US-Abgeordnete fordern die Einstufung des Asow-Regiments als Terrororganisation

Innenminister Awakow bei der Übergabe von Medaillen an Mitglieder des Asow-Regiments am 18. Oktober. Bild: Asow

Innenminister Awakow hat die rechtsextreme Miliz in die Nationalgarde eingegliedert, macht eine "Informationskampagne" aus, Asow sieht die Forderung der US-Abgeordneten als "Infowar" gegen die Ukraine

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Letzte Woche kam wohl auch aufgrund der Verwicklungen von Trump und Biden mit der Ukraine und dem Impeachment-Verfahren eine ungewöhnliche Initiative von amerikanischen Kongressabgeordneten zustanden. Der demokratische Abgeordnete Max Rose, Vorsitzender des Heimatschutz-Unterausschusses für Aufklärung und Terrorismusbekämpfung, schrieb einen Brief an das Außenministerium, dem sich 39 weitere Abgeordnete anschlossen, allerdings kein einziger republikanischer. Gefordert wurde mit Verweis auf den Angriff auf die Synagoge in Halle, auf eine Synagoge in Poway, Kalifornien, und einen Lebensmittelladen in El Paso, ein Verbot von ausländischen rassistischen Organisationen, die die Überlegenheit (Suprematismus) der Weißen zu ihrem Kern haben. Dazu kommen die Anschläge in Christchurch.

Wenn ein Amerikaner sich dem Islamischen Staat oder einer anderen Terrororganisation auf der Terrorliste anschließt, habe der Staat einige Möglichkeit, das zu bekämpfen. Aber wenn ein Amerikaner sich einer gewalttätigen Extremistengruppe von weißen Suprematisten anschließt und deren Botschaften verbreitet, könne die Regierung nichts machen. Dabei sei nach dem US-Heimatschutzministerium der gewalttätige weiße Suprematismus eine der mächtigsten Antriebskräfte für den Inlandsterrorismus - und das, müsste man hinzufügen, nicht erst seit kurzem.

Das Außenministerium müsse auch ausländische weiße nationalistische Gruppen auf die Terrorliste setzen, nach Rose wäre dies erforderlich bei der nationalsozialistischen "Schwedische Widerstandsbewegung", der britischen rechtsextremistischen National Action und beim rechtsnationalistischen Asow-Bataillon aus der Ukraine, allesamt sind auch antisemitisch ausgerichtet.

Asow-Regiment geht wieder an die Front

2016 hatte der Kongress bereits eine Resolution verabschiedet, nach der das US-Militär die Neonazi-Organisation weder trainieren noch unterstützen oder mit Waffen versorgen darf. Das Pentagon erreichte allerdings, dass die Resolution aus dem Pentagon-Budget-Gesetz wieder entfernt wurde, weil eine Kooperation schon nach einem anderen Gesetz verboten sei. Die damit gemeinten Leahy-Gesetze verbieten das aber nur, wenn die ausländischen Sicherheitskräfte schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, was aber beim Asow-Regiment, dem solche gleichwohl vorgeworfen wurden, nicht zutreffe.

Dass seitdem das Asow-Regiment legal amerikanische Hilfe und Training erhalten konnte, erzürnte das Simon Wiesenthal Center. Erst 2018 setzte der US-Kongress zumindest durch, dass an das Asow-Regiment keine Waffen übergeben werden dürfen. Ob und welche Unterstützung das Asow-Regiment erhalten hat, ist unklar, klar ist hingegen, dass amerikanische Waffen an es gelangten (wie übrigens auch israelische).

Im Frühjahr wurde das mit schweren Waffen ausgerüstete Asow-Bataillon wieder in das Kampfgebiet in der Ostukraine geschickt, nachdem es drei Jahre wegen der Nazi-Vorwürfe aus dem Kampf abgezogen worden und bei Mariupol kaserniert worden war, aber neue Kämpfer rekrutiert und ausgiebig trainiert hat. Offenbar wurden Kämpfer auch immer wieder in den Einsatz geschickt, da 2018 mehrere getötet wurden.

Das Asow-Bataillon ist besonders interessant, weil es einen rechtsnationalistischen Akteur gegen Russland betrifft, das unter dem Schutz des Innenministers Awakow steht, der es Ende 2014 wie andere Milizen in die Nationalgarde - nicht in das Militär! - eingliederte und zu einer staatlichen Institution machte. Die Nähe zum Asow-Regiment zeigte sich auch daran, dass Awakow Wadim Trojan, den stellvertretenden Asow-Kommandeur und Mitglied der rechten Organisation "Patriot der Ukraine", 2015 zum Chef der Nationalen Polizei von Kiew und schließlich 2017 zum stellvertretenden Innenminister ernannte.

Innenminister Awakow fördert das Regiment mit rechtsnationalistischer oder Neonazi-Ideologie

Der neue Präsident Selenskyi wagte es bislang nicht, Awakow wie viele andere Minister und Behördenleiter zu ersetzen, obgleich auch Awakows Günstling Trojan im September seinen Hut nehmen musste. Der Innenminister verfügt mit dem Kommando über Nationale Polizei, den Grenzschutz und Nationalgarde über eine eigene Hausmacht. Da der Oligarch Ihor Kolomojskyj, der in Fehde mit Poroschenko lag, der Förderer von Selenskyi ist, dürfte auch dazu beigetragen haben, dass Awakow weiter im Amt ist. Auch zur Wahl setzte sich der Oligarch für Awakow ein. Den Wahlsieg von Selenskyi bezeichnete er im Mai als gemeinsamen Sieg von ihm und Awakow. Kolomojskyj soll auch zumindest zu Beginn das Asow-Regiment mit finanziert haben.

In das Regiment wurden 2014 auch Ausländer aufgenommen, die gegen die Separatisten in der Ostukraine kämpfen wollten. Auch später wurde im Ausland in rechtsextremen Kreisen rekrutiert und Willige militärisch ausgebildet, dazu wurden über die vom Ex-Kommandeur Andriy Biletsky gegründete Partei Nationales Korpus Verbindungen zu Rechtsextremen und weißen Suprematisten aufgebaut. Biletsky war bis zur Wahl 2019 Abgeordneter. Asow hat auch schon wegen seiner Symbole eine Nähe zum Faschismus demonstriert, mit der 2018 gegründeten Nationalni Druschini (National Druzhyna oder Nationales Kommando) wurde klargemacht, dass man sich auch innenpolitisch einmischen will und offen faschistische Rituale und Ästhetiken pflegt (Militante rechtsextreme Gruppen können in der Ukraine ungestraft Gewalt anwenden).

"Gezielter Versuch, die Position der Ukraine in der Welt zu schwächen"

Auf den Brief der 40 US-Abgeordneten, in dem gefordert wird, das Asow-Regiment in die Liste der ausländischen Terrororganisationen (FTO) aufzunehmen, erwiderte das Regiment, es sei eine offizielle Einheit der Nationalgarde, die dem Innenministerium und dem Generalstab der Streitkräfte untersteht. Es sei eine der bekanntesten und fähigsten Einheiten der Ukraine: "Die 40 Abgeordneten des Repräsentantenhauses haben, wenn sie Asow mit Terroristen gleichsetzen, allen anderen ukrainischen Einheiten, die die Ukraine an der Front verteidigt haben, denselben Status verliehen. "

Die Kommandeure des Asow-Regiments erklären, dass ein solcher Brief nichts anderes ist als ein Infowar gegen die Ukraine, ihre Souveränität und staatliche Sicherheit. Das Asow-Regiment habe nichts mit den Terroranschlägen in Christchurch zu tun. Dies als Grund für solche Forderungen zu nehmen sei "kompletter Unsinn" und eine Lüge und Verleumdung. Schon 2015 und 2016 habe man in den USA ähnliche verunglimpfende Versuche gemacht, die mit prorussischer Propaganda verglichen werden, das habe aber keinen Erfolg gehabt.

Auch Innenminister Awakow hat sich eingeschaltet und die Forderung der US-Abgeordneten als Versuch bewertet, die Position der Ukraine in der Welt zu schwächen. Es handele sich um eine "Informationskampagne", nach der angeblich die Nazi-Ideologie im Personal der Spezialeinheit verbreitet sei. Das sei ein "gezielter Versuch, das Asow-Regiment und die Nationalgarde vor allem in der Wahrnehmung der internationalen Partner der Ukraine zu diskreditieren, eine Krise mit unseren Alliierten zu provozieren und die Position unseres Landes in der Welt zu schwächen". Awakow spricht von einer "hybriden Methode". Sie werde genau wegen der "militärischen Effizienz des Asow-Spezialregiments bei der Verteidigung des Staats vor der militärischen Aggression" eingesetzt, also weil es anders nicht geht, suggeriert Awakow.

Auch Bohdan Yaremenko, Abgeordneter der Selemskyi-Partei "Diener des Volkes" und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, will den amerikanischen Abgeordneten einen Brief schreiben und anbieten, sie zu informieren. Für ihn handelt es sich ebenfalls um ein Schlechtmachen einer der Einheiten der Nationalgrade, die am meisten geehrt und kampfbereit sei. Asow sei von Aktivisten der "Revolution der Würde" gegründet worden, 26 Kämpfer der "glorreichen Einheit" seien für die "Unabhängigkeit der Ukraine" gestorben. Die ukrainischen Behörden sollen die Behauptungen der US-Abgeordneten widerlegen.

Offenbar berührten die US-Abgeordneten mit dem Asow-Regiment einen wunden Punkt der ukrainischen Nationalisten. Der frühere Außenminister Klimkin meint, wenn das Regiment zu einer Terrororganisation erklärt würde, sei das "ein Knockout der Freiwilligenbewegung und der Ukraine" und eine Frage der "Staatssicherheit". Er sieht einen Zusammenhang mit dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyi an der Kampflinie bei Zolote.

Selenskyi will das Minsker Abkommen umsetzen und den Krieg beenden, während er gleichzeitig die Ukraine einer Nato-Mitgliedschaft näherbringen will. Jetzt geht es darum, dass die schweren Waffen zurückgezogen werden. In Zolote sprach er auch mit einer Gruppe von Freiwilligen und Kriegsveteranen, die ihn heftig wegen des Abzugs kritisierten. Selenskyi versicherte, es werde keine Kapitulation geben.