Düstere Zukunft für unseren Planeten

IPCC-Sonderbericht warnt vor verheerenden Auswirkungen auf unsere Ozeane und die weltweiten Eis- und Schneevorkommen

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Ein neuer Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC), der am Mittwoch vorgestellt wurde, prophezeit eine düstere Zukunft für unseren Planeten und warnt eindringlich davor, dass der Klimawandel verheerende Auswirkungen auf unsere Ozeane und die weltweiten Eis- und Schneevorkommen haben wird. Und diese in einer Geschwindigkeit zerstört würden, wie nie zuvor.

Laut den Experten steigen die Meeresspiegel, die Eis- und Schneevorkommen schmelzen und Arten verlassen aufgrund menschlicher Aktivitäten ihren angestammten Lebensraum. Durch den Verlust der Permafrost-Regionen droht zudem, dass vermehrt Kohlenstoff in Form von CO2 und Methan in die Atmosphäre freigesetzt wird, wodurch der Klimawandel weiter beschleunigt wird. Eine geringe Hoffnung bestehe noch, die schlimmsten Auswirkungen zu vermeiden, wenn mit tiefgreifenden und sofortigen Einsparungen bei den CO2-Emissionen jetzt begonnen würde.

Der "IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima", der von mehr als 100 Autoren aus 36 Ländern verfasst wurde und rund 7.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen berücksichtigt, befasst sich mit zwei Hauptelementen des Klimas - den Ozeanen und der Kryosphäre.

Hamburg, Bremerhaven, Kiel oder Wilhelmshaven sind vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen

"Mit zunehmendem Klimawandel wird es für den Planeten extrem schwierig, seine natürlich vorkommenden Eisreservoire zu behalten, die Klimaforscher als Kryosphäre bezeichnen", sagte Dr. Helene Hewitt, Leiterin der Ocean Modeling Gruppe im Met Office. "Das Schmelzwasser der Gletscher und Eisschilder ist mittlerweile die Hauptursache für den Anstieg des Meeresspiegels." Der immer rasantere Anstieg bedroht dabei die Existenz von rund 680 Millionen Menschen, die in Küstenregionen unterhalb von zehn Metern Höhe zum Meeresspiegel wohnen. In Deutschland wären Städte wie Hamburg, Bremerhaven, Kiel oder auch Wilhelmshaven direkt betroffen. "Die Zukunft für tief liegende Küstengemeinden sieht äußerst trostlos aus. Die Konsequenzen werden von uns allen zu spüren sein."

Die jährlichen Schäden durch Überschwemmungen werden bis zum Jahr 2100 auf das 100- bis 1000-fache ansteigen, und einige Inselstaaten dürften dabei sogar "unbewohnbar werden", so die Studie weiterhin. Während der Meeresspiegel im 20. Jahrhundert weltweit um rund 15 cm angestiegen ist, steigt er derzeit mit 3,6 mm pro Jahr mehr als doppelt so schnell an. Dabei beschleunigt er sich mit dem Abschmelzen der grönländischen und antarktischen Eisdecke immer mehr. Nach derzeitigem Erkenntnisstand wird der Anstieg des Meeresspiegels auch nicht mehr kurzfristig gestoppt werden können, ungeachtet zukünftiger Klimaziele.

Die Ozeane haben bisher dazu beigetragen, die Auswirkungen von Treibhausgasen zu begrenzen und einen Großteil der zusätzlichen Wärme und des Kohlendioxids absorbiert. "Die Weltmeere haben sich seit 1970 ungemindert erwärmt hat und mehr als 90 % der zusätzlichen Wärme im Klimasystem aufgenommen", so der Bericht. Die Meere wurden dadurch aber nicht nur wärmer, sondern auch saurer und weniger salzhaltig. Der Sauerstoff-Gehalt sinkt und Lebensräume der Meeresbewohner werden massiv geschädigt, wodurch ein Massensterben droht.

Verschwinden von Eis und Schnee

Aber nicht nur die Ozeane werden durch den Klimawandel beeinträchtigt, sondern auch die Eis- und Schneevorkommen. Diese werden "schneller als je zuvor verschwinden: Einige Gebirgsregionen wie die Alpen könnten bis 2100 fast vollständig eisfrei sein", sagte Professor Jonathan Bamber, Direktor der Bristol Glaziologie Zentrums an der Universität von Bristol. Für die Gletscher in Gebieten wie den tropischen Anden, Mitteleuropa und Nordasien wird prognostiziert, dass sie "80% ihres Eises verlieren werden". Das Verschwinden von Eis und Schnee in den Hochgebirgsregionen wird sich massiv nachteilig auf Freizeitaktivitäten, Tourismus und Kulturgüter auswirken. Auch die mangelnde Verfügbarkeit und die Qualität des Wassers in den niederen Lagen werden einen massiv negativen Einfluss auf Landwirtschaft und Wasserkraft haben.

In der Tundra, den kalten Wäldern des Nordens und in einigen Bergregionen wird es darüber hinaus weitaus häufiger zu Wald- und Flächenbränden kommen. Durch das Schmelzen des Permafrost werden zudem große Mengen an Treibhausgasen frei, die so in die Atmosphäre gelangen und zur globalen Erwärmung beitragen. Die grönländischen und antarktischen Eisschilde werden während des gesamten 21. Jahrhunderts und darüber hinaus mit zunehmender Geschwindigkeit an Masse verliere, so der Bericht weiter.

"Das offene Meer, die Arktis, die Antarktis und das Hochgebirge scheinen für viele Menschen weit entfernt zu sein", sagte Hoesung Lee, Vorsitzender des IPCC. "Aber wir sind auf sie angewiesen und werden in vielerlei Hinsicht direkt und indirekt von ihnen beeinflusst - für Wetter und Klima, für Nahrung und Wasser, für Energie, Handel, Verkehr, Erholung und Tourismus, für Gesundheit und Wohlbefinden, für Kultur und Identität."

"Selbst wenn wir die Emissionen jetzt stark reduzieren, werden die Folgen für die Menschen und ihre Lebensgrundlagen immer noch schwierig sein, für die am stärksten gefährdeten Menschen jedoch möglicherweise noch zu bewältigen sein." Bereits jetzt ist die Hälfte der weltweiten Küstenfeuchtgebiete, die vor Erosion und Überschwemmungen schützen und wichtige Kohlenstoffspeicher sind, infolge menschlicher Aktivitäten in den letzten 100 Jahren verloren gegangen.

Nur eine starke Reduzierung der Treibhausgase, der Schutz der Ökosysteme und der bedachte Umgang mit den natürlichen Ressourcen können eine dramatische Entwicklung eindämmen, so die Forscher. Die Zeit zum Handeln sei jetzt erreicht, denn auch bei sofortiger Umsetzung von radikalen Maßnahmen werden die Veränderungen in den Eismassen der Erde und den Ozeanen noch über Jahrhunderte andauern und sich der derzeitige Trend fortsetzen.

Für den Präsidenten der Malediven, Ibrahim Mohamed Solih, eine unerträgliche Situation: "Seit mehr als 30 Jahren kämpfen wir darum, den Klimanotfall sinnvoll anzugehen. Seit 30 Jahren sagen wir Malediver, dass es sich dabei um den Kampf unseres Lebens handelt, denn er bedroht unsere Existenz als Nation. Während die wissenschaftlichen Beweise nicht vom Tisch zu wischen sind, gibt es einen alarmierenden Mangel an globalem Handeln."