Spionageaffäre bei Airbus

Das Airbus-Werksgelände in Stade. Foto: Ra Boe / Wikipedia. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen mehrere Mitarbeiter des Rüstungskonzerns

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Die Staatsanwaltschaft München hat eine Meldung der Bild-Zeitung bestätigt, der zufolge sie Ermittlungen gegen "mehrere Mitarbeiter" des Airbus-Konzerns eingeleitet sowie Akten und Computer sichergestellt hat. Wie viele Airbus-Mitarbeiter von den Ermittlungen konkret betroffen sind ist noch unklar. Vom Konzern "freigestellt" wurden zunächst 17, wie das über einige Umwege aus Messerschmitt, Focke-Wulf und mehreren anderen Flugzeugherstellern entstandene Unternehmen gestern mitteilte.

Nach eigenen Angaben hat Airbus die staatlichen Ermittler aus eigener Initiative "proaktiv über den möglicherweise rechtswidrigen Umgang einzelner Mitarbeiter mit Kundendokumenten" informiert und lässt zusätzlich "mit Unterstützung einer externen Anwaltskanzlei" eine "interne Prüfung" durchführen.

Dem Bild-Bericht nach geht es dabei um Geheimakten der Bundeswehr, die sich Konzernmitarbeiter illegal beschafft haben sollen. Airbus selbst gab der Öffentlichkeit dazu bislang lediglich die Information, dass es um einen "rechtswidrigen Umgang einzelner Mitarbeiter mit Kundendokumenten" im Zusammenhang mit "zwei künftigen deutschen Beschaffungsprojekten der Programme Line Communications, Intelligence and Security" geht.

Folgen für öffentliche Ausschreibungen?

Zu näheren Details schweigen vorerst auch die Obleute im Verteidigungsausschuss des Bundestages, die das Bundesverteidigungsministerium nach Angaben seines Sprechers bereits am Dienstag über die Affäre informierte. Auch dort hat man angeblich eine eigene Untersuchung des Falls eingeleitet, die noch andauert. Ob die Affäre Folgen für die Möglichkeiten von Airbus haben wird, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen, ist deshalb noch offen.

Einschränkungen in diesem Bereich könnten dann beispielsweise die Tiger-Hubschrauber (vgl. Bundeswehr: Tiger-Hubschrauber müssen am Boden bleiben) oder den Eurofighter betreffen, das aktuell wichtigste Wehrgut, das Europas zweitgrößter Rüstungskonzern herstellt. Ein großer Exporterfolg ist das Kampfflugzeug aber auch ohne Teilnahmebeschränkungen nicht geworden.

Österreich will nach schlechten und teuren Erfahrungen mit ihm schon im nächsten Jahr auf andere Maschinen umsteigen. Ein 440-seitiger Untersuchungsausschussbericht zum Kauf der Airbus-Flugzeuge durch die Alpenrepublik konnte zwar keinen "Nachweis individueller Bestechung österreichischer Entscheidungsträger" erbringen, ist aber auch weit entfernt davon, den Hersteller vom Korruptionsverdacht weißzuwaschen, weil man auf umfangreiche Geldströme stieß, deren genauer Verlauf unklar bleibt (vgl. Eurofighter und Starfighter).

Inzwischen plant Airbus auch schon den Nachfolger des Eurofighters, das "Future Combat Air System" (vgl. Deutsch-französisch-spanisches "Luftkampfsystem der Zukunft"). Dieses zentrale Anliegen des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron gilt als wichtiger Grund dafür, dass er sich für Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin einsetzte und eine ehemalige französische Verteidigungsministerin als französische EU-Kommissarin nominierte, die ein passendes Ressort geschneidert bekam (vgl. Frankreich bekommt Binnenmarkt, Verteidigungsindustrie und Raumfahrt).

Positive Geschäftserwartungen im zivilen Bereich

Für den zivilen Bereich gab Airbus einen Tag vor dem öffentlichen Bekanntwerden der Spionageaffäre neue positive Geschäftserwartungen bekannt. Danach kalkuliert das Unternehmen für die Jahre 2019 bis 2038 mit einem weltweiten Bedarf an 39.210 neuen Frachtflugzeugen und Passagiermaschinen mit mehr als hundert Plätzen. Im Vorjahr ging man noch von 37.410 aus. Eine besonders große Nachfrage erwartet sich die Firma im Bereich der Mittelstreckenjets, in dem das nach Boeing zweitgrößte Luft- und Raumfahrtunternehmen der Welt den A320neo anbietet.

Dessen Rivalin, die 737 Max, muss der größere amerikanische Konkurrent wegen technischer Probleme und einem daraus resultierenden Flugverbot auf einem Parkplatz in Seattle abstellten. Das kostete die amerikanische Wirtschaft der Rechnungen von Capital Economics nach 0,25 ihres potenziellen Wachstums (vgl. Erdoğan droht USA mit Boeing-Boykott).

Als Problementwicklung unter den Zivilflugzeugen des Airbus-Konzerns gilt dagegen der weltgrößte Passagierjet A380, der wegen begrenzter Kundenzufriedenheit und mangelnder Nachfrage nur noch bis 2021 produziert werden soll, wie das Unternehmen am 13. Februar bekannt gab. Die finanziellen Folgen daraus sollen nicht nur Aktionäre tragen, sondern auch Steuerzahler (vgl. Airbus will A380-Staatskredite nicht zurückzahlen).