"Wir bereiten uns auf Neuwahlen vor - oder den Zerfall der CDU"

Grafik: TP

Reaktionen auf die designierten neuen SPD-Vorsitzenden

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Nach dem gestrigen Sieg von Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken im SPD-Mitgliederentscheid (vgl. Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken werden neue SPD-Vorsitzende) haben sich inzwischen nicht nur Sozialdemokraten, sondern Politiker aller größeren Parteien zu Ergebnis geäußert.

Einer der überschriftentauglichsten Kommentare kam dabei vom FDP-Vize Wolfgang Kubicki. Er sagte der Welt am Sonntag, seine Partei bereite sich jetzt "auf Neuwahlen vor" - oder auf "den Zerfall der CDU, wenn sie den weiteren zu erwartenden Forderungen der Sozialdemokraten nachgeben".

Für den stellvertretende FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sind Neuwahlen aber nicht die einzige Option: Er brachte gestern eine Minderheitsregierung ins Spiel und meinte, die FDP stehe "für die Übernahme von Verantwortung bereit, sofern inhaltliche Kernforderungen umgesetzt werden können". In diese Richtung scheint auch Marco Buschmann, der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, zu tendieren. Er twitterte: "SPD versinkt im Chaos und droht, das Land mitzureißen. Merkel muss nun rasch klären, wie sie das Land regieren möchte. Teure Geschenke an SPD haben nichts gebracht. Kurswechsel muss her."

Hans: "Ruhe bewahren", "standhaft bleiben" und einer eventuellen Forderung nach Neuverhandlungen zum Koalitionsvertrag konsequent eine Absage erteilen

Den von Kubicki angesprochenen Verdacht, dass jetzt Forderungen der Sozialdemokraten kommen werden, hegt man in der CDU tatsächlich. Aus ihren Reihen warnte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans, die Christdemokraten müssten nun "Ruhe bewahren", "standhaft bleiben" und einer eventuellen Forderung nach Neuverhandlungen zum Koalitionsvertrag konsequent eine Absage erteilen. Der niedersächsische CDU-Vorsitzende Bernd Althusmann sagte dem indirekt SPD-eigenen Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Bundesrepublik müsse "stabil und verlässlich regiert werden": "Wer das weiterhin will, sollte es klar sagen. Wer das nicht will, sollte es genau so ehrlich sagen".

Nicht alle in der CDU sehen ein Ende der Großen Koalition negativ. Der jetzt in der WerteUnion aktive ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen twitterte bereits augenzwinkernd: "Liebe Genossen, herzlichen Glückwunsch zur neuen Parteiführung. Wir von der WerteUnion bieten Euch eine konstruktive Zusammenarbeit beim #GROXIT an!"

Grüner Nouripour kritisiert Festhalten an Scholz als Bundesfinanzminister

Jörg Meuthen, der gestern wiedergewählte Bundessprecher der AfD, geht angesichts dieser Ausgangslage von einem "Zerbrechen" der Großen Koalition aus. Mit der neuen Bundesführung der SPD sind vorgezogene Neuwahlen seinen Worten nach "ein großes Stück wahrscheinlicher geworden". Den Sozialdemokraten prophezeit er dabei einen "freien Fall".

Ebenfalls auf ein Ende der Großen Koalition hofft Linksparteichef Bernd Riexinger, wie er gestern in seinem Gratulationstweet an Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken offenbarte. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour kritisierte dagegen, dass Walter-Borjans an Olaf Scholz als sozialdemokratischen Spitzenvertreter in der Bundesregierung festhält: "Dass die SPD einen dermaßen geschwächten Vizekanzler im Amt halten will", folgt seinen Worten nach der Logik: "Nicht gut genug für die Sozialdemokratie, aber gut genug fürs Land." "Die Genossen" wären seiner Ansicht nach "gut beraten, darüber nachzudenken, ob diese Art, Prioritäten zu setzen, nicht Teil ihres Problems ist."

Scholz steht derzeit unter anderem deshalb in der Kritik, weil er (ebenso wie Arbeitsminister Hubertus Heil) an einer Rentenbesteuerung festhalten will, die Bundesfinanzrichter Egmont Kulosa als verfassungswidrige Benachteiligung wertet (vgl. Hält die deutsche Rentenbesteuerung?). So ein Festhalten könnte einer der Gründe dafür sein, warum die SPD aktuell nicht als sozialdemokratische Partei wahrgenommen wird. Eine Wahrnehmung, die Norbert Walter-Borjans selbst einräumte, ohne bei den Gründen dafür konkret zu werden (vgl. Diskrepanz zwischen Wähler- und Funktionärswillen).

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