Gegen den Druck der Finanzmacht

Exit aus dem Überfluss - Teil 2

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Der Überfluss an Waren (und Geschenken) hängt mit dem Geldüberfluss zusammen. Das ist die Kraft, die hinter dem Konsumdruck steckt. Großes Geld ist leicht zu bekommen, und zwar als Kredit. Es wird investiert und muss sich amortisieren, es soll dann mehr Umsatz und mehr Gewinn bringen.

Wo kommt das ganze Geld her?

Wo aber kommt die riesige Geldmenge her? Das ist nicht so einfach zu erklären, weil es eine Praxis von Banken ist, die lange vor der Öffentlichkeit verborgen blieb: Geld wird bei der Kreditvergabe vermehrt durch die girale Geldschöpfung. Ich hatte das auf telepolis in dem Essay über die Geldpyramiden von Pecunia schon kurz angedeutet.

Wir glauben normalerweise, dass für die Geldmenge die Staaten verantwortlich sind, an erster Stelle die USA mit ihrer Notenbank FED. Das ist aber falsch. Dieser Fehler in der öffentlichen Meinung ist der, dass die FED eine staatliche Zentralbank sei. Die FED ist weder zentral, noch staatlich. Sie hat Filialen und gehört privaten Großbanken und Geldgebern. Sie kann US-Dollars erzeugen, die FED darf als einzige auch Dollars drucken und in Verkehr bringen und zwar so viel sie will.

Die FED ist aber nur ein Beispiel, wenn auch das größte. Fast jede Bank in fast jedem Land kann Geld erzeugen. Wie geschieht das? Die Bank vergibt einen Kredit, indem sie eine Gutschrift auf das Konto des Schuldners macht und ihm eine Schuld in gleicher Höhe zuweist, die er, meistens plus Zinsen, zurückzahlen muss. Sonst geschieht da nichts.

Die Bank muss das ausgeliehene Geld nicht wirklich besitzen, sie muss nur in der Lage sein, dann, wenn der Kreditnehmer Geld vom Konto abheben will, diesen Betrag auszuzahlen. Und sie muss, wenn der Gläubiger etwas von diesem Konto überweist, diese Überweisung reibungslos tätigen, also so, dass der Empfänger, ein anderes Konto, diese Überweisung korrekt verbucht. Ist das Konto des Empfängers bei der gleichen Bank, ist es trivial. Ist das Konto bei einer anderen Bank, muss diese die Überweisung als Geldwert akzeptieren. Das ist alles.

So lange die Banken ihre Geschäfte gegenseitig akzeptieren, gibt es mit der Kreditvergabe kein Problem. Die Sache hat aber einen Haken. Wenn die kreditgebende Bank das Geld, das sie verleiht, gar nicht besitzt, hat sie mit diesem Vorgehen neues (frisches) Geld erzeugt, sie hat es aus dem Nichts erschaffen. Das ohne Rücklage gutgeschriebene Geld ist nämlich von anderem Geld, das es sonst schon gibt, nicht zu unterscheiden! Die Kreditnehmer können es verwenden, wie sie wollen.

So entstehen neues Geld und Schulden gleichzeitig - und die Schulden sind wegen der Zinsen immer etwas größer als die Geldmenge. Die Tatsache, dass das so erzeugte Giralgeld durch die Schuld kompensiert werden könnte, ändert nichts daran, dass die neu geschaffene Geldmenge vorhanden ist und von Konto zu Konto zirkulieren kann. Kompensation erfolgt nur, wenn die Schuld getilgt wird, was aber sehr schwierig ist, denn Giralgeld und Schuld sind nicht gleich verteilt. Die einen haben das Geld, die anderen haben Schulden und die größten Schulden sind die der Staaten, also die der Allgemeinheit.

Dieses Verfahren hört sich ein wenig nach Betrug am Kunden an, weil die Banken sich dadurch unbemerkt einen Vorteil verschaffen, sie vergrößern von sich aus ihr Geldvolumen und damit ihre Einnahmequelle, und man fragt sich, wie konnte es dazu kommen, dass das so praktiziert wird?

Die Antwort ist einfach: Es merkt zunächst keiner und niemand kann es verhindern, es sei denn durch Strafandrohung wie bei Falschgeld oder Trickdiebstahl. Girale Geldschöpfung ist aber, meines Wissens nach, nie verboten worden. Wo und wann zum ersten Mal Banken auf diese Weise Geld erschaffen haben, ist nicht bekannt. Vermutlich geschah es schon vor langer Zeit in Italien, wo das moderne Bankenwesen entstanden ist.

Die girale Geldschöpfung ist aber leicht durch Prüfung der Bücher festzustellen, nur geschieht das sehr selten und es gibt kaum Beschränkungen. In der Schweiz, die als besonders solide gilt, dürfen Banken "nur" das Zehnfache ihres Eigenkapitals an Krediten vergeben. In den Ländern der EU ist das Hundertfache üblich. Weil dieses Verfahren weltweit von Banken praktiziert wird, wächst die Geldmenge immer weiter.

Die Menge der Schulden ist automatisch größer als die Geldmenge, weil Zinsen hinzugekommen sind, und würde man einen Kassensturz machen, wären tausende Banken auf der ganzen Welt pleite. Das wird in der Euro-Zone dadurch vertuscht, dass die EZB immer mehr Geld erzeugt und ohne Zinsen an private Banken verleiht, nicht an Staaten, sondern an Banken, die dann den Staaten Kredit geben.

Dieses merkwürdige Verfahren ist, mathematisch gesprochen, nicht konvergent, es hat keinen Sättigungspunkt. Das Geld wird einfach immer mehr. Und, was noch krasser ist, diese Geldvermehrung geschieht unkontrolliert. Aber nach wie vor ist Geld als Zahlungsmittel gegen alles eintauschbar. Um das vollständig einzulösen, müssten alle anderen materiellen Werte auch immer mehr werden. Die Wirtschaft versucht das durch den Warenüberfluss zu realisieren.

Die Funktionsweise der Geldvermehrung zeigt uns auch, dass die Geldansammlung (Umverteilung) nicht nur auf die Gier der Menschen zurückzuführen ist, sondern ebenso auf einen Konstruktionsfehler des Geld- und Bankensystems. Es ist so, als würde das Christkind jede Nacht zu den Banken kommen, mit einem Geldgeschenk, aber nicht für Kinder. Kinder werden durch die immensen Schulden am meisten belastet. Zum Jahresanfang 01.01.2020 ist der Schuldenstand für ein Neugeborenes in Deutschland ca. 38.000 Euro Miese.

Der doppelte Diebstahl

Die größten Kredite gehen an Staaten, genauer gesagt, an deren Regierungen, und müssen von der Allgemeinheit abgetragen werden. Das ist kein gutes Omen für die Jugend und da gibt es diesen peinlichen Sprechchor der jugendlichen Nichtwähler:

Wir sind hier,
wir sind laut,
weil ihr uns die Zukunft klaut.

Sie meinen damit, dass die Wirtschaft den Planeten dermaßen ausbeutet und durch enormen Energieverbrauch das Klima belastet, so dass diejenigen, die in 50 oder 60 Jahren noch leben wollen, Angst vor der Zukunft haben müssen. Dem ist nicht zu widersprechen, wer es versucht, kann schnell als Egozentriker oder Dummkopf entlarvt werden.

Was die Kinder aber noch nicht gecheckt haben, ist, dass die Zukunft nicht nur täglich durch Raubbau an der Umwelt geklaut wird, sondern auch von regierenden Politikern an die Finanzmacht schon längst verkauft wurde, durch Aufnahme von Staatsschulden. Die Besitzer von Geld, Firmen, Ölquellen, Aktien, Kohlegruben, Schuldscheinen und Fondsanteilen beuten für Geld den Planeten aus. Die gewählten Volksvertreter haben zusätzlich seit Jahrzehnten Geldschulden angehäuft, welche Kinder und Enkel zurückzahlen müssen, und zwar in der gleichen Zukunft, auf dem gleichen Planeten, auf es nicht mehr viel auszubeuten gibt. Die Zukunft wurde den Kindern also bereits zweimal geklaut.

Am Finanzsystem können nur Staaten und Regierungen etwas ändern, das System selbst ist nicht willig, sich zu begrenzen. Es wäre auch naiv, das zu erwarten. Wir brauchen Politiker, die damit beginnen, sich das Geld da zu holen, wo es in riesigen Mengen vorhanden ist, in der Finanzwelt bei den Großgeldbesitzern. Wir suchen dringend Akteure, die nicht durch weitere Schuldenaufnahme und/oder Verzicht auf Steuern uns tiefer in die Abhängigkeit von der Finanzmacht stürzen. Auch Journalisten und Medien sind gefragt, die diese Zusammenhänge der Mehrheit klar machen.

Staatsschulden bedeuten Komplizenschaft der Regierungen mit der Finanzmacht

Kreditaufnahme vergrößert die Geldmenge. Das erzeugt mehr Druck auf den Markt und mehr sinnlosen Überfluss. Das dreht sich im Kreis. Das Vermeiden von weiteren Schulden ist auch für Firmen und Privatleute ein Aktionsprinzip. So lange Banken das Geld einfach erschaffen, sind ihre Kredite eine Art Bluff, sie erleichtern nicht das Leben, sondern erschweren die Zukunft.

Die erste Belastung, gegen die unsere Kinder sich zu Recht auflehnen, ist die von Umwelt und Klima. Da können wir viel mehr tun, als die Politiker verkünden und in einem kleinen Umweltpäckchen, in undurchsichtiges Geschenkpapier gehüllt, unter die verdorrende Fichte gelegt haben. Ausbeutung aller Ressourcen und Belastung der Umwelt müssen ein Ende haben.

Wir haben nur einen Planeten und sollten ihn besser behandeln. Wir sind außerdem sehr viele und müssen weniger aggressiv miteinander umgehen. Dem möchte ich noch eins hinzufügen: Die führenden Industrieländer, die bisher am meisten von der Raubwirtschaft profitiert haben, müssen vorangehen. Deutschland muss bringen, nicht nur Dänemark.

Der Staat ist zu langsam, wir sind schneller

Die öffentliche Umweltdebatte ist auf merkwürdige Art verzerrt. Wer für Einschränkungen im persönlichen Verbrauch und Verhaltensänderungen plädiert, wird von Egoisten und Lobbyisten angegriffen und übertönt. Die tun so, als wären sie eine Mehrheit. Sie sind es aber nicht. Die Million derer, die sich im letzten Jahr in Deutschland ein neues SUV (Sozial unverträgliches Vehikel) gekauft haben, ist keine Mehrheit. Es ist eine Minderheit, die aus Trotz und Dummheit glaubt, es käme darauf an, das eigene Ego zu stärken, indem man mehr Präsenz auf die Straße bringt, nach dem Motto: Ich kann mir das leisten. So hat der Automobilverkehr durch die Aufrüstung beim Gewicht, bei Geschwindigkeit und Komfort eine Reduktion unseres CO2-Ausstoßes bisher verhindert.

Vom derzeitigen Energieverbrauch entfallen etwa 36% auf Raumheizung und 26% auf den Verkehr. Das sind 62% an Verbrauch, auf die wir einen persönlichen Einfluss haben. Wir können also sofort etwas tun, ohne technische Entwicklung und ohne uns hehre Ziele für 2030 oder 2050 zu setzen. Wir können aber auch abwarten, bis etwas Katastrophales geschieht, das uns dazu zwingt.

Im Jahre 2019 ist der Energieverbrauch für Raumheizung wieder angestiegen. Raumheizung ist in unseren Breiten unbedingt erforderlich. Ein Komfortklima von 22 Grad in allen Räumen das ganze Jahr über und Warmwasserversorgung rund um die Uhr sind nicht angebracht, auch dann nicht, wenn wir uns das leisten können oder, wenn der Staat es für uns bezahlt. Gegenüber der komfortabelsten Lösung lassen sich leicht 30% bis 50% an Heizenergie und -kosten einsparen.

Leider ist immer noch nicht bewusst, dass Energie sparen etwas anderes ist als Geld sparen. Energie zu sparen, hat Priorität, weil die Umwelt am meisten durch Energieerzeugung belastet wird. Daran haben die sogenannten Erneuerbaren Energien bisher kaum etwas geändert, obwohl sie viel Geld gekostet haben. Jede Einsparung aber wirkt sofort und die Einsparung an Geld für Strom- und Heizkosten ist ein Nebeneffekt.

Es beginnt am Ende des Sommers. Wenn die Temperaturen sinken, sollten wir als erstes dem eigenen Körper die Gelegenheit geben, sich darauf einzustellen. Das erste Frösteln auf der Haut ist ein Zeichen dafür, dass die eigene Temperatursteuerung einsetzt. Also nicht gleich die Heizung einschalten und auf Automatik stellen, sondern die Tatsache nutzen, dass wir uns im Gegensatz zu Tieren, denen wir sonst körperlich sehr ähnlich sind, jeden Tag durch unsere Kleidung dem Wetter anpassen können. Es ist gesund für Leib und Seele, das auch zu tun und uns nicht dem Thermostat und später dem Arzt zu überlassen.

Das gilt auch für (junge) Frauen. Die Frage, was ziehe ich heute an, sollte nicht primär nach Mode oder Farbzusammenstellung beantwortet werden, sondern in erster Linie nach der Temperatur im Aufenthaltsraum und nach dem Wetter draußen. Auch, wenn Veganerinnen keine Pelze tragen, können sie sich im deutschen Winter warm anziehen. Der diskrete Tipp: Was Warmes drunter. Man muss nicht Ende September noch das Piercing am Bauchnabel sehen.

Wer im Dezember keine Erkältung haben will, fängt am besten im Herbst schon an, den Körper an die Jahreszeit zu gewöhnen. Das ist gesund und spart beträchtliche Heizkosten. In der Wohnung müssen nicht alle Räume 24 Stunden lang die Wohlfühl-Temperatur haben, damit man sich dort wie im Fernsehfilm halbnackt zeigen kann. Für die meisten Menschen ist es gesünder, sich in einer Wohnung mit unterschiedlichen Temperaturen in den verschiedenen Räumen zu bewegen. Früher hieß es sogar, es sei besser, im Schlafzimmer überhaupt nicht zu heizen, es gab dort keine Öfen.

Heizkörper regulieren und außer, wenn es richtig kalt ist, die Heizung in der Nacht (fast) ganz herunter stellen. Und dann kommt die Warmwasserversorgung. Man braucht sie eigentlich nur am Morgen, sie verschwendet viel Energie, weil warmes Wasser ständig umgepumpt wird, damit es sofort warm ist, wenn jemand den Hahn aufdreht. Diese Umwälzpumpe speziell für den Handwaschkomfort sollte man, wenn möglich, ganz abstellen.

Für all diese Maßnahmen bei der Raumheizung braucht man weder Spezialventile, noch höhere Physikkenntnisse, noch Isolierstoffe, es sind nur ein paar Handgriffe und ein wenig Nachdenken erforderlich. Damit kann man locker 30% an Energie (und Heizkosten und CO2) einsparen. Schon das übertrifft die Wirkung des CO2-Päckchens der Regierung. Für ausgefuchste Spezialisten, die Thermometer einsetzen und im Haus die Heizung selbst bedienen, sind 50% Einsparung erreichbar, ohne Styropor und Solarthermie.

Das zweite personenbezogene Energieloch ist der Verkehr. Am schädlichsten ist der Transport per Flugzeug. Die Bundeskanzlerin gibt uns da ein ultraschlechtes Beispiel, wenn sie mit der Verteidigungsministerin am gleichen Tag in zwei getrennten Flugzeugen nach New York fliegt. Es ist für den gesunden Verstand nicht vereinbar, dass sie einen Doktortitel in Physik haben soll, Umweltministerin war und auf internationalen Konferenzen im Namen Deutschlands eine Senkung des CO2-Ausstoßes verspricht.

Jetzt, wo die Chance einer Abrüstung auf den Straßen durch die Abwrackprämie vertan ist, wo Automobile doppelt so schwer und um 60% schneller sind als vor 30 Jahren, wo PKWs mit zwei Dutzend Elektromotoren plus einer Klimaanlage bestückt sind, auch jetzt ist es noch möglich, 20% an Kraftstoff und damit an CO2 (und auch an Geld) einzusparen.

Beim Autofahren kommt es auf die kinetische Energie an, sie steigt mit dem Gewicht und mit dem Quadrat der Geschwindigkeit. Bei doppeltem Gewicht und 60% höherer Geschwindigkeit steigt sie auf das Fünffache! Und diese Energie muss jedes Mal neu aufgebracht werden, wenn das Fahrzeug auf die gewünschte Geschwindigkeit beschleunigt wird, also nach jedem Stau und nach jedem Abbremsen.

Ideal wäre es, wenn alle mit einer ähnlichem Geschwindigkeit fahren würden, ohne viel Bremsen und Gasgeben. Dazu ist eine Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen sehr sinnvoll. Die Regierung ist dagegen, sie kann aber nicht verhindern, dass wir das freiwillig machen. Ohne Gedanken an Ökofaschismus, einfach mit 120 auf der Autobahn dahin fahren, das spart Energie, CO2, Benzin und Nerven. Wer es mal ausprobiert, wundert sich, wie wenig Zeitersparnis die Raserei gebracht hat.

Wer sparen will, muss klein anfangen und wer international etwas durchsetzen will, muss mit gutem Beispiel vorangehen.

Der Essay verwendet Texte und Gedanken aus den beiden letzten Büchern von Rob Kenius: Leben im Geldüberfluss und Überleben im Überfluss.