Europa hat ab Dienstag einen deutschen Uraltmeiler weniger

Kernkraftwerk Philippsburg. Foto (von 2006): Lothar Neumann, Gernsbach/CC BY-SA 2.5

Nach 40 Jahren wird zu Silvester auch Block 2 im Atomkraftwerk Philippsburg abgeschaltet, womit Südwestdeutschland sicherer wird

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Am gestrigen Sonntag haben knapp 200 Atomkraftgegner am Atomkraftwerk Philippsburg gefeiert, dass auch Block 2 nun endgültig an Silvester nach 40 Jahren abgeschaltet wird. "Nachdem wir 30 Jahre lang oft vor dem Atomkraftwerk Philippsburg demonstriert haben, werden wir am Sonntag, dem 29.12.2019, um 12:00 Uhr, die endgültige Abschaltung des letzten badischen Atomreaktors 'feiern'", hatte die Anti-Atom Initiative Karlsruhe zu einer "symbolischen Abschiedsmahnwache am Haupteingang" eingeladen.

Für die Initiative sprach Harry Block von einem "historischen Moment". Der Umweltverband BUND nannte die Abschaltung einen "Erfolg für den jahrelangen Kampf gegen die gefährliche Atomkraft".

Für die Atomkraftgegner ist die Gefahr eines Super-GAUs durch Philippsburg mit der Abschaltung endgültig gebannt. Block 1 war nach den gravierenden Vorgängen im japanischen Atomkraftwerk Fukushima abgeschaltet worden, wo man auch acht Jahre später noch massive Probleme im Umgang mit der Reaktorkatastrophe hat.

Die Anti-Atom-Initiative verweist aber auch darauf, dass nicht alle Gefahren bei Karlsruhe gebannt sind, da "62 Castoren mit hochradioaktiven Atommüll in einem unsicheren Zwischenlager noch lange Zeit vor Ort verbleiben werden". Dem wird hinzugefügt, dass beim "Abriss der beiden Blöcke noch viel Atommüll entstehen" werde, und "noch viele Radionuklide in die Luft und in das Wasser" abgegeben würden.

Nach den Atomkraftgegnern haben nach Polizeiangaben 80 Atomkraftbefürworter von Nuklearia vor dem Atomkraftwerk gegen den "Ausstieg aus dem Klimaschutz" demonstriert. Angekündigt war eine gemeinsame Protestaktion "gegen den Atomausstieg" von "Klimaschützern aus Deutschland und Polen".

Kritisiert wurde, dass der bisher in Philippsburg produzierte Strom künftig angeblich durch Kohlestrom ersetzt werde, womit der CO2-Ausstoß erhöht werde. Allerdings ist klar, dass auf dem Gelände ein Umspannwerk für Strom aus Nordsee-Windkraft entsteht. In einem ersten Schritt werden 2020 dafür die beiden Kühltürme gesprengt.

Atomlobby und Atomkraftgegner in einer neuen Debatte

Die Atomkraftgegner nehmen verstärkt zur Kenntnis, dass die Atomlobby nun Fridays for Future spiele und Morgenluft für die gefährliche Technik wittert. Mit "Aufstehen für Kernenergie" wurde eine Kampagne gestartet. So spricht der Sprecher des BUND-Regionalverbands Südlicher Oberrhein von neuen "Durchsetzungs- und Propagandastrategien".

Axel Mayer weist darauf hin, dass "gerade mit vorgeschobenen Klimaargumenten" intensiv für eine "Gefahrzeitverlängerung und neue Atomkraftwerke geworben" werde, um die "Bevölkerung nach Tschernobyl und Fukushima für ihre Gewinn-Interessen zu begeistern".

Klar ist, dass der Südwesten immer sicherer wird, da nun der letzte badische Reaktor abgeschaltet wird. Bis Ende 2022 wird im schwäbischen Neckarwestheim der letzte Atommeiler im deutschen Südwesten weiter Strom produzieren. Auch im benachbarten Ausland wird weiter abgeschaltet.

Bis Juni 2020 sollen die uralten Schrottmeiler an der deutschen Grenze in Fessenheim definitiv vom Netz gehen. Am 20. Dezember wurde das marode und gefährliche Atomkraftwerk im Schweizer Mühleberg endgültig abgestellt. In Deutschland werden im neuen Jahr noch sechs Atomkraftwerke in Betrieb sein, die bis zum 31.12.2022 abgeschaltet werden müssen.