Kommen jetzt selbstfahrende E-Scooter und E-Fahrräder in die Städte?

Ein Tortoise-E-Scooter wurde Anfang September in Peachtree Corners, Georgia, vorgeführt, wo sie auch wie Drohnen oder autonome Busse eingesetzt werden sollen. Bild: Tortoise

Damit sollen Scooter oder Bikes selbständig wieder zu Parkplätzen, zum Auftanken oder zum Abholen vors Haus kommen - und damit Jobs für Menschen wegautomatisieren

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Elektrische Roller und Fahrräder haben die größeren Städte bereits erobert. Noch müssen die Benutzer selbst fahren. Aber demnächst werden wahrscheinlich selbstfahrende Scooter, Fahrräder oder Motorroller in den Städten unterwegs sein.

Segway hat bereits den wohl ersten halbautomatisch fernsteuerbaren dreirädigen E-Scooter KickScooter T60 für Sharing-Firmen entwickelt. Damit lassen sich mehrere Scooter gleichzeitig über ein Ki-gesteuertes Cloudsystem bewegen, um diese zu verteilen oder an eine Dockingstation zu bringen, um sie automatisch dort aufzuladen. Mit einer Kamera mit einer Fischaugenlinse soll der Scooter mittels eines lernenden KI-Programms erkennen, wo es fahren kann und eine Karte für eine hindernisfreie Route erzeugen.

Auch Uber will selbstfahrende Roboterscooter und -fahrräder entwickeln, und da ist auch noch die Start-up-Firma Tortoise, die von einem Ex-Uber-Mitarbeiter gestartet wurde, um Programme zum autonomen und fernsteuerbaren Fahren für Scooter, Fahrräder oder Motorroller aller Art anzubieten.

Die Idee hinter selbständig fahrenden und fernsteuerbaren E-Scootern ist, menschliche Arbeitskräfte einzusparen, die bislang die Fahrzeuge suchen, einsammeln, aufladen und verteilen müssen, aber auch zu verhindern, dass sie, irgendwo abgestellt, Fußgänger oder anderen Verkehr behindern. Scooter ließen sich auch zu Sammelpunkten fahren oder man könnte sie bestellen, so dass man nicht einmal mehr bis zum nächsten Scooter gehen muss, sondern dieser einen abholt. Dann würden sie nicht nur für die viel beworbene "letzte Meile" sein, sondern dafür sorgen, dass man möglichst keinen Schritt mehr gehen muss.

Wenn ein Scooter umfällt oder umgestoßen wird, kann er sich allerdings (noch) nicht selbst aufrichten, dann ist auch bei Tortoise wieder menschliche Hilfe vonnöten, die automatisch angefordert wird. Man will Wege bevorzugen, die wenig von Fußgängern frequentiert werden, um solche Vorfälle zu minimieren. Das dürfte in belebten Innenstädten kaum möglich sein. Die Strecken für die automatische Rückholung sollen mit den Städten festgelegt werden. Zunächst sollen die Scooter aus der Ferne mittels einer Kamera gesteuert werden, was dann den Verkehr, aber nicht auch schon menschliche Arbeitskraft reduzieren würde.

Screenshot aus dem Segway-Werbevideo für den Kickscooter T60.

Die Frage wird sein, ob Städte dies überhaupt zulassen wollen. Es wurden auch schon wieder E-Scooter oder wie San Francisco die Benutzung von Bürgersteigen durch Lieferroboter verboten. Verkehrsprobleme bzw. Unfallrisiken werden dadurch nicht notwendig gemindert, sondern vermutlich erhöht, zumindest in den dicht bevölkerten Zentren und dort, wo die Verkehrsinfrastruktur schlecht ist. Mag sein, dass es in Vororten mit wenig Fußgängern und ordentlichen Fuß- oder Fahrradwegen anders ist. Man muss nur im Extremfall daran denken, dass Hacker einen Schwarm von E-Scootern übernehmen und ein Chaos anrichten könnten. Überdies werden die Fahrzeuge für Diebe attraktiver, weil sie mit teurer Technik ausgestattet sind als diejenigen, die heute verwendet werden. Und die mit Kameras ausgestatteten E-Scooter und E-Fahrräder könnten nicht nur deswegen auf Ablehnung stoßen, weil sie den Verkehr verdichten, sondern auch, weil sie prinzipiell neue Überwachungstechnik ist.

Im Fall von Tortoise sollen es allerdings nur 100 US-Dollar mehr als bei den herkömmlichen sein - für das Programm, Raspberry Pi, zwei Kameras, Radar, einen Mikroprozessor. Bei zweirädrigen Gefährten kommen auch zur Stütze zwei kleine Hilfsräder hinzu, die hochgefahren werden, wenn ein Mensch den Scooter übernimmt. Das Prinzip freilich könnte auch für autonome Fahrzeuge durchschlagen, die nur autonom fahren, wenn dies der Passagier wünscht oder niemand mitfährt, ansonsten darf der Mensch weiter Herr am Steuer bleiben und die viel beschworene Freiheit des Fahrens mit allen Regelverstößen genießen.