Die schützende Hand des Präsidenten

Special Warfare Operator Chief Eddie Gallagher posiert mit Mitgliedern seiner Einheit vor dem getöteten IS-Jugendlichen. Bild: US Navy

Trumps Einsatz für Kriegsverbrecher sendet ein deutliches Zeichen

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In den USA ist Anfang Dezember 2019 der Skandal um den wegen Kriegsverbrechen anklagten Navy SEAL Edward Gallagher zu einem Ende gekommen. Der Fall hat politisches Gewicht erreicht, als Präsident Trump sich höchstpersönlich in die Debatte um das Schicksal des Elitesoldaten einschaltete.

Entsicherter Elitekämpfer

Die US-Marine hatte Chief Gallagher wegen vorsätzlichen Mordes, versuchten Mordes und fast einem Dutzend anderer Straftaten angeklagt, darunter Behinderung der Justiz und "Diskreditierung der bewaffneten Streitkräfte".

Gallagher soll damit angegeben haben, etwa 10 bis 20 Menschen pro Tag oder 150 bis 200 Menschen pro Einsatz getötet zu haben. Gerichtlichen Akten zufolge sagte ein Scharfschütze aus, Gallagher hätte über 80 Tage hinweg durchschnittlich drei Abschüsse pro Tag erreicht. Andere SEALs sagten, er hätte gelegentlich auf Gebäude geschossen und dann behauptet, jemanden getroffen zu haben. Andere in Gallaghers Einheit beschrieben seine Taten als blutdurstig. Sie sagten, er schoss in Gruppen von Zivilisten, tötete ein Mädchen sowie einen alten Mann und drohte an, seine Kameraden zu töten, würden sie gegen ihn aussagen.

An einer Wand in Mosul soll außerdem das Wortspiel "Eddie G puts the laughter in manslaughter" (Eddie G. packt den Spaß in das Töten) gestanden haben. Gallaghers Taten hatten ein Ausmaß erreicht, dass Mitglieder seiner Einheit so verstört von seinen Aktionen waren, dass sie sich gezwungen sahen, dessen Scharfschützengewehr zu manupulieren, um es weniger treffsicher zu machen. Außerdem feuerten sie Warnschüsse, um Zivilisten zu verscheuchen, bevor Gallagher eine Chance hatte auf sie zu schießen. Mitglieder seiner Einheit sagten aus, dass sie mehr damit beschäftigt waren, Zivilisten vor Gallagher zu schützen, als den IS zu bekämpfen.

Vorsätzliche Tötung

Gallagher wird zur Last gelegt, 2017 in Mosul immer wieder auf Zivilisten geschossen zu haben. Als Scharfschütze soll er drei- bis viermal so viele Schüsse abgefeuert haben wie seine Kameraden.

Hauptaugenmerk der Anklage lag jedoch auf dem Fall, als Gallaghers Team nach einem Luftschlag einen verwundeten etwa 15-jährigen IS-Kämpfer verarztete. Andere Navy SEALs waren damit beschäftigt gewesen, den Kriegsgefangen zu behandeln, als Gallagher dazukam, um den Bewusstlosen mit einem Messer in Nacken und Torso zu stechen. Später hat sich Gallagher zusammen mit anderen Mitgliedern der Eliteeinheit mit dem Leichnam des Kindersoldaten fotografieren lassen. Der SEAL verschickte das Foto dann an Kameraden mit den Worten "got him with my hunting knife" (Habe ihn mit meinem Jagdmesser erwischt).

Bild: US Navy

Der Fall ist bestens dokumentiert. Kurz zuvor war der IS-Kämpfer noch bei schwindendem Bewusstsein vom irakischen Fernsehen interviewt worden. Bei den Aufnahmen des Fernsehsenders war der Oberkörper des Jungen noch unverletzt, während auf dem Gruppenfoto der SEALs verbundene Wunden an Hals und Torso des Leichnams deutlich zu erkennen sind. Ein Video, das kurz nach dem Tod des Kindersoldaten aufgenommen wurde, zeigt, wie die SEALs den Leichnam verhöhnen, indem sie eine Drohne nur Zentimeter über dem Körper fliegen lassen. Zeugen berichteten außerdem, Gallagher sei schon mit der Absicht in den Irak gegangen, jemanden mit einem Messer töten zu wollen.

Screenshot aus dem YouTube-Video des irakischen Fernsehens.

Seine Kameraden sprachen wiederholt von Taten bei Gallaghers Einsätzen, die Anzeichen dafür hätten sein sollen, dass der Platoonchef diszipliniert werden sollte, doch erst die Ereignisse von Mosul waren der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Mindestens sechs Soldaten der Eliteeinheit meldeten Gallaghers Verbrechen an ihre Vorgesetzten. Als sie abgewiesen wurden, wendeten sie sich an höhere Stellen innerhalb der Befehlskette. Laut den Ermittlern versuchten sie monatelang eine Untersuchung einzuleiten. Doch statt ein Verfahren zu eröffnen, sagten ihnen höhere Stellen, dass das Melden Gallaghers sie ihre eigene Karriere kosten könne. Nachdem sie intern gescheitert waren, wendeten sie sich schließlich an Stellen außerhalb der Eliteeinheit, die dann das Verfahren einleiteten.

Bild: US Navy

Zuvor hatte es schon einmal eine Untersuchung gegen Gallagher gegeben, nachdem die SEALs in Afghanistan einen Taliban töten sollten. Berichten zufolge wagten es andere Scharfschützen nicht, auf das Ziel zu schießen, da dieser ein kleines Mädchen auf dem Arm hatte. Gallagher aber feuerte und tötete sein Ziel und das Kind. Die Untersuchung stellte jedoch kein Fehlverhalten Gallaghers fest, da er auf den Kopf des Taliban zielte.

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