"Don't be a tough guy. Don't be a fool!"

US-Außenminister Pompeo und Vizepräsident Pence feiern die Überinkunft mit der Türkei. Bild: Weißes Haus

Donald Trump knickt vor der Türkei ein, Erdogan kann frei spielen, weil auch die EU keinen Druck ausübt

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Die US-Regierung kämpft darum, mit der Entscheidung Trumps, die Invasion der türkischen Armee nach Syrien eingeleitet zu haben, irgendwie zurechtzukommen. Die Kritik von allen Seiten war groß, zumal Donald Trump vorgeworfen wird, den Rückzug der US-Truppen in Nordsyrien und den Einmarsch der türkischen Truppen und der türkischen dschihadistischen Milizen nicht sofort mit massiven ökonomischen Sanktionen beantwortet zu haben. Dafür gab es einen peinlichen, kollegialen Brief von Trump am 9. Oktober an Erdogan, der Erdogan nur klar gemacht hat, dass er von Trump nichts zu befürchten hat. Aus Ankara hieß es, der Brief sei weggeworfen worden.

Mühsam hat Washington schwache Sanktionen gegen die Türkei ausgesprochen, die eher dazu gedacht zu sein scheinen, den Plänen des Kongresses den Wind aus den Segeln zu nehmen, als Ankara unter Druck zu setzen. Peinlich ist geradezu das Ergebnis des Besuchs von US-Vizepräsident Mike Pence in Ankara bei Erdogan. Die türkische Regierung werde ihre Angriffe des im Übrigen völkerrechtswidrigen Kriegs für 5 Tage unterbrechen, wenn in der Zeit die kurdischen SDF/YPG-Kämpfer aus der von der Türkei beanspruchten "Sicherheitszone" abziehen. Dafür wird versichert, dass die Nato zusammensteht, alle gegen Bedrohungen zu verteidigen und dass die USA die angedrohten Sanktionen nicht umsetzt.

Die SDF/YPG war allerdings vor dem Beginn des türkischen völkerrechtswidrigen Kriegs keine Bedrohung der Türkei. Offenbar stimmte Pence mit der Türkei überein, die SDF/YPG, mit der die USA den IS bekämpft und syrisches Territorium kontrolliert hat, als Terroristen zu bezeichnen. Die Invasion als Verletzung des Völkerrechts zu bezeichnen, unterblieb auch von US-Seite. Das freilich ist nicht so verwunderlich, weil sich die USA um das Völkerrecht nicht scheren, wenn es nicht ums eigene Machtinteresse geht.

Die US-Regierung räumt der Türkei ein, ein Recht auf die Einrichtung einer "Sicherheitszone", die 32 km in Syrien hineinreicht, zu haben und diese "primär" mit der türkischen Armee zu sichern. Von den dschihadistischen Milizen, die Ankara einsetzt, ist in der Vereinbarung nicht die Rede, was heißt, dass die USA deren Gräueltaten zulässt.

Trump feierte die Vereinbarung, weil damit angeblich "Millionen von Menschenleben" gerettet worden seien. Erdogan entgegnete, dass mehr Leben gerettet würden, wenn der Terrorismus bekämpft würde. Damit meinte er die syrischen Kurden, obwohl die Türkei den IS unterstützte, die Dschihadisten der HTS in Idlib schützt und selbst Islamisten der HTS und des IS in seinen Milizen einsetzt.

In dem Spiel, die Türkei in der Nato zu halten, zieht Trump den Kürzeren. Erdogan ist am längeren Hebel, weil er aus der Nato aussteigen und zu Russland überwechseln könnte, auch wenn er dann trotz der geopolitischen Lage an Wert für Russland verlieren könnte. Aber die USA würde einen wichtigen Stützpunkt im Nahen Osten verlieren, an dem sie auch noch über die "nukleare Teilhabe" Atomwaffen gelagert hat, die im Konfliktfall türkische Kampfflugzeuge einsetzen würden.

Sind die Atomwaffen auch ein Druckmittel der Türkei gegenüber den USA? Ein Problem könnte auch der Kauf der russischen S-400-Raketenabwehrsysteme sein. Käme es zu einem militärischen Konflikt über Syrien, könnte die Türkei in der Lage sein, mit dem russischen System amerikanische Angriffe abzuwehren. Das würde Russlands Militärtechnik befördern, S-400 ist ein wichtiges russisches Exportprodukt, und amerikanische Technik abwerten, was Trump wahrscheinlich nicht riskieren will.

Trump will die Vereinbarung mit der Türkei als Erfolg feiern - nicht nur für sich, sondern gleich auch für die Zivilisation: "Das ist ein großer Tag für die Zivilisation. Ich bin stolz auf die USA, meinem notwendigen, aber nicht konventionellen Weg zu folgen. Menschen haben viele Jahre versucht, diesen 'Deal' z u machen. Millionen von Leben werden gerettet werden. Dank an ALLLE!"

Die Türkei versichert, dass die türkischen Streitkräfte in Syrien bleiben. Es sei kein Waffenstillstand, sondern nur eine Pause. Auch Kobani, wo die USA die Unterstützung der syrischen Kurden begonnen hatten, sei nicht ausgenommen. Das belegt den gesunkenen oder verschwindenden Einfluss der USA in der Region und gegenüber der Türkei.