Strompreis: Umverteilung von unten nach oben

Nach leichtem Rückgang wird die EEG-Umlage wieder erhöht. Die Begründung ist eher willkürlich

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Die sogenannte EEG-Umlage, benannt nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz, wird zum 1. Januar wieder angehoben. Statt der 6,405 Cent pro Kilowattstunde, die 2019 mit der Stromrechnung zu zahlen waren, werden es 2020 6,756 Cent sein.

Das Handelsblatt versucht einen Zusammenhang mit dem Klimaschutzpaket herzustellen, was entweder fahrlässige oder bewusste Täuschung des Lesers darstellt. Mit dem Klimaschutzpaket hat die EEG-Umlage nichts zu tun.

Diese wird vielmehr jährlich von den Übertragungsnetzbetreibern festgelegt, die von den Betreibern der Grünstromanlagen den Strom einsammeln und an der Börse veräußern. Die Betreiber bekommen dafür den ihnen nach dem EEG zustehenden Fixpreis, der vom Jahr der Inbetriebnahme und der Anlagenart abhängig ist. Aus dem EEG-Konto wird die Differenz zwischen dem Börsenpreis und der den Betreibern gezahlten Vergütung ausgeglichen.

Wie unten stehende Grafik zeigt, wirkt dieses Konto als eine Art Sparbuch, auf das private Verbraucher und kleine Gewerbetreiber gezwungen sind, entsprechend ihrem Verbrauch einzuzahlen. Industrielle Großverbraucher – unter anderem auch die Braunkohletagebaue und die erhebliche Strommengen verbrauchenden Braunkohle- und Atomkraftwerke – sind von der Umlage hingegen teilweise oder vollständig ausgenommen.

Stand des EEG-Kontos: Immer gut gefüllt (Bild: Fraunhofer ISE)

Als Begründung für die Anhebung wird der im September im Vergleich zum Vorjahr gesunkene Kontostand angeführt. Die Grafik zeigt allerdings, dass das Konto im September und Oktober gewöhnlich seinen Tiefststand erreicht, um danach wieder aufgefüllt zu werden. Da es es sich aber selbst auf dem Tiefststand noch in einem komfortablen Plus befand, liegt eigentlich kein ersichtlicher Grund für eine Anhebung vor.

Der vergleichsweise geringe Septemberstand sei vor allem eine Folge der im Vergleich zum Vorjahresmonat niedrigen Preise an der Leipziger Strombörse, schreibt Bruno Burger vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme auf Twitter. Dort habe eine Megawattstunde im September 2019 im Durchschnitt 35 Euro gekostet, ein Jahr zuvor seien es hingegen knapp 54 gewesen.

Der Strom der Windkraft-, Biogas- und Solaranlagen muss an der Leipziger Börse verkauft werden, wenn die Betreiber die vom EEG garantierte Vergütung wahrnehmen wollen. Eine Vermarktung als Grünstrom an Abnehmer, die mehr zu zahlen bereit wären, wird vom Gesetz ausgeschlossen.

Auf diesem Wege trägt der Strom der erneuerbaren Energieträger erheblich zum preisdrückenden Überangebot an der Börse bei. Zum Nutzen natürlich vor allem für die Großabnehmer, die sich dort eindecken können. Die EEG-Umlage dient also faktisch mindestens genauso viel zur Finanzierung niedriger Strompreise für die Industrie, wie sie dem Ausbau der Erneuerbaren nutzt.

Zusätzlich verteuert wird diese fragwürdige Konstruktion für die privaten Verbraucher dadurch, dass auf die Umlage auch noch 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben wird. Das sind dann noch einmal knapp 1,3 Cent pro Kilowattstunde oder 52 Euro im Jahr bei einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden.

Die EEG-Umlage und die verschiedenen Details ihrer Berechnung sind damit ein wunderbares Beispiel dafür, wie im Interesse der alten Energiekonzerne und der industriellen Großverbraucher so lange an den Stellschrauben einer ursprünglich guten Idee herumgeschraubt wird, bis das ganze System wieder der Umverteilung von unten nach oben dient und in der Bevölkerung diskreditiert wird.