USA: Rückendeckung für die politische Rechte in Israel

Israelische Siedlung im Westjordanland bei Za'atara. Foto (2016): Ralf Roletschek/GFDL 1.2

Außenminister Pompeo stellt sich hinter die Siedlerbewegung und erklärt die Position, wonach israelische Siedlungen illegal seien, für überholt

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Israelische Siedlungen im Westjordanland ("Westbank") sind nicht per se illegal, erklärte US-Außenminister Pompeo gestern auf einer Pressekonferenz (Video, ab 3:52). Seine Äußerungen ließen erneut ein Grundmotiv der Trump-Administration erkennen: Wie schon bei den Umweltschutz-Gesetzen und besonders bei der Nuklear-Vereinbarungen mit Iran will die Trump-Administration möglichst viel von der Politik Obamas rückgängig machen.

Auf Obama bezog sich Pompeos erster Satz zum Thema Israel: "Die Trump-Regierung zieht die Herangehensweise der Obama-Regierung an israelische Siedlungen zurück. Die öffentlichen Aussagen zu den Siedlungsaktivitäten in der Westbank waren über Jahrzehnte inkonsequent. (…)"

Nach kurzen Ausführungen zu früheren Positionen - als Stationen führte er kurz Erklärungen von Jimmy Carter (1978), Ronald Reagan (1981) und seinem Vorvorgänger John Kerry (2016) an - sagte er den Satz, der in vielen Berichten auftaucht:

Nachdem alle Seiten dieser juristischen Debatte eingehend untersucht wurden, stimmt die Trump-Regierung mit Präsident Reagan überein. Der Bau ziviler israelischer Siedlungen widerspricht nicht per se dem internationalen Recht.

Mike Pompeo

1978 hatte die Administration von Jimmy Carter den Bau von Siedlungen als nicht vereinbar mit dem Völkerrecht erklärt; 1981 hatte Ronald Reagan erklärt, dass er Siedlungen nicht als "illegal" begreife; seither war "illegitim" der Sprachgebrauch nachfolgender Administrationen. Für Aufsehen sorgte die Obama-Regierung bei einem ihrer letzten Akte im Dezember 2016, als sie kein Veto gegen eine UN-Sicherheitsresolution einlegte, die den nach 1967 errichteten Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem "keine rechtliche Gültigkeit" beimaß und einen Stopp des Siedlungsbaus forderte. Der damalige Außenminister John Kerry verteidigte das für eine US-Regierung ungewöhnliche Abstimmungsverhalten.

Die Position, wonach die Siedlungen mit internationalen Recht nicht vereinbar seien, habe nicht funktioniert, lautete ein weiterer Kernsatz Pompeos. Der Friede sei damit nicht weitergebracht worden.

Friedenspolitik mit der Anerkennung einseitig und völkerrechtswidrig geschaffener Fakten?

Der Außenminister bemühte sich, die Haltung seiner Regierung möglichst als keine große Einmischung zu beschreiben. Daraus folge keine Übertragung auf andere Gebiete außerhalb des Westjordanlandes, sagte er, auch wolle die USA damit auch nicht den "abschließenden Status" des Westjordanlandes, der noch verhandelt wird, im Voraus beurteilen, in den konkreten Fällen sei die legale Einschätzung Sache israelischer Gerichte, betonte er.

"Wir erkennen die Wirklichkeit am Boden an", so Pompeo. Die Verhandlungen zum Status sei Sache der Israelis und der Palästinenser: "This is for the Israelis and the Palestinians to negotiate."

Das ist jedoch eine Argumentation, die nur eine bestimmte Wirklichkeitssicht anerkennt und eine andere völlig ausblendet, die Parteinahme ist unübersehbar.

Es gibt momentan keine Verhandlungen zwischen israelischen und palästinensischen Vertretern Israels, weil sich letztere nach der vorhergehenden Parteinahme der US-Regierung bei der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels weigerten, die Verhandlungen weiterzuführen. Schon damals wurde vorgebracht, dass die USA aus Sicht der Palästinenser Fakten anerkennen, die von Israel einseitig und im Widerspruch zu internationalen Regelungen geschaffen wurden.

Für die Palästinenser sind Ansprüche, die sich aus dem Völkerrecht und UN-Resolutionen ergeben, auch wichtige Verhandlungsgüter, wenn der Status der israelischen Siedlungen in Ost-Jerusalem und im Westjordanland von der Großmacht als vereinbar mit dem internationalen Recht statuiert wird, so ist die Verhandlungsmasse der Palästinenser kleiner geworden. Die damit anerkannten geschaffenen Fakten wiegen schwerer.

Keine Überraschung

Eine Überraschung ist die Erklärung des US-Außenministeriums nicht weder für die Palästinenser, die sie scharf kritisieren, noch für die internationale Öffentlichkeit. Nach der wiederum einseitigen Anerkennung der israelischen Souveränität über die Golanhöhen durch Trump im März dieses Jahres war die Anerkennung der israelischen Siedlungen im Westjordanland erwartet worden. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu machte mit dieser Erwartung Wahlkampf.

Wobei anzumerken ist, dass mit diesen Aussichten schon früher bei Wahlkämpfen in Israel geworben wurde. Richtig neu ist auch die nun geäußerte Position der USA nicht, sie setzt lange bestehende Grundlinien der US-Politik fort, sie äußert sich wie auch andere Statements zum Nahen Osten unter dem Präsidenten Trump nur unverhohlener und direkter, was auch schon Syriens Präsident Assad lobte.

Die Experten debattieren laut Israel Times noch darüber, was Pompeos Äußerungen genau bedeuten, ob das nur Rhetorik ist oder gar das Vorspiel zu einer Annektion. Sicher ist aber, die Wirkung auf das rechte Spektrum der israelischen Politik ist beachtlich.

Das Narrativ der Siedler, wonach ihre Bauten im palästinensischen Gebiet legal seien, bekommt dadurch erhebliche politische Rückenstärkung. Wenn nun die Bautätigkeit, wie schon bisher unter Schutz der Trump-Administration, die sich hier anders verhält als die Obama-Regierung, weiter zunimmt , so wäre das eine praktische Folge, die Beobachter vermuten.

Wahlkampfhilfe für Netanjahu?

Ob die Trump-Administration damit auch, wie viele angesichts des Timings vermuten, auch Netanjahu dabei hilft, doch wieder Regierungschef zu werden, ist allerdings noch offen. Zwar freut sich Netanjahu sehr ("Die US-Position wird lange anhalten - für Generationen"), aber die Regierungsbildung ist noch ungewiss.

Morgen läuft die Frist für seinen Konkurrenten Glantz ab, eine Minderheitenregierung mit Duldung arabischer Knesset-Abgeordneter zu bilden (weswegen Netanjahu auch vor der Gefahr einer solchen Regierung mit Unterstützung arabischer Abgeordneter warnte). Es könnte auch zu Neuwahlen kommen, die, wie vermutet wird, nicht gänzlich anders ausfallen würden, aber möglicherweise durch die US-Rückendeckung Netanjahu oder kleinen rechten Parteien doch so viel mehr an Stimmen bringen, die eine neu rechtsgerichtete Regierungskoalition ermöglichen.

Nicht ganz von der Hand zu weisen, ist auch die Sichtweise, wonach es der Trump-Administration mit diesem diplomatischen Coup, der international für einiges Aufsehen sorgt, daran liegt, von den Schlagzeilen zum Impeachment abzulenken und ein anderes Thema in den Vordergrund zu rücken.