Nord Stream 2 gestoppt

Allseas setzt de Bau der Nord Stream 2 aus. Bild: Allseas

Die US-Sanktionen sollen die Energiesicherheit Europas beschützen und den Bau der Pipeline stoppen. Eine rechtzeitige Fertigstellung ist dennoch möglich

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Der Bau der Nord Stream 2 befindet sich auf der Schlussgerade und soll vom kommenden Jahr an Gas von Russland nach Deutschland transportieren. Die USA machen nun Ernst mit der Vereitelung der Pipeline und versuchen per Gesetz, den Ausbau der Erdgasversorgung Deutschlands zu verhindern. Die Bundesregierung nennt das einen Eingriff in die inneren Angelegenheiten. US-Botschafter Grenell weist die Kritik zurück, die Sanktionen seien im Interesse Europas. Theoretisch ist eine rechtzeitige Fertigstellung dennoch möglich.

Am Freitag segnete Präsident Trump die Sanktionen ab, die Teil der National Defense Authorization Act 2020 (NDAA) sind. Die NDAA bewilligt 738 Milliarden Dollar an Finanzmitteln für das US-Militär und die nationale Sicherheit (Trump sagt "Wow"). Es sieht Sanktionen gegen die am Bau der Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen vor. Auch TurkStream, eine weitere Gazprom-Pipeline, ist von den Sanktionen betroffen. Sie sieht vor, durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei zu bringen, wodurch die Türkei zum zweitgrößten Erdgaskunden von Gazprom nach Deutschland aufsteigen könnte. Möglich wäre auch eine Fortsetzung der Turkstream nach Südosteuropa.

Das schweizerisch-niederländische Unternehmen Allseas, das mit Spezialschiffen die Rohre durch die Ostsee verlegt, hat umgehend seine Arbeit an der Pipeline gestoppt. Unter anderem können für die Manager der Firmen und deren Hauptaktionäre Einreiseverbote in die USA verhängt und bestehende Visa aufgehoben werden. Ebenfalls beziehen sich die Sanktionen auf den Besitz der Betroffenen oder ihre geschäftlichen Interessen in den USA.

Die Bundesregierung reagierte ablehnend auf die Sanktionen. "Sie treffen deutsche und europäische Unternehmen und stellen eine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten dar", teilte Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Samstag mit. "Die Bundesregierung lehnt derartige extraterritoriale Sanktionen ab." Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach ebenfalls von einem "schweren Eingriff" in die Souveränität Deutschlands und Europas.

US-Botschafter Richard Grenell konterte der Kritik, die Sanktionen seien zum Schutze der Energieversorgung Europas. "15 europäische Länder, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament haben allesamt ihre Bedenken an dem Projekt angemeldet." "Seit langem hören wir von unseren europäischen Partnern, dass die Vereinigten Staaten sie bei ihren Bemühungen unterstützen sollen. Darum handelt es sich bei den Sanktionen um eine sehr pro-europäische Entscheidung", sagte Grenell der Bild am Sonntag.

Fertigstellung theoretisch noch möglich

Von der Pipeline Nord Stream 2 mit einer geplanten Länge von 1224 Kilometern fehlen noch ganze 300 Kilometer der Doppelröhre (Update 23.12.2019: 160km). Da die Sanktionen jedoch erst nach einer 30-tägigen Übergangszeit in Kraft treten, wäre den beteiligten Unternehmen genug Zeit eingeräumt, um die Pipeline fertigzustellen, sagt Mikhail Krutikhin von Rusenergy. Zudem seien die Bauarbeiten an den letzten rund 50 bis 70 Kilometern vor der deutschen Küste gar nicht mehr betroffen, da die Beschränkungen für Arbeiten erst ab einer Tiefe von 30 Metern gelten. Diese Regelung ziele vor allem auf TurkStream.

Der letzte Rohrabschnitt kann laut Anna Borisova, Analystin bei BloombergNEF in London, bis zum elften Januar fertiggestellt werden. Nach zusätzlichen Anschlussarbeiten und Tests sei eine Inbetriebnahme zwischen April und Juni 2020 möglich, sagte sie.

Den USA geht es unter dem Vorwand des Schutzes der Energiesicherheit Europas um den Absatz des eigenen Flüssiggases (LNG) nach Deutschland. Ted Cruz, der republikanische Senator von Texas und Hauptsponsor der Sanktionen im Senat, sucht neue Absatzmärkte für texanische Öl- und Erdgasvorkommen. Zudem verfolgen die Sanktionen eine Eindämmung der Energieexporte und damit der Wirtschaft Russlands.

Bei LNG handelt es sich um ein aus Fracking gewonnenes, unter hohem Energieaufwand verflüssigtes Gas, das per Tanker etwa nach Deutschland verschifft werden soll. Neben Klimaschutzaspekten wäre es auch teurer als das Pipelinegas aus Russland.

Derweil haben sich Russland und die Ukraine auf eine neue Regelung für Gastransporte in die EU geeinigt. Drohende Engpässe im Winter sollen dadurch vermieden werden.