Der Schwarze Raum des Zbigniew Brzezinski

Iranische Studen klettern über die Mauer der US-Botschaft in Teheran, 4. Nov. 1979. Foto: "unknown"/revolution.shirazu.ac.ir/gemeinfrei

USA geben Geheimakten zum Geiseldrama von 1979 frei

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Vor genau 40 Jahren stürmten iranische Studenten die Amerikanische Botschaft in Teheran und nahmen zunächst 65 Geiseln, um die Auslieferung des während der Iranischen Revolution geflohenen Mohammad Reza Pahlavi zu erzwingen. Präsident Jimmy Carter, der nach Watergate die Scherben der CIA zusammengefegt und die aggressive Außenpolitik der USA zurückgefahren hatte, fiel die undankbare Aufgabe zu, die Krise auszubaden. Auf Fürsprache von Republikanern, die plötzlich ihren Sinn für Humanität entdeckten, hatte Carter im Oktober persönlich dem Shah die Einreise in die USA erlaubt, damit sich dieser einer Krebsbehandlung unterziehen konnte.

In der US-Botschaft hatte einem Hausbesuch vorgesorgt und bereits im April mit der Vernichtung von Akten mit dem Reißwolf begonnen. Allerdings hatte man den Fleiß der Iraner bei der Rekonstruktion unterschätzt. Die Botschaftsbesetzer trieb neben dem Hass auf den Shah auch die Befürchtung, der US-Geheimdienst könnte etwa von der Botschaft aus erneut einen Staatsstreich organisieren. 1953 hatte die CIA den gewählten Staatschef Mossadegh aus dem Amt geputscht und dem Shah beim Aufbau der Geheimpolizei SAVAK unterstützt, die zehntausende Menschen aus politischen Gründen getötet hatte (60 Jahre CIA-Operation Ajax).

Wie aus nunmehr frei gegeben Geheimakten folgt, war die Sorge der Studenten vor einem weiteren CIA-Staatsstreich berechtigt.

Black Room Report

Die Militärs schlugen dem Präsidenten vor, Teheran mit der Air Force anzugreifen, Kraftwerke zu zerstören und Häfen zu verminen. Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski, der die Welt für ein großes Schachbrett hielt, hatte Subtileres im Sinn. Der Stratege hatte erkannt, dass das iranische Volk unter der Herrschaft des Shah gelitten und die Revolution daher von der breiten Masse getragen wurde. Ein erneuter Staatsstreich, der an die Manipulationen von 1953 erinnerte, hätte zu weiterem Antiamerikanismus geführt und dem Einfluss der Sowejtunion genutzt.

Stattdessen verfasste Brzezinski am 20. November ein nunmehr freigegebenes Dokument mit dem Namen Black Room Report. Der Ausdruck „Schwarzer Raum“ scheint der Forschung bislang unbekannt zu sein, bezeichnet jedoch unverkennbar die CIA-typischen „schwarzen Operationen“.

In diesem Dokument schlug Brzezinski die Destabilisierung des Iran durch Maßnahmen wie Propaganda und schwarze Operationen vor, um Khomeini und seine Gefolgsleute in Misskredit zu bringen. Außerdem sollte Kontakt zu Oppositionellen hergestellt werden, um einen neuen US-freundlichen Staatschef aufzubauen. Schwarz auf Weiß kann man nun nachlesen, dass Stratege Brzezinski die aktuelle Regierung des Iran ersetzen wollte. Er räumte jedoch ein, dass man nicht viele Agenten vor Ort habe.

Stattdessen lotete er die Beziehungen zu den Nachbarstaaten und Stämmen aus, mit denen man gut stehe, etwa in den Öl-fördernden Regionen (Die CIA und das Öl). Die einzige Möglichkeit, um die Stärke Khomeinis herauszufinden, sei deren Test. Brzezinski schlug vor, Khomeini mit Propaganda und Desinformation zu provozieren und Stimmung gegen ihn bei Verbündeten zu machen. Brzezinski glaubte, die Destabilisierung könne erzielt werden, ohne dass die amerikanische Hand sichtbar werde, etwa durch Geld.

In einem Dokument vom Dezember vertiefte Brzezinski seine Erkenntnis, dass weder ökonomischer noch militärischer Druck Khomeini verdrängen würden, im Gegenteil werde ihm eine Feindschaft der USA politisch nützen. Ihn trieb vor allem die Sorge um, dass US-Aktionen linken Kräften politisch in die Hände spielen könnten. Dennoch ließ Brzezinski auch militärische Optionen ausarbeiten.

Black Ops

Die CIA konnte im Januar vermelden, dass sie erfolgreich sechs in der kanadischen Botschaft versteckte Amerikaner durch eine ungewöhnliche Aktion ausschleusen konnte. Zu diesem Zweck täuschte man ein kanadisches Filmteam vor, das vorgeblich im Iran nach Drehorten für einen Fantasyfilm suche, und legendierte die Botschaftsangehörigen mit gefälschten Pässen als Crewmitglieder (Geheimdienstliche Ausschleusungen).

Bekanntlich hatte sich Carter dann doch zu einer Kommandoaktion entschlossen, die im April durch einen Unfall vorzeitig spektakulär scheiterte. Der finale Bericht zum Desaster ist ebenfalls nunmehr öffentlich.

Die Geiseln kamen schließlich alle unversehrt frei, denn so unzivilisiert wie US-Amerikaner sind Iraner für gewöhnlich nicht. Die Umstände allerdings waren schäbig, denn die Republikaner zögerten die Freilassung durch eine geheime Absprache mit dem Iran hinaus, so dass Carter im Wahlkampf nicht mit der erhofften „Oktober-Überraschung“ renommieren konnte. Die Wahl gewannen der Schauspieler Ronald Reagan und sein Vize, der unheimliche Ex-CIA-Chef George Herbert Walker Bush.

Hardliner Brzezinski fand seine Verbündeten schließlich im Irak, wo er den zuverlässigen CIA-Gewährsmann Saddam Hussein hochrüstete und gegen den Iran hetzte. Aber das ist eine andere Geschichte aus 1000 und einer CIA-Akte.