Spion gegen Terroristen

Der Fall Alexander B.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am 22. Oktober 2019 beginnt der Prozess gegen Alexander B. vor dem Oberlandesgericht Thüringen in Jena wegen "staatsfeindlicher Agententätigkeit". Er hatte als Spion des jordanischen Geheimdienstes deutsche Dschihadisten des "Islamischen Staates" in Hildesheim ausgespäht. Während das Oberlandesgericht Jena zunächst befand, dies könne keine Straftat sein, sah dies der Bundesgerichthof anders und ließ die Klage zu. Je nachdem wie der Prozess ausgeht, könnte das Urteil Auswirkungen für die Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden mit ausländischen Nachrichtendiensten bei der Terrorismusbekämpfung haben.

Der Deutschsprachige Islamkreis (DIK)

Hildesheim ist eine Stadt mit 100.000 Einwohnern zwischen Hannover und Göttingen. Auf dem Marktplatz gibt es jedes Jahr zu Weihnachten einen Weihnachtsmarkt, ansonsten gäbe es eigentlich nichts Bedeutsames über Hildesheim zu berichten, wäre da nicht der Verein "Deutschsprachiger Islamkreis" (DIK) gewesen. Durch diesen wurde Hildesheim zu einem "Hot-Spot" der deutschen Dschihadistenszene.

Gleichzeitig galt Hildesheim bzgl. der militanten Islamisten mehrere Jahre lang als "schwarzes Loch": Unter "Terrorexperten" hatte sich zwar herumgesprochen, dass sich in der niedersächsischen Stadt etwas zusammenbraute, aber man wusste nichts Genaues, da die lokale "Hildesheimer Allgemeine Zeitung" i. d. R. nur oberflächlich berichtete und keine Namen nannte, so dass die Meldungen keiner konkreten Person zugeordnet werden konnten und das Info-Material in die Ablage wanderte. Dies änderte sich erst ab Ende 2016: Am 26. Oktober 2016 nahm die Polizei in Hildesheim Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah, den führenden Kopf des "Islamischen Staates" (IS) in Deutschland, fest. Und schließlich wurde bekannt, dass Anis Ben Othmane Amri, der am 19. Dezember 2016 den Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin verübte, sich mehrfach beim DIK in Hildesheim aufgehalten hatte.

Der Deutschsprachige Islamkreis e. V. (DIK) wurde im November 2011 gegründet und beim zuständigen Amtsgericht unter der Nummer 200674 registriert. Seit Frühjahr 2012 hatte er seinen Sitz in der Masjid-Moschee, einem früheren "Schlecker"-Markt in Hildesheim-Nordstadt (Martin-Luther-Str. 41a / Hochkamp), einem Viertel mit einem hohen Anteil von Migranten, insbesondere von Mhallamiye-Kurden. Der Moscheeverein erwarb das Gebäude 2013 für 135.000 Euro, Ende 2015 verkaufte er die Immobilie für 40.000 Euro an zwei Sympathisanten, behielt sich aber weiterhin das Nießbrauchsrecht vor.

Der Vorstand des Moscheevereins umfasste acht Personen. Offizieller Vorsitzender des Vereins war zunächst der Kasache Rafail A., später der Libanese "Abu Nuh(r)" alias Ahmad Siala. Als Schriftführer fungierte zeitweise Oğuz G.. Der wichtigste Exponent der Moschee war seit März 2013 der (Hass-)Prediger "Abu Walaa" alias Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah. Zu den Freitagsgebeten kamen zeitweise 350 bis 400 Muslime. Zum "harten Kern" des Islamkreises in Hildesheim gehörten etwa 50 Personen, darunter auch einige "Gefährder". Mindestens zwei Dutzend Personen aus dem Umfeld der Moschee gingen als Dschihadisten nach Syrien/Irak. Mindestens ein DIK-Mitglied kam bei einem US-Luftangriff Ende März 2016 bei Ramadi (Irak) ums Leben, andere Todesopfer kamen aus dem weiteren Umfeld von "Abu Walaa". Nach Angaben des niedersächsischen Landespolizeichef Uwe Binias wurden in der Moscheegemeinde "Anschlagsplanungen im Auftrag des IS" durchdacht. (So sollten Polizeibeamte durch fingierte Notrufe in einen Hinterhalt gelockt und abgeknallt werden, berichtete der "Focus" am 23. Dezember 2016.

Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah betätigte sich zunächst als (Hass-)Prediger in der Dawa Gruppe Frankfurt (Dawa FFM), nach deren Verbot im Jahr 2013 wechselte er zur Masjid-Moschee Hildesheim. Seine Zuhörergemeinde kam u. a. aus Deutschland, Frankreich, Schweiz, Spanien und Bulgarien. Auch in anderen Moscheen trat er als Agitator auf, so in der Al-Madina-Moschee in Kassel (Schäfergasse 2) und in der Ehlu-Sunnah-Moschee in Bocholt (Moselstraße 29). Außerdem verbreitete er seine Predigten über "Facebook", "Youtube" und zehn verschiedenen "Telegram"-Kanälen, wie z. B. "Meine Rache", oder dem Online-Portal "Al-Manhaj". So verbreitete er u. a.: "Mein Bruder, nimm einfach ein Messer und töte einfach die Kuffar die du begegnest oder locke sie in den Hinterhalt, ganz gleich wer diese Kuffar sind. Räche deine Geschwister." Er leitete ein Netzwerk, das sich "Abu Al-Walaa Bataillon" nannte.

Seine Anhängerschaft verteilte sich auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin und Bayern. So stand er - laut Personagramm - mit 23 Personen in Kontakt. Um seine Dschihad-Aspiranten auf ihren Einsatz vorzubereiten, gab es einen "Vorbereitungsplan", wie der "Spiegel" am 16. Dezember 2017 berichtete: "Fit halten, Schlafrhythmus aufbauen, letzten Monat mit der Familie verbringen, Abschiedsbilder machen, PC löschen." Außerdem soll seine Anhängerschaft mehr als zwei Millionen Euro an die IS-Kämpfer in Syrien/Irak transferiert haben.

Zu den bekanntesten Gefolgsleuten von "Abu Walaa" gehörte Anis Ben Othman Amri, der durch seinen Terroranschlag auf den Breitscheidplatz in Berlin am 19. Dezember 2016 bekannt wurde. Mindestens zweimal, am 27. Dezember 2015 und vom 12. bis 13. Februar 2016, besuchte Anis Amri die Masjid-Moschee in Hildesheim und wurde dabei fotografiert. Dabei soll er mit "Abu Walaa" ein vertrauliches Vier-Augen-Gespräch geführt haben. Angeblich hatte Anis Amri 2015 auch eine Zeitlang in Hildesheim gewohnt und dort als Pizza-Bote gearbeitet, diese Meldung wurde von der Polizei später dementiert.

Zu den weiteren Mitgliedern bzw. Besuchern des DIK und seiner Moschee gehörten u. a. folgende Personen: Ahmed Feredaws A., Emre A., Kaoukab A., Mohamad A., Alexander B., Lirim B., Ahmed Fifen Youssouf (?), Mohamad Hassan K., Martin Lemke, Julie Maninchedda, Abdullah M., Marcia M., Zouher M., Mahmoud Omeirat, Anil Oykun, Safia Schmitter, Christoph S., Radwan T., Dominik W. und ein "Kamal".

Der DIK stand auch im Zentrum des Machtkampfes um den Führungsanspruch innerhalb der deutschen Dschihadisten-Szene. So führte der Machtkampf zwischen dem "ad-dawlat al-islamiyya fi-l-iraq wa sch-scham" (dt. Kurzname: "Islamischen Staat") und der "tandhim qaidat al-dschihad" (Kurzname: "Al Qaida") um die Führungsrolle im syrischen Dschihad zum Schisma innerhalb der deutschen Szene, die mal theologisch, mal rhetorisch und mal physisch ausgetragen wurde. Dazu berichtete der Internetblog "Erasmus Monitor" im November 2016:

Mit dem Aufstieg des IS Mitte 2014 zur Regionalmacht in Syrien und Irak, kam es allmählich in der deutschen Prediger-Zunft zu Unstimmigkeiten. Denn der IS hatte sich als vormals wichtiger Verbündeter der syrischen Rebellen gegen genau diese gewandt. Alle Gruppen, die nicht den Treueschwur auf den selbsternannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi geleistet hatten, wurden zu Abtrünnigen erklärt und rücksichtslos massakriert. Zu den "Feinden Allahs" gehörten auch diejenigen, die in den Ländern der "Kuffar" lebten und nicht die Hijra in den IS vollziehen wollten. Dazu zählte also auch die versammelte salafistische Prediger-Gemeinde in Deutschland. Umso schneller distanzierte sich ein Prediger nach dem anderen von der irakischen Terrororganisation. Aber nicht Ahmad Abdullah. (...)

Dann kam der Jahreswechsel (gemeint ist der Jahrewechsel 2014/15, G. P.) und Abdullah beging einen wohl folgenschweren Fehler. Er holte einen bekannten Medienprofi ins Boot, den Kölner Sabri Ben Abda. Der hatte sich mit seinem äußerst rüpelhaften Verhalten gegenüber Journalisten Anfang der 2010er Jahre einen Namen in der Salafisten-Szene gemacht. (...)

Abdullah und Ben Abda betitelten Vogel (gemeint ist Pierre Vogel, G. P.) im IS-Jargon als "Kreuzritter", "Verräter" und "Murtad" (Abtrünniger). Den einst "geliebten Bruder" Bilal Gümüs bezeichnete Ben Abda als "Fitna-Panzer". ("Fitna" sind schwere Zeiten, in denen verstärkt mit Glaubensspaltungen zu rechnen ist, G. P.) (…)

Die Vogel-Fraktion schlug hart zurück. Auf Facebook warnte der Frankfurter Prediger in aller Deutlichkeit vor dem "al-Baghdadi-Fanclub" und den "Hunden der Hölle" aus Hildesheim. Anfang September organisierte er sogar eine "Anti-IS-Demo" in Bremen.

Erasmus-Monitor

Außerdem belastete der staatliche Kronzeuge den staatlichen V-Mann VP-01 schwer, dieser habe ihn zu Straftaten im Staate BRD anstiften wollen, woraufhin - pro forma - ein Ermittlungsverfahren gegen den V-Mann eingeleitet werden musste. Allerdings gilt der Wahrheitsgehalt der Aussagen von Anil Oykun als bedenklich. Als Dank des "Rechtsstaates" kam Anil Oykun in seinem Strafverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit einer milden Bewährungsstrafe davon. Der Vorsitzende Richter Dr. Frank Schreiber entließ ihn am 24. April 2017 nach nur zwei Verhandlungstagen mit einer Haftstrafe von 2 Jahren auf Bewährung in die Freiheit (Aktenzeichen: III-5 StS 1/17).

Am 27. Juli 2016 führten 400 Polizeibeamte eine Razzia in der Masjid-Moschee des DIK durch. Dabei wurden die Räume der Moschee sowie die Wohnungen von acht Personen durchsucht. Eine Schreckschusspistole, eine Luftpistole, Bargeld in Höhe von 25.000 Euro, Computer und Speichermedien wurden beschlagnahm. Der Vorsitzende und der Schriftführer des Vereins stehen im Verdacht, mit dem Islamischen Staat zu sympathisieren. Mindestens 19 der insgesamt 74 bis dahin ins IS-Kampfgebiet ausgereisten Niedersachsen hatten einen Bezug zum DIK. Die Aktion gegen den "bundesweiten Hot-Spot der radikalen Salafisten-Szene" sei ein wichtiger Schritt zum Verbot des Vereins, erklärte Innenminister Boris Pistorius (SPD). "Ich bin zuversichtlich, dass die akribisch vorbereitete Aktion unserer Polizei und des Verfassungsschutzes ein voller Erfolg wird."

Allerdings musste die Aktion ad hoc vorbereitet und durchgeführt werden, da ein Artikel in der "Neuen Presse" am 26. Juli 2016 eine Razzia ankündigt hatte. Gegen die anonyme Quelle der Tageszeitung wurde daraufhin wegen Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt. Am 10. August 2016 nahm die Polizei Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah fest und führte bei ihm eine Hausdurchsuchung durch. Ende August 2016 zog Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah aus Hildesheim fort und kündigte an, in der Masjid-Moschee nicht mehr predigen zu wollen. Am 26. Oktober 2016 wurde Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah erneut festgenommen und verhaftet. Im November 2016 folgte eine weitere Razzia in der Moschee.

Am 14. März 2017 wurde der DIK verboten. Ein solches Vereinsverbot setzte voraus, dass das Handeln oder die Ziele des Vereins Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die Verfassung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Die Verbotsverfügung des Landesinnenministeriums hatte einen Umfang von 67 Seiten. Nach Verstreichen der gesetzlichen Widerspruchsfrist wurde die Moschee am 18. April 2017 von der Polizei geräumt. An der Polizeiaktion waren rund 370 Einsatzkräfte beteiligt. Das von der Polizeidirektion Göttingen beschlagnahmte Gebäude wurde Anfang 2019 an den Verein Lebenshilfe e. V. verschenkt.

Am 26. September 2017 begann der Prozess gegen Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah, Hasan Çelenk, Ahmed Fifen Youssouf, Mahmoud Omeirat und Boban Simeonovic vor dem Oberlandesgericht Celle unter dem Vorsitzenden Richter Frank Rosenow. Die Gerichtsakten umfassen mehrere zehntausend Seiten; im Verfahren sollen über 70 Zeugen und Sachverständige gehört werden. Die Anklage wird durch die Bundesanwälte Dieter Killmer, Holger Schneider-Glockzin und Nadine Robe vertreten. Die Rechtsanwälte von Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah sind Mutlu Günal (Bonn) und Peter Krieger (Bonn). Ein weiterer Verteidiger ist Ali Aydin (Frankfurt). Der Prozess dauert nun schon zwei Jahre, so dass die U-Haft für die Angeklagten verlängert werden musste. Warum in dem Verfahren nur das halbe "Abu-Walaa"-Netzwerk angeklagt wurde, ist nicht bekannt.

Die Spionage des Alexander B. zwischen Landesverrat und Staatswohl

Alexander B. ist deutscher Staatsbürger und vermutlich palästinensischer oder jordanischer Abstammung. Sein Vater war zeitweise Zweiter Vorsitzender im DIK-Vorstand, und so verkehrte auch er oft in der Masjid-Moschee. Allerdings teilte der Sohn nicht die radikalen Ansichten seines Vaters und so kam es häufiger zu einem theologisch-begründeten Familienzwist, bis Alexander B. von zu Hause auszog. Er heiratete, aber die Ehe wurde später geschieden. Zuletzt wohnte er bei seiner Schwester in Hildesheim.

Es ist nicht bekannt, ob Alexander B. schon vorher als vermeintlicher "Islamist" in der Moschee verkehrte und wann er unter welchen Umständen von den Jordaniern angeworben wurde. Jedenfalls spionierte Alexander B. den DIK spätestens seit März 2016 und mindestens bis zum 9. Mai 2018 für den jordanischen Geheimdienst aus. Sein Führungsoffizier war ein gewisser "Hazem". Er gab Informationen und Bildaufnahmen der Moscheebesucher an seine Auftraggeber weiter. So fotografierte er u. a. den Ausweis des Deutsch-Libanesen Mahmoud Omeirat und schickte die Aufnahmen per "Whatsapp" an seine Auftraggeber. Außerdem bot er seinem Führungsoffizier an, ihn in Kontakt zu Denis Mamadou Gerhard Cuspert zu bringen, mit dem er in einer "Whatsapp"-Chatgruppe kommunizierte, was der GID aber ablehnte. Darüber hinaus berichtete Alexander B. über polizeiliche Razzien gegen den Moscheeverein und die Presseberichterstattung über V-Leute, die im Umfeld der Moschee tätig waren.

Über die Agententätigkeit hieß es später in einer Pressemitteilung des Thüringer OLG in Jena:

Dem Angeschuldigten wurde im Wesentlichen vorgeworfen, im Zeitraum März 2016 bis Anfang Mai 2018 einem Angehörigen des jordanischen Geheimdienstes Informationen über die von dem "Deutschsprachigem Islamkreis Hildesheim e.V." unterhaltene Moschee (DIK-Moschee) in Hildesheim sowie über mehrere in Deutschland lebende Personen, vorwiegend deutsche Staatsangehörige übermittelt zu haben. Hierbei soll es sich zum einen um Erkenntnisse zu Angehörigen aus dem salafistischen Spektrum gehandelt haben, die nach Einschätzung des Angeschuldigten in den "Dschihad" nach Syrien ziehen wollten oder aber bereits dorthin ausgereist waren. Zum anderen soll der Angeschuldigte Informationen über Personen weitergegeben haben, denen er Kontakte zur "Hamas" oder zu den "Muslimbrüdern" und Geldwäschegeschäfte in den palästinensischen Autonomiegebieten zuschrieb.

OLG Thüringen

Gleichfalls stellte der BGH zur Spionagetätigkeit am 4. April 2019 fest:

In einem Chat am 27. Juli 2016 berichtete er "Ha." über polizeiliche Durchsuchungsmaßnahmen und Festnahmen beim D. und übersetzte in dessen Auftrag einen deutschsprachigen Pressebericht. "Ha." fragte den Angeklagten anschließend, ob er Personen erkannt habe, die anlässlich der polizeilichen Maßnahmen am 27. Juli 2016 festgenommen worden seien. Der Angeklagte übermittelte "Ha." daraufhin am selben Tag den Namen "A." mit dem Hinweis, dass es sich bei diesem um einen deutschen Muslim handele, der zusammen mit seiner Familie nach Syrien reisen wolle, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen. Des Weiteren übersandte er ihm zwei Lichtbilder, die den deutschen Staatsangehörigen S. alias "A. " und den deutschen Staatsangehörigen Mo. zeigten. S. und Al. gehörten nach Erkenntnissen des Landeskriminalamts Niedersachsen dem salafistischen Personenspektrum im Umfeld der D. -Moschee H. an.

Am 27. Juli 2016 übermittelte der Angeklagte darüber hinaus Informationen über den deutschen Staatsangehörigen C. an "Ha. ". Unter anderem nannte er ihm dessen vollständigen Namen und Geburtsdatum. Außerdem bot er ihm an, ihn in eine WhatsApp-Gruppe einzuschleusen, über die C. mit dem IS korrespondiere, was "Ha." jedoch aus Gründen der Vorsicht ablehnte. C. galt als führender deutschsprachiger Propagandist des IS. (…)

Ferner berichtete er ihm am selben Tag (gemeint ist der 14. August 2016, G. P.) per WhatsApp-Chat, er sei von Personen angesprochen worden, die über Jordanien nach Syrien reisen wollten. Kurz darauf übersandte er "Ha." eine mobile Rufnummer und weitere Informationen zu dem deutschen Staatsangehörigen Alp. und teilte ihm mit, dass dieser erklärt habe, sich in Syrien dem "Djihad" anschließen zu wollen. Alp. war dem salafistischen Personenkreis im Umfeld der D.-Moschee zuzuordnen und vom Landeskriminalamt Niedersachsen als Gefährder eingestuft.

Am 8. Dezember 2016 übermittelte der Angeklagte ergänzend zu den am 27. Juli 2016 übersandten Informationen und Lichtbildern Aufnahmen von der Vorder- und Rückseite des Bundespersonalausweises von Mohamad Al. sowie ein weiteres Lichtbild Al.s per WhatsApp an "Ha.".

Bundesgerichtshof

Darüber hinaus lieferte Alexander B. zumindest allgemeine Informationen über deutsche V-Leute, die in der Moschee verkehrten. So stellte der BGH fest:

Am 14. August 2016 teilte der Angeklagte seiner Kontaktperson "Ha. " per WhatsApp-Chat darüber hinaus mit, die Polizei habe im Zusammenhang mit dem Zugriff in der D. -Moschee eine Vertrauensperson ("Spion") eingesetzt, die behauptet habe, Waffen kaufen zu wollen.

BGH

Nicht bekannt wurde, ob Alexander B. gegenüber der Polizei belastende Aussagen gegen seinen Vater gemacht hat. Außerdem blieb unklar, ob Alexander B. für seine Spitzeldienste von den Jordaniern bezahlt wurde, jedenfalls reiste er mehrfach auf deren Staatskosten nach Amman, wo er von seinen Auftraggebern hofiert wurde. Der Kampf gegen den radikalen Islamismus ist für das Königreich Jordanien eine Frage der nationalen Sicherheit, zumal der "IS" zum Sturz der autoritären Monarchie von Abdullah II. bin al-Hussein aufgerufen und mehrfach Anschläge in Syriens Nachbarland verübt hat. Mehrere tausend Jordanier sollen sich dem "IS" und anderen radikalen Milizen im syrischen Bürgerkrieg angeschlossen haben.

Es ist unklar, ob und in welcher Form die Informationen, die Alexander B. brühwarm an den jordanischen GID weitergab, an den BND bzw. BfV und BKA zurückflossen. Entsprechend blieb unklar, ob die jordanischen Erkenntnisse den deutschen Behörden bei ihren Ermittlungen gegen die Islamisten weiterhalfen. Zwar darf man vermuten, dass es eine ausgiebige Zusammenarbeit der deutschen und jordanischen Geheimdienste bei der Terrorismusbekämpfung gibt, dennoch wurde bisher kein solcher Fall öffentlich bekannt, obwohl mehrere der Dschihadisten in Deutschland aus Jordanien stammen (Mohammad A. Salameh, Saleh al-Ghadban, Thaer Alhalah, Isam Ali Mohamed Alouche, etc.) und die Bundesbehörden in Einzelfällen Rechtshilfegesuche an die jordanischen Behörden richteten. In jedem Fall war die Weitergabe der Informationen über deutsche Staatsangehörige - strafrechtlich betrachtet - geheimdienstliche Agententätigkeit gegen die Bundesrepublik.

Spionage - juristisch umstritten?

Im komplexen Fall Alexander B. stellen sich mehrere Fragen: Was ist schlimmer, Spionage oder Terrorismus? Wann ist Spionage von wem gegen wen erlaubt, dann was deutschen V-Männern von Amts wegen möglich ist, ist deutschen Otto-Normalverbrauchern noch lange nicht gestattet. In welchem Umfang dürfen deutsche Sicherheitsbehörden mit ausländischen Nachrichtendiensten bei der Bekämpfung deutscher Terroristen in Deutschland zusammenarbeiten, wenn dieser ausländische "Partnerdienst" ein Bündnispartner im internationalen Anti-Terror-Krieg ist?

Dabei war den deutschen Sicherheitsbehörden die Agententätigkeit von Alexander B. völlig unbekannt geblieben, bis sich der "Agent" quasi selbst enttarnte. Seine Enttarnung erfolgte eher zufällig und allein durch die Naivität des Delinquenten:

Alexander B. soll 2017 in eine Polizeikontrolle geraten sein. Dabei gab es Hinweise auf illegalen Waffenbesitz. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ein. Im Zuge der Ermittlungen soll B. ganz plötzlich ausgesagt haben, er habe die Salafisten in Hildesheim im Blick und liefere Informationen an einen Kontaktmann in Jordanien über mögliche Dschihad-Reisende.

Die weiteren Ermittlungen des BKA erhärteten den Verdacht: Alexander B. verfügte wohl tatsächlich über tiefere Einblicke in die salafistische Szene in Hildesheim. Sein Vater soll im Vorstand der DIK-Moschee gewesen sein. Auch die Angaben über die Verbindungen zum Geheimdienst in Jordanien halten die Ermittler für belastbar. So soll B. für seine Spitzeleien in Deutschland auch Geld bekommen haben. Einmal erkundigte er sich bei seinem jordanischen Kontaktmann, wo denn sein Gehalt bleibe.

Die Welt

Nach der Enttarnung von Alexander B. ermittelte die Bundesanwaltschaft seit Mai 2018 gegen ihn aufgrund der Erkenntnis, dass er im Auftrag der Jordanier in einer der gefährlichsten salafistischen Moscheen in Deutschland gespitzelt hatte.

Dazu gab der Generalbundesanwalt im August 2018 bekannt:

Nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen stand der Beschuldigte im Jahr 2016 in Verbindung zu einem jordanischen Geheimdienst. In dessen Auftrag soll er Informationen über die DIK-Moschee in Hildesheim gesammelt und an seine Auftraggeber in Jordanien weitergegeben haben. Dabei soll der Beschuldigte auch Erkenntnisse zu mehreren Personen geliefert haben, die seiner Einschätzung nach in den "Dschihad" nach Syrien ziehen wollten oder aber bereits dorthin ausgereist waren.

Generalbundesanwalt

Am 19. Juni 2018 erließ der zuständige Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einen Haftbefehl gegen Alexander B. (Aktenzeichen: 1 BGs 218/18). Am 7. August 2018 wurde Alexander B. wegen des Verdachtes der geheimdienstlichen Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 StGB) durch Beamte des Bundeskriminalamtes festgenommen. Der Zugriff erfolgte am 7. August 2018 an der Autobahnraststätte der A4 in Laucha im Landkreis Gotha durch das Mobile Einsatzkommando des BKAs. Das BKA hatte den damals 33 Jahre alten Mann gesucht und spürte ihn in Thüringen auf, als er offenbar aus Polen kam.

Am 19. Oktober 2018 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Alexander B. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Thüringen in Jena wegen "geheimdienstlicher Agententätigkeit". Hier lohnt sich ein Blick ins Gesetzbuch (§99 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB):

Wer

- 1. für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder

- 2. gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

Der Generalbundesanwalt führte dazu in einer Pressemitteilung aus:

Alexander B. stand im Zeitraum März 2016 bis Anfang Mai 2018 in Kontakt mit einem Angehörigen des jordanischen Geheimdienstes. Er übermittelte Informationen über die DIK-Moschee in Hildesheim sowie über mehrere in Deutschland lebende Personen, vorwiegend deutsche Staatsangehörige. Hierbei handelte es sich zum einen um Erkenntnisse zu Angehörigen aus dem salafistischen Spektrum, die nach Einschätzung des Angeschuldigten in den "Dschihad" nach Syrien ziehen wollten oder aber bereits dorthin ausgereist waren. Zum anderen gab der Angeschuldigte Informationen über Personen weiter, denen er Kontakte zur "Hamas" oder zu den "Muslimbrüdern" und Geldwäschegeschäfte in den palästinensischen Autonomiegebieten zuschrieb.

Generalbundesanwalt

Die Richter des Staatsschutzsenates des Thüringer Oberlandesgerichtes wiesen die Klage am 12. November 2018 zurück (Aktenzeichen: 3 St 3 BJs 20/17) und hoben den Haftbefehl auf. Alexander B. wurde durch seinen Anwalt Michael Ried vertreten. Zur Begründung ihres Nichteröffnungsbeschlusses hieß es in einer Medieninformation des Gerichts:

Der Senat ist der Rechtsauffassung des Generalbundesanwalts, dass die dem Angeschuldigten zur Last gelegte Agententätigkeit strafbar sei, nicht gefolgt. Eine Strafbarkeit wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) setzt unter anderem voraus, dass die Tätigkeit "gegen die Bundesrepublik Deutschland" gerichtet ist. Hieran fehle es. Der gesetzliche Tatbestand der Strafnorm sei weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

Der Senat hat bei der Beurteilung der Frage, ob die dem Angeschuldigten vorgeworfenen Taten "gegen die Bundesrepublik Deutschland" gerichtet waren, alle Fallumstände einer wertenden Gesamtbetrachtung unterzogen und dabei auch die konkrete Vorgehensweise des Angeschuldigten und die Hintergründe und Ziele seiner Ausspähungsbemühungen in den Blick genommen.

Hierbei ist der Senat davon ausgegangen, dass eine Bespitzelung deutscher Staatangehöriger durch fremde Geheimdienste grundsätzlich deutsche Interessen verletzt. Nach Auffassung des Senates war aber auch zu berücksichtigen, dass die vom Angeschuldigten ausgespähten deutschen Staatsangehörigen salafistischen, der Ideologie des "Dschihad" ("Heiliger Krieg") anhängenden Kreisen angehörten und von ihnen eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ausging. Die Ausspähung durch die geheimdienstliche Tätigkeit des Angeschuldigten habe deshalb auch die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik gefördert. Diesem Umstand komme bei der gebotenen Gesamtbetrachtung hier ein solches Gewicht zu, dass die Feststellung, dass sich das Handeln des Angeschuldigten "gegen die Bundesrepublik" gerichtet habe, im Ergebnis nicht getroffen werden könne.

Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass es nach Aktenlage auch an entsprechenden Belegtatsachen für die Annahme eines zumindest bedingten Tatvorsatzes des Angeschuldigten fehle. Anhaltpunkte, wonach der Angeschuldigte nach seinen persönlichen Vorstellungen Interessen der Bundesrepublik verletzt haben könnte, seien nicht ersichtlich.

Staatsschutzsenat des Thüringer Oberlandesgerichts

Mit der Abweisung der Klage wurde Alexander B. aus der Untersuchungshaft entlassen und ist seitdem untergetaucht.

Gegen den Beschluss des Thüringer OLG legte die Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe Beschwerde ein. Am 4. April 2019 beschloss der 3. Strafsenat des BGH, dass das OLG in Jena die Klage zulassen und sich mit dem Fall neu befassen muss (Aktenzeichen: StB 54/18 und StB 55/18). Zur Begründung hieß es im Beschluss des BGH:

Insbesondere ist entgegen der vom Oberlandesgericht vertretenen Auffassung davon auszugehen, dass die geheimdienstliche Tätigkeit des Angeklagten für den j. Geheimdienst gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet war. Dazu gilt:

Das Tatbestandsmerkmal "gegen die Bundesrepublik Deutschland" ist nicht eng im Sinne eines unmittelbar gegen den Bestand der Bundesrepublik oder gegen ihre staatlichen Institutionen gerichteten Handelns zu verstehen; vielmehr genügt eine Tätigkeit gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Es reicht aus, wenn staatliche Belange zumindest mittelbar berührt sind und die Bundesrepublik Deutschland in ihrer funktionalen Stellung als politische Macht betroffen ist (BGH, Beschlüsse vom 22. September 1980 - StB 25/80, BGHSt 29, 325, 331; vom 20. Januar 2015 - 3 StR 551/14, BGHSt 60, 158 Rn. 5). Das ist bei einer geheimdienstlichen Tätigkeit eines ausländischen Geheimdienstes auf deutschem Staatsgebiet regelmäßig der Fall. (…)

Falls deutsche Staatsangehörige ausgespäht werden, ergibt sich eine Verletzung deutscher Interessen demgegenüber schon daraus, dass die Bundesrepublik ihren Staatsangehörigen gegenüber dem Zugriff ausländischer staatlicher Stellen in besonderem Maße zum Schutz verpflichtet ist. Das folgt etwa aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG und gilt uneingeschränkt auch dann, wenn es sich bei den Betroffenen um Mitglieder oder Unterstützer einer ausländischen terroristischen Vereinigung handelt (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2017 - 3 StR 211/17, NStZ 2018, 590, 593). Deren Ausforschung durch einen fremden Geheimdienst auf deutschem Staatsgebiet aus dem Anwendungsbereich des § 99 Abs. 1 StGB auszunehmen, weil sie der Ideologie des extremistischen Djihadismus anhängen, der unter anderem darauf gerichtet ist, Terroranschläge in Ländern des westlichen Kulturkreises und damit insbesondere auch in Deutschland zu begehen, widerspricht Sinn und Zweck der Vorschrift sowie dem Willen des Gesetzgebers. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass die Interessen der Bundesrepublik Deutschland durch geheimdienstliche Operationen eines fremden Geheimdienstes auf deutschem Staatsgebiet allenfalls dann nicht berührt sein sollen, wenn der fremde Geheimdienst allein gegen Angehörige des eigenen Landes oder dritter Länder tätig wird (BT-Drucks. 5/2860, S. 23). (…)

Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Angeklagte sein Verhalten selbst als gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet bewertete; insoweit kommt allenfalls ein Subsumtions- bzw. vermeidbarer Verbotsirrtum in Betracht.

BGH

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) pflichtete dem Gericht in einer Stellungnahme vom August 2019 bei und nutzte zugleich die Gelegenheit, um seine Spionageabwehr zu preisen, obwohl es zur Enttarnung von Alexander B. bekanntlich garnichts beigetragen hatte:

Jordanien, das südliche Nachbarland Syriens, ist im Kampf gegen den IS ein Verbündeter des Westens. Deutschland und andere Staaten lassen von dort aus Aufklärungs- und Kampfflugzeuge starten. Doch auch bei einer bestehenden politischen Partnerschaft ist Spionage durch andere Länder in Deutschland strafbar - auch wenn sie sich gegen den IS und andere Islamisten richtet und nicht gegen die Bundesrepublik Deutschland selbst.

Die Aufklärungs- und Abwehraktivitäten der Spionageabwehr des BfV richten sich gegen alle illegalen nachrichtendienstlichen Aktivitäten. Dabei gibt es keine Festlegung auf einzelne oder einen Kreis ausgewählter Staaten. In den letzten fünf Jahren hat das BfV die Ressourcen der Spionageabwehr im Rahmen dieser "360°-Bearbeitung" verstärkt und neue Methoden zur Gewährleistung dieses Rundumblicks entwickelt. So können beim Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für nachrichtendienstliche Aktivitäten in Deutschland praktisch alle ausländischen Nachrichtendienste in den Fokus des BfV geraten.

Bundesamt für Verfassungsschutz

Alexander B. soll sich derzeit in einem EU-Nachbarland aufhalten. Am 22. Oktober 2019 soll der Prozess vor dem 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Thüringen in Jena unter dem Vorsitzenden Richter, Martin Giebel, beginnen. Ein Gerichtssprecher erklärte: "Wir gehen davon aus, dass er kommt." Neuer Verteidiger von Alexander B. ist diesmal Malte Schönekäs (Hildesheim). Im Prozess sollten auch die Waffengeschäfte von Alexander B. zur Sprache kommen.

Während der "Abu Walaa"-Prozess vor dem Oberlandesgericht Celle schon über zwei Jahre andauert, will das Oberlandesgericht Jena den komplexen Sachverhalt in nur drei Verhandlungstagen abhandeln. Danach will der Vorsitzende Richter am 7. November 2019 in seiner sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit, übermannt von dem Informationsfluss und dem Erkenntnisreichtum der mündlichen Verhandlung sein obligatorisch "gerechtes" Urteil fällen. Dieses ist dann so frisch wie Obst und Gemüse in Deutschland und stand keineswegs schon vor Prozessbeginn fest! Das ist bekanntlich der Unterschied zwischen einem aufwendigen "Rechtstaat" und einer bloß korrupten "Justiz" einer x-beliebigen Bananenrepublik.

Ausländische Nachrichtendienste gegen Dschihadisten in Deutschland

Gemäß dem Urteil des Bundesgerichthofs ist zu unterscheiden zwischen einerseits Biodeutschen und "germanisierten" Ausländern, die die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben, und andererseits Pseudo-"Migranten", die als Angehörige der zweiten oder dritten Generation von "Gastarbeiter"-Familien in der BRD geboren wurden, und "echten" Migranten, seien es nun Arbeitsmigranten oder (Kriegs-)Flüchtlinge. Biodeutsche und eingebürgerte Ausländer in der BRD sind gegenüber der Ausforschung durch ausländische Nachrichtendienste durch die deutschen Behörden besonders zu schützen, die Übrigen nicht.

So hat das Urteil des Bundesgerichtshofs über den Einzelfall Alexander B. hinaus weiterreichende Folgen für die Kooperation der deutschen Sicherheitsorgane mit ausländischen Nachrichtendiensten bzgl. deren Tätigkeit auf dem deutschen Territorium. Mehrere deutsche Dschihadisten wurden im Inland durch fremde Nachrichtendienste nachweislich überwacht: Robert Baum (brit. Sicherheitsdienste Security Service oder Secret Intelligence Service), Mamoum Darkazanli (amerikanisches Federal Bureau of Investigations Office in Frankfurt und Central Intelligence Agency Station in Berlin), Josef Dweik (CIA), Khalid el-Masri (CIA), Christian David Eckart Heinz Emde (SS oder SIS), Bünyamin Erdoğan (U.S. National Security Agency), Fritz Martin Gelowicz (CIA, NSA und türkischer Milli İstihbarat Teşkilâtı), Yasmin Hammami (CIA), Daniel Schneider (CIA, NSA), Mohamed Ramez Sultan (CIA. MIT), Reda Seyam (US-Nachrichtendienste), Fatih Temelli (russische Federalnaja sluschba besopasnosti Rossijskoj Federazii) und Mohammed Haydar Zammar (CIA).

Wiederholt führte diese Spionagetätigkeit gegen diese militanten, deutschen Konvertiten zu diplomatischen Verwicklungen: Im (Entführungs-)Fall Khalid el Masri leitete die Staatsanwaltschaft München I Ermittlungen gegen dreizehn beteiligte CIA-Agenten ("Kirk James Bird" alias "James Robert Kirkland" alias Harry Kirk Elarbee, "Briam Charles", "John Decker", "Eric Fair" alias Eric Robert Hume, "Captain James Fairing" alias James Kovalesky, "Jason Franklin", "Michael Grady", "Walter Richard Greesbore", "Hector Lorenzo", "Uncle Bud" alias Lyle Edgard Lumdsen. III, "James Ohale" oder "James O'Hale", "Jane Payne" und "Patricia Riloy" oder "Patricia O'Riley") ein, stellte diese aber im April 2017 ein, da die Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Der Rechtsanwalt von el-Masri, Manfred Gnjidic, kündigte daraufhin an, dass er gegen die Einstellung der Ermittlungen eventuell Beschwerde einlegen wolle. Er habe den Verdacht, "dass die Staatsanwaltschaft schon seit Jahren nicht mehr ernsthaft in dem Fall ermittelt hat", erklärte der Anwalt.

Es bleibt abzuwarten, ob im Fall Alexander B. zum ersten Mal ein Spitzel eines ausländischen Nachrichtendienstes wegen seiner Spionage gegen deutsche Konvertiten auf deutschem Territorium abgeurteilt wird. Da die in der BRD tätigen ausländischen Nachrichtendienste ihre Erkenntnisse z. T. durch den Einsatz von Agenten und Spitzeln erringen, stellt sich dann die juristische Frage, in wie weit die Entgegennahme dieser Informationen durch die deutschen Sicherheitsdienste illegal ist, wenn schon ihre Beschaffung illegal war. Sonst würden ja die deutschen Sicherheitsbehörden durch ihre Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten deren illegale Spionage in und gegen Deutschland und deutsche Staatsbürger fördern!