebots. Ausgefallen ist auch die Produktion von Gas. Die saudische Regierung kündigte an, es werde keinen Lieferengpass geben, man greife auf die Ölreserven zu. Die Ölpreise sind derzeit um 10 Prozent höher geworden.

Die Armee der Huthis, zu der auch Teile der früheren jemenitischen Armee gehören, bezeichnete die Angriffe mit 10 Qasef-2K-Drohnen als "zweite Abschreckungs-Gleichgewichts-Operation" und damit als Gegenschlag gegen die saudischen Bombardierungen von Jemen. Der Angriff zeige, dass die Armee die vor einem Monat angekündigten Schläge gegen 300 Ziele in Saudi-Arabien fortsetze. Mohammed Ali al-Houthi, Ex-Präsident des "Revolutionären Komitees", Mitglied des höchsten politischen Rats und faktischer Führer der Huthis, begrüßte die Angriffe und warf den USA vor, dafür verantwortlich zu sein, den Krieg nicht zu beenden. Jemen kämpfe gegen die "amerikanische-britische-saudische Aggression" und den "geplanten Völkermord".

Pompeo als Falke, Trump zögert

US-Außenminister Pompeo hatte am Samstag direkt den Iran verantwortlich für den Angriff auf die "Energieversorgung der Welt" gemacht und alle Staaten aufgerufen, die Angriffe öffentlich zu verurteilen. Nichts deute darauf hin, dass der Angrif aus dem Jemen erfolgt ist. Am Sonntag schickte die US-Regierung einen Sprecher vor, der Medien gegenüber erklärte, dass aufgrund von Satellitenaufnahmen der mindestens 17 Einschläge die Drohnen und wahrscheinlich auch Raketen vom Westen oder Nordwesten gekommen seien, also vom Irak oder Iran: "There's no doubt that Iran is responsible for this. No matter how you slice it, there's no escaping it. There's no other candidate."

Der Sprecher wollte namentlich nicht genannt werden, was darauf hindeutet, dass man entweder im Weißen Haus nicht einig über das Vorgehen ist oder die Beweislage alles andere als sicher ist. Selbst die New York Times erklärt, dass die Satellitenaufnahmen nicht so eindeutig seien, wie dies der Sprecher behauptete. Unterstützt wird eine militärische Reaktion etwa vom republikanischen Senator Lindsey Graham, der einen Angriff auf iranische Ölanlagen fordert.

Am Sonntag hatte US-Präsident Donald Trump eine Drohung formuliert, aber den Iran nicht namentlich genannt: "Es gibt Grund zur Annahme, dass wir den Schuldigen kennen, wir sind abschussbereit nach der Verifizierung, aber wir warten noch auf das Königreich, wen sie als Ursache des Angriffs benennen und unter welchen Bedingungen wir vorgehen sollen." Er ordnete an, dass die strategischen Ölreserven, wenn benötigt, geöffnet werden, aber es gebe "PLENTY OF OIL". Und er wehrte sich gegen Behauptungen in "Fake News"-Medien, er würde sich ohne Bedingungen mit der iranischen Führung treffen wollen. Aus dem Iran heißt es, es sei kein Treffen zwischen dem iranischen Präsidenten Hassan Rouhani und Trump während der UN-Generalversammlung geplant.

Man merkt das Fehlen des entlassenen Sicherheitsberaters Bolton, der sicher zusammen mit Pompeo den Konflikt mit Iran eskaliert hätte. Trump hatte, wie er allerdings nur selbst sagte, schon einmal einen geplanten Angriff auf iranische Ziele in fast letzter Minute abgebrochen und Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Er dürfte auch jetzt zögern, einen Krieg anzuzetteln.

Huthis beanspruchen weiterhin die Drohnenangriffe für sich

Der Iran weist jede Verantwortung von sich und droht im Falle eines militärischen Konflikts hingegen mit Angriffen auf amerikanische Stützpunkte in der Region (US-Stützpunkte in Katar und den Emiraten "im Visier" der Revolutionsgarden). Es ist anzunehmen, dass dann, wenn der Iran direkt hinter den Angriffen stecken sollte, er die Drohnen (und Raketen, wie der Regierungssprecher sagte) nicht von iranischem Territorium starten würde, sondern von Jemen oder dem Irak durch die schiitischen Verbündeten. Angeblich will die US-Regierung dafür noch weitere Beweise liefern.

Mohammed al-Bukhaiti von der Huthi-Führung sagte, jeder Versuch, die Angriffe auf andere Staaten zu schieben, zeuge von "Feigheit" gegenüber der wirklichen militärischen Macht Jemens: "Saudi-Arabien erklärte den Krieg gegen den Jemen auf der Grundlage, dass unsere Raketen eine Bedrohung ihrer Sicherheit darstellen. Jetzt sind wir überrascht, wenn wir saudische Ölquellen getroffen haben, dass sie ausschließen, dass Jemen diese Angriffe ausgeführt hat, und andere dafür verantwortlich machen." Auch der Kommandeur der jemenitischen "Luftwaffe" besteht darauf, dass die Huthi-Armee für die Angriffe verantwortlich ist und weist alle Behauptungen von iranischer Hilfe zurück. Die Angriffe seien auch nicht aus dem Irak oder durch die Hisbollah erfolgt.

Yahya Sare’e, ein Sprecher der jemenitischen Huthi-Armee, warnte "Unternehmen und Fremde", sich nicht in den Aramco-Anlagen aufzuhalten, die getroffen wurden, da "sie noch immer unser Ziel sind und jeden Moment angegriffen werden könnten". Saudi-Arabien sei mit den Angriffen gezeigt worden, "dass unsere längste Hand überall hinreicht, wo wir wollen, und zu der von uns bestimmen Zeit."

Die irakische Regierung weist zurück, dass der Angriff aus dem Land gekommen sei. Man würde jeden solchen Versuch unterbinden. Asa’ib Ahl Al-Haq, ein Kommandeur von schiitische Milizen in der irakischen Armee erklären, die Beschuldigungen seien grundlos: "Die Amerikaner können sie nicht beweisen. Sie würden es wissen, wenn eine Drohne irgendwo im Irak gestartet wäre, da sie volle Kontrolle über dem irakischen Luftraum haben. Daher ist das nur ein neuer Vorwand, uns anzugreifen."

Kuwait untersucht die Sichtung einer Drohne am Samstag über Kuwaiti City. Es wurden "maximale" Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet.