Frankreich visiert Neubau von sechs EPR 2-Reaktoren an

Archivbild vom Bau des EPR-Reaktors in Flamanville (2010). Bild: schoella - panoramio/ CC BY 3.0

Die Elektrizitätsgesellschaft EDF wird dazu aufgefordert, eine verlässliche Expertise anzufertigen. Alternativpläne zur Erneuerung der Atomkraft sind nachrangig

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In Paris gibt es offensichtlich Pläne, sechs EPR 2-Reaktoren in den nächsten 15 Jahren zu bauen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, da doch bisher nur ein AKW mit den Druckwasser-Reaktoren bislang am Netz ist und das nicht einmal in Frankreich, sondern in China, in Taishan, wo der erste EPR-Block im Dezember 2018 seine kommerzielle Arbeit aufnahm und der zweite vor kurzem, Anfang September dieses Jahres.

Auch da hatte sich der Bau lange verzögert, ebenso im finnischen Olkiluoto, wo die EPR-Reaktoren noch nicht arbeiten. Auch in Frankreich wartet man noch darauf, dass die Druckwasser-Reaktoren der neuen Generation in Flamanville endlich ans Netz gehen. Derzeit geht man davon aus, dass dies frühestens 2023 passiert.

Eigentlich sollte der EPR schon seit 2012 Strom liefern, aber Neuigkeiten gab es nur zu weiteren Problemen. Diese sind dergestalt, dass die Inbetriebnahme überhaupt fraglich wird (Atomkraft: Immer Ärger mit dem EPR). Aktuell wird gemeldet, dass sich die Gesamtkosten aufgrund der ständigen Reparaturen auf mindestens 12,4 Milliarden Euro erhöhen. Ursprünglich sollte er 3,5 Milliarden Euro kosten.

Dies - und die kürzlich von der EDF bekannt gegebenen Zusatzkosten von 3,3 Milliarden Euro für die zwei EPR-Reaktoren im britischen Hinkley Point C - sind Hintergründe, die die Pläne der Regierung wenig erfolgsversprechend aussehen lassen.

Entsprechend vorsichtig agiert man in Paris. Man hütet sich von Plänen zu sprechen, stattdessen schlägt man einen Fahrplan zu einer "Arbeitshypothese" vor. Den "Fahrplan" haben die Minister Elisabeth Borne (Umwelt) und Bruno Le Maire (Wirtschaft und Finanzen) in Form eines Briefes an den Chef der französischen Elektrizitätsgesellschaft EDF geschickt.

In dem Schreiben vom 12. September - also kurz nach den "good news" aus China - bitten die beiden Minister die EDF um präzise Auskünfte, wie die EDF das "eventuelle Vorhaben", drei EPR-2-Reaktor-Paare an drei unterschiedlichen Orten zu bauen, umsetzen könnte. Der Kalender der Regierung sieht vor, dass es Mitte November zu einer Lagebesprechung kommt und die EDF bis März 2020 eine Liste der Aktionspläne mit genauen Zielangaben vorlegt, die dann Mitte 2021 möglichst ausgearbeitet sind. Danach erst würde entschieden.

Deutlich werden in dem Schreiben die bisherigen Erfahrungen der Verzögerungen, Baufehler, Reparaturen und immensen Kostensteigerungen kenntlich, gefordert werden ausdifferenzierte Kompetenz-Expertisen der EDF, die verlässlich genau ausgearbeitet sind, um vor bösen Überraschungen möglichst gefeit zu sein.

Auch wenn die Pläne zum Neubau der sechs Druckwasser-Reaktoren der neuen Generation nicht spruchreif sind, sondern erst entschieden werden, zeichnet sich doch ab, dass es die einzige Spur ist, die die Regierung mit Nachdruck verfolgt, so die Le Monde-Journalistin Nabil Wakim. Es werde kein Alternativplan auch nur angedeutet.

Die Erklärungen, weshalb sich die französische Regierung an diesem schwierigen, kostenträchtigen und nicht unbedingt erfolgsversprechenden Projekt orientiert, fallen demgegenüber einfach aus. Der französische Atompark veraltet, man will das technische Know-how behalten und man rechnet offenbar noch immer damit, dass die EPR-Reaktoren für den Export interessant sein könnten. Dafür braucht es Anlagen zum Herzeigen.

Ein weitreichender Ausstieg aus der Atomkraft, wofür etwa die öffentliche Agentur für Umwelt und Energie (Ademe) im Dezember 2018 ein Konzept vorstellte (85 Prozent Erneuerbare im Jahr 2050 ist für die Regierung unter Präsident Macron kein prioritäres Ziel. Zuletzt hatte man die Zeit für einen Teilausstieg nochmals nach hinten verschoben. Nach dem jüngst verabschiedeten neuen Gesetz zur Energiewende soll der bisherige Anteil der Atomkraft von 70 Prozent an der Stromproduktion im Zeitraum von 2025 bis 2035 auf 50 Prozent gesenkt werden.