Mathiopoulos: Trump könnte der neue Willy Brandt werden

Margarita Mathiopoulos. Foto: Marc Darchinger. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die Wunsch-Generalsekretärin des ehemaligen SPD-Vorsitzenden rät dem amerikanischen Präsidenten, Russland eine Mitgliedschaft in der NATO anzubieten

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Margarita Mathiopoulos wurde in den 1980er Jahren deutschlandweit bekannt, als sie der damalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt als parteilose SPD-Generalsekretärin haben wollte, sich damit jedoch nicht durchsetzen konnte und zurücktrat. Nun legt sie dem amtierenden US-Präsidenten Donald Trump im Handelsblatt nahe, "als Nicht-Ideologe und Nicht-Interventionist" in die außenpolitischen Fußstapfen ihres damaligen Gönners zu treten und eine "neue amerikanische Ostpolitik" einzuläuten, "die auf Realismus und nicht auf Wunschdenken basiert".

Konkret schwebt ihr dafür in ihrem gemeinsam mit Tony Blairs Europaminister Denis MacShane verfassten Gastbeitrag eine Einladung an Moskau vor, Mitglied der NATO zu werden. Die könne dann als "in eine transatlantische Sicherheitsorganisation von Wladiwostok bis Lissabon" transformiert werden, was "Peking veranlassen [werde], sich auf einen neuen trilateralen Dialog über nukleare Abrüstungsgespräche einzulassen".

Krim gegen Ostukraine

Die Spannungen, die derzeit zwischen der NATO und Russland bestehen, sind der Ansicht der bis 2006 mit dem CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger verheirateten Ex-Vorsitzenden des Transatlantischen Forums der FDP nach überwindbar. Dazu solle der neue ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj einfach "signalisieren, dass Kiew die Einverleibung der Krim durch Russland als Gegenleistung für die Zustimmung Russlands zur Wiedereingliederung des Donbass in die Ukraine ohne Sonderstatus anerkennen würde". Dann wäre der Ansicht der ehemaligen Doktortitelträgerin nach "der Weg frei, die Sanktionen gegen Moskau aufzuheben und Russland als achtes Mitglied wieder in den Kreis des G7-Gipfels aufzunehmen".

Mathiopoulos ist nicht die erste, die von einer NATO unter Einschluss Russlands träumt: 2010 hatten beispielsweise der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Volker Rühe, der General a.D. Klaus Naumann, der Vizeadmiral a.D. Ulrich Weisser und der pensionierte Diplomat Frank Elbe in einem gemeinsamen Papier dafür geworben. Andreas Schockenhoff, der damalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, lehnte das mit Verweis auf Defizite bei der "inneren Entwicklung" Russlands zu einem "modernen demokratischen Rechtsstaat" ab, der SPD-Politiker Rainer Arnold sprach von einem "mentalen Problem".

Verhaltene Reaktion auf Putins Moratoriumsvorschlag

Auf den neuen Vorstoß von Mathiopoulos und MacShane gibt es bislang noch keine Reaktionen von Entscheidungsträgern aus NATO-Ländern. Auch nicht vom direkt angesprochenen Donald Trump. Ähnlich war es dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zuvor mit seinem Vorstoß ergangen, dem gekündigten INF-Vertrag ein Moratorium beim Aufstellen landgestützter atomarer Mittel- und Kurzstreckenraketen auf europäischem Boden folgen zu lassen.

Außer der NATO-Sprecherin Oana Lungescu, die darin vor einer Verschrottung der russischen 9M729-Raketen "kein glaubwürdiges Angebot" sah, hatte darauf nur der französische Staatspräsident Emmanuel Macron reagiert. Er meinte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, das Militärbündnis lehne Putins Angebot zwar ab, betrachte es aber "als Grundlage für weitere Diskussionen" (vgl. Macron mischt die Nato auf).

Eine etwas weniger moskauskeptische Position als in anderen NATO-Ländern hat in Frankreich Tradition: Charles de Gaulles hatte bereits 1935 einen Pakt zwischen Frankreich und der Sowjetunion begrüßt, weil er sich davon eine Eindämmung der Macht Berlins erwartete. 1944 brachte er die Idee eines Europas, das Russland mit einschließt, in seinem Buch Vers l'armée de métier zu Papier.

Als französischer Staatspräsident verfolgte de Gaulle dann das Ziel einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ohne britische Beteiligung und ohne die Aufgabe nationaler Souveränität durch die Mitgliedsländer. Die war ihm dem Historiker Knut Linsel zufolge ebenso sehr "ein Dorn im Auge […] wie die militärische Integration im Falle der NATO", aus der er Frankreich 1966 teilentfernte (was Nicholas Sarkozy 43 Jahre später wieder rückgängig machte).

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