Iran-USA: Noch köchelt der Konflikt

Bild: US Navy

Trump steigert wie der Iran die Rhetorik, wahrscheinlich ist, dass Proxies wie Hisbollah oder Israel den Konflikt eskalieren

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Iran hat zunächst erwartbare Konsequenzen aus der Ermordung von al-Quds-Kommandeur Soileimani gezogen. Es wird mit Angriffen auf militärische Einrichtungen der Amerikaner gedroht, aber man kann davon ausgehen, dass iranische Truppen nicht selbst Angriffe beginnen werden, das dürfte man Hisbollah oder den schiitischen Milizen im Irak und in Syrien überlassen, um auch weitere Akteure und Länder in den Konflikt mit den USA einzubeziehen. Klar aber ist, dass irgendetwas geschehen wird, was die Situation weiter eskalieren lässt.

Iran spielt vor jeder gewalttätigen Aktion die legale Karte aus. Auch hier hält sich der Iran erst einmal bedeckt. Das irakische Außenministerium hat gestern eine Beschwerde beim UN-Generalsekretär und beim UN-Sicherheitsrat wegen des tödlichen Anschlags eingereicht. Irak verurteilt die Verletzung der Souveränität und der Abmachungen zur Präsenz amerikanischer Truppen im Land und verlangt eine Verurteilung der USA. Das hat im Sicherheitsrat keine Chance, weil die USA selbst zusammen mit Frankreich und Großbritannien mit dem Veto-Recht eine Verurteilung blockieren können.

Aber eine Konsequenz dürfte sein, dass die US-Truppen des Landes verwiesen werden. Die irakischen Abgeordneten haben gestern einstimmig in einer Sondersitzung einem Gesetz zugestimmt, das Regierung auffordert, die amerikanischen Truppen und die der US-Koalition des Landes zu verweisen, was auch die deutschen Soldaten betreffen würde. Es geht allgemein um die Präsenz ausländischer Truppen auf irakischem Territorium. Die nach vielen Protesten geschwächte Regierung könnte trotz des Drucks aus Washington dem zustimmen müssen, um nicht selbst einen Konflikt mit den starken schiitischen Milizen zu riskieren. Der Ruf, dass die Amerikaner den Irak verlassen sollen, wie das schon einmal geschehen ist, ist seit der Rückkehr immer wieder zu hören gewesen. Muqtada al-Sadr rief zur Schließung der US-Botschaft auf. Allerdings nahmen an der Sitzung die kurdischen und die sunnitischen Abgeordneten nicht teil. Die Entscheidung ist nicht bindend.

Austritt aus dem Atomabkommen: Wie reagiert Israel?

Der Iran hat als erste Konsequenz den zu erwartenden Schritt vollzogen, aus dem Atom-Abkommen ganz auszutreten, den Trump bereits gekündigt hatte. Man werde zwar weiterhin mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) kooperieren, aber alle Beschränkungen bei der Anreicherung, der Lagerung von angereichertem Uran und der Entwicklung des Atomprogramms aufheben.

Das eröffnet ein weiteres Spielfeld. Die Hisbollah drohte sowieso schon, amerikanische Ziele in Israel als Vergeltung anzugreifen. Mit der möglichen Wiederaufnahme des iranischen Atomwaffenprogramm könnte sich Israel bedroht sehen und angesichts der amerikanischen Drohungen gegen Teheran und aus innenpolitischen Gründen die lange gehegten Pläne zur Bombardierung der iranischen Nuklearstätten in die Tat umsetzen (Bomben auf den Iran?).

Barack Obama hatte Israel davon abgehalten, aber jetzt könnte dies Washington mit der engen Verbindung zu Israel durchaus politisch entgegenkommen, Iran zu treffen, aber nur dann selbst militärisch einzugreifen, wenn Israel angegriffen würde. Israel hat bislang schiitische Milizen in Syrien und im Irak angegriffen. Falls die USA auf iranische Vergeltungsmaßnahmen zurückschlagen sollten, werden vom Iran schon einmal Angriffe auf Tel Aviv und Haifa angedroht.

Trump: Wir sind die Stärksten und die Besten

Donald Trump gefällt sich derweil in Androhungen, die rote Linien errichten und ihn beim Überschreiten in Zugzwang bringen. Dem Kongress gab er Bescheid, dass die US-Streitkräfte "schnell, voll und vielleicht unverhältnismäßig" zuschlagen werden, wenn der Iran einen Amerikaner oder ein US-Ziel angreift. Eine solche Mitteilung sei zwar nicht erforderlich, sagt er, aber er nimmt sich die Freiheit weiterhin heraus, einen Krieg vom Zaun zu brechen, ohne den Kongress vorher zu fragen. Und den Iran warnt er in üblicher pubertärer Attitüde:

Die USA haben gerade 2 Billionen Dollar für militärische Ausrüstung ausgegeben. Wir sind die Größten und bei weitem die BESTEN auf der Welt! Wenn der Iran einen amerikanischen Stützpunkt oder einen Amerikaner angreift, werden wir in seine Richtung und ohne Zögern einiges von dieser ganzen neuen, schönen Ausrüstung schicken.

Donald Trump

Rhetorisch ist Trump kaum zu unterbieten. Zuvor hatte er bereits gewarnt, die USA hätten 52 iranische Ziele im Visier. Das seien sehr wichtige für den Iran und die iranische Kultur: "Iran selbst wird sehr schnell und sehr hart geschlagen werden. Die USA wollen keine Drohungen mehr."

Iran vergleicht die Drohungen Trumps mit der Kulturzerstörung des IS, im Weißen Haus ist man bemüht, Trumps verbale Ausschreitungen einzudämmen. Außenminister Mike Pompeo versicherte: "Wir werden uns legal verhalten." Das freilich war auch schon nicht der Fall beim staatsterroristischen Anschlag. Eine Zerstörung von Kulturstätten wäre ein Kriegsverbrechen. Trump selbst hatte 2017 die UN-Sicherheitsrat-Resolution 2347 gegen den IS unterstützt.

Deutschland duckt sich weg

Der deutsche Außenminister Heiko Maas will es sich mit Trump nicht verderben und windet sich peinlich herum. In einem Interview mit Bild am Sonntag rechtfertigt er die Ermordung von Soleimani: "Soleimani hat eine Spur von Blut und Gewalt durch den Nahen und Mittleren Osten gezogen. Nicht umsonst hatte die EU ihn auf der Terrorliste."

Man hätte natürlich auch sagen können, dass die USA eine solche Spur gezogen haben. Aber die Zeiten, als ein SPD-Kanzler beim Irak-Krieg nicht mitmachte, sind lange her. Maas' Kritik kommt höchsten indirekt:

Gleichzeitig ist die Lage nach seiner Tötung unberechenbarer geworden, und die Bemühungen, Spannungen abzubauen, sind noch schwieriger geworden. Welchen Weg die Region jetzt geht, kann heute niemand seriös vorhersagen. Unsere Ziele aber sind klar: Erstens - eine kriegerische Eskalation vermeiden; zweitens - die Stabilität und Integrität des Irak erhalten und drittens dafür sorgen, dass im Windschatten dieser Umwälzungen der IS nicht erneut an Boden gewinnt.

Heiko Maas

Maas bleibt unkonkret, wie eine kriegerische Eskalation vermieden werden soll, wenn die US-Regierung weiter unter Duldung auch der deutschen Regierung eben diese provozieren kann und dies wohl auch weiterhin machen wird. "Jede Provokation" könne jetzt "zu einer unkontrollierbaren Spirale der Gewalt führen", womit wohl eher der Iran gemeint ist. Aber nach Maas spricht die Bundesregierung nur mit "Frankreich, Großbritannien und dem Hohen Vertreter der EU, Josep Borrell, und mit Mike Pompeo" sowie mit dem Iran, aber es werden keine Konsequenzen angesetzt. Das ist nett, aber feige und einfallslos.

Das angebliche Gesprächsangebot an den Iran - was hat Maas schon zu bieten? -, wird von Teheran allerdings nicht goutiert. Das iranische Außenminister bestellte den deutschen Botschaftsvertreter ein, um die "unrealistisch unklugen und schädlichen" Äußerungen zu verurteilen. Soleimani habe eine entscheidende Rolle für die Stabilisierung der Region und der Bekämpfung des IS gespielt. Eine solche einseitige Stellung würde der traditionell guten Beziehung der beiden Ländern schaden.